Unsere Banane – eine Mutation ohne Kerne

Planet Wissen 25.09.2023 02:37 Min. UT Verfügbar bis 10.11.2027 WDR Von Barbara Garde

Bananen

Die Cavendish-Banane

Seit den 1950er-Jahren ist die Cavendish die Exportbanane schlechthin. Kaum eine andere Bananensorte ist heutzutage in den Obstregalen der Supermärkte zu finden. Doch das war nicht immer so.

Von Sine Maier-Bode und Wiebke Ziegler

Auslaufmodell "Gros Michel"

Die erste erfolgreiche Exportbanane war die "Gros Michel". Sie ist süß, groß und hat keine Samen. Nur noch die kleinen schwarzen Flecke im Inneren der Banane erinnern daran, dass die Banane eigentlich eine Beerenfrucht ist.

Die Gros Michel wurde zum Liebling der Verbraucher und damit auch zum Liebling der Bananenanbauer.

Doch schon in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zeigte sich, dass Bananen-Monokulturen einen gravierenden Nachteil haben: Auf den Großplantagen finden Krankheiten einen besonders guten Nährboden.

Sowohl die "Standard Fruit Company" (SFCO) – heute Dole – als auch die "United Fruit Company" (UFCO) – heute Chiquita – richteten in den 1930er-Jahren Forschungsstationen zur Bekämpfung dieser Bananenkrankheiten ein.

Dazu zählt unter anderem die Panama-Krankheit – eine Pilzerkrankung, die die Nährstoff- und Wasserversorgung der Bananenpflanzen blockiert, sodass die Pflanze kurze Zeit später verwelkt.

Eine weitere Pilzerkrankung namens Yellow Sigatoka richtete ebenfalls viel Unheil an. Gegen die Yellow Sigatoka wurde schnell ein chemisches Mittel entwickelt, das sehr erfolgreich war. Doch gegen die Panama-Krankheit war kein Kraut gewachsen. Das Ende des Bananenanbaus schien bevorzustehen.

Bananenplatage

Monokulturen sind anfällig für Krankheiten

Die Retterin

Um 1953 experimentierte die SFCO mit einer neuen Sorte: der "Cavendish", benannt nach dem Duke of Cavendish, der in seinem Garten schon um 1800 Bananen aus China anpflanzte. 1959 führte die UFCO die neue Sorte ein und bis Mitte der 1970er-Jahre war der Wechsel von der Gros Michel zur Cavendish auf allen mittelamerikanischen Plantagen durchgesetzt.

Die Cavendish-Stauden haben einige Vorteile. Weil sie niedriger sind, lassen sie sich leichter ernten und sind gegenüber Sturmschäden weniger anfällig. Außerdem können sie dichter gepflanzt werden, sodass die Flächenerträge verdoppelt werden können.

Allerdings hat die Cavendish auch einen großen Nachteil, denn ihre Schale ist dünner und die Früchte damit stoßempfindlicher.

Aufgeschnittene Banane

Dünne Schale, weicher Kern

Ein empfindliches Früchtchen

Die sensible Cavendish hat den Bananenanbau verändert. Um die Pflanze vor Beschädigungen zu schützen, bekommt sie einen Plastikbeutel umgelegt. Die Arbeiter, die die schweren Bananenbüschel ernten, tragen gepolsterte Kissen auf den Schultern, damit die Früchte keinen Schaden nehmen. Der Weg bis zu den Verbrauchern in Übersee ist weit und viele Vorkehrungen werden getroffen, damit die Früchte unbeschadet bei uns ankommen.

In großen Büscheln kann man die Cavendish-Bananen nicht transportieren. Sie werden in Teilstücke gebrochen, die eine bestimmte Größe haben müssen, damit sie in die genormten Kartons passen.

Jetzt muss alles schnell gehen. Innerhalb von 24 bis 36 Stunden müssen die Bananen auf den Kühlschiffen sein. Werden die Bananen der Luft ausgesetzt, entwickeln sie einen Gasstoff, das Äthylen, das ihre Reifung hervorruft. Doch die Kunden wollen keine ausgereiften Bananen, die vielleicht schon braune Flecken haben.

In den Kühlschiffen, die heute eine Temperatur von etwa 13,5 Grad Celsius besitzen, wird der Reifungsvorgang der Bananen unterbrochen. Ein spezielles Luftgemisch sorgt dafür, dass die Banane sozusagen in einen Schlafzustand versetzt wird. So kommt sie ungereift an ihrem Bestimmungshafen an.

Der Umschlag im Hafen wurde durch die genormten Kartons wesentlich erleichtert. Auf Paletten oder gleich in Containern werden sie weitertransportiert zu den Reifereien. Hier erst wird die Banane unter Ausschluss des Lichtes künstlich herangereift.

Gabelstapler mit Bananenkisten

Genormte Kartons erleichtern den Transport

Etwa vier bis acht Tage bleiben die Bananen in der Reiferei – je nachdem wann welcher Käufer Bananen in welcher Reifestufe haben will. In dieser Zeit wandelt sich die Stärke der Bananen in Zucker um und die grüne Farbe wird allmählich gelb.

So geht es dann weiter zu den Läden oder den Markthallen, wo wir unsere Cavendish kaufen können. Von der Ernte bis zur Reifung ist inzwischen über ein Monat vergangen, ein Monat, in dem sich fast ständig irgendjemand um das Wohl der empfindlichen Bananen gekümmert hat.

Das Ende der Cavendish?

Anfang des 21. Jahrhunderts wurde allerdings ein mögliches Ende der Cavendish prophezeit. Es begann schon in den 1970er-Jahren: Kaum hatte sich die neue Exportbanane Cavendish durchgesetzt, da eroberte ein neuer Pilz die Bananenplantagen: der Black Sigatoka, der weitaus aggressiver ist als der Yellow Sigatoka.

Jahrelang trotzte man ihm mit Einsatz starker chemischer Mittel, die vom Flugzeug aus auf die Plantagen gesprüht wurden. Doch der Pilz wehrte sich hartnäckig und entwickelte Resistenzen. Und auch die Panama-Krankheit, gegen die die Cavendish zunächst immun erschien, kehrte zurück und bedrohte die Bananenpflanzen.

Zur Rettung der Banane wurde in unterschiedliche Richtungen geforscht. Die honduranische Stiftung für Agrarforschung (FHIA) züchtete mit Hilfe wilder, fruchtbarer Bananen neue Sorten. In Kuba werden sie bereits in größerem Maßstab angebaut. Weder die Black Sigatoka noch die Panama-Krankheit fügen ihnen Schaden zu. Allerdings schmecken sie mehr nach Apfel als nach Banane.

Französischen Wissenschaftlern gelang es 2012, das Genom der Cavendish-Banane zu entschlüsseln. Die Daten sind frei zugänglich, sodass nun die Funktionen der einzelnen Gene aufgeklärt werden können. Auf dieser Grundlage könnten schon bald neue, resistentere Banananenarten gezüchtet werden.

Labor mit Reganezgläsern voll mit Bananenpflanzen

Die belgische Universität Leuven beherbergt die weltgrößte Gendatenbank für Bananen

Eine dritte Alternative ist die Gentechnik. Es könnten so resistente Bananen gegen Pilz- und Virenerkrankungen gezüchtet werden. Erste Freilandversuche fanden zwischen 2004 und 2011 unter anderem in Australien und Israel statt.

(Erstveröffentlichung: 2004. Letzte Aktualisierung: 27.10.2020)

Quelle: WDR

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