Isola Sant'Apollinare und Isola Grande
Die kleinere der beiden ist für Besucher gesperrt. Sie trägt den Namen Isola Sant'Apollinare. Sie darf nicht betreten werden. Die Vegetation der Insel - darunter seltene Pflanzen - soll hier zu Forschungszwecken ungestört wachsen. Gleich nebenan liegt die Isola Grande, die täglich von vielen, manche meinen zu vielen, Touristenbooten angesteuert wird.
Groß ist die aus dem Wasser ragende Spitze einer unterseeischen Hügelkette nicht. Es wäre gerade mal Platz für etwa drei Fußballfelder. Doch das reicht aus, um hier einen botanischen Garten mit über 1500 exotischen Pflanzen und Blumen sowie eine prächtige Villa unterzubringen, die täglich Hunderte von Besuchern anlocken.
Die ersten Bewohner
Die Reste eines auf der Insel gefundenen Altars lassen vermuten, dass die Insel bereits zu römischen Zeiten besiedelt war. Gesichert ist, dass im 13. Jahrhundert der Orden der Humiliaten - ein Orden, der im späten 12. Jahrhundert aus der Armutsbewegung in der Lombardei entstanden ist - hier ein Kloster betrieb. Als das Kloster 1571 geschlossen wurde, verwilderte die Insel zunächst. Das änderte sich erst 1874.
Zur damaligen Zeit hatten bereits die Bauarbeiten am Gotthard-Eisenbahntunnel begonnen. Der Sprengstoffbedarf war damals groß. Viel Arbeit also für die Munitionsfabrik in Brissago. Dort ereignete sich 1875 eine verheerende Explosion, bei der die Fabrikanlagen weitgehend zerstört wurden.
Da der Wiederaufbau in Brissago nicht genehmigt wurde, versuchte man auf die Isola Grande auszuweichen. Doch auch hier verhinderte am Ende der Bürgerprotest, dass die Sprengstoffproduktion wieder aufgenommen werden konnte.
Antoinette de Saint Léger
Als einige Jahre später die Insel zum Verkauf stand, zeigte Antoinette de Saint Léger Interesse. Das nötige Kleingeld für den Erwerb der Insel 1885 kam von ihrem Ehemann Richard Flemying, einem sehr vermögenden irischen Offizier, der sich nach dem Tod seines Onkels mit dem Adelstitel de Saint Léger schmücken durfte.
Beliebtes Ausflugsziel: die Brissago-Inseln
Um seine Ehefrau Antoinette ranken sich viele Geschichten. So wird behauptet, die Tochter einer deutschstämmigen Mutter sei das uneheliche Kind von Zar Alexander II. gewesen. Auf jeden Fall hatte sie gerne betuchte Herren an ihrer Seite und so heiratete sie 1881 in dritter Ehe den wohlhabenden Iren.
Nach der Hochzeit suchte das Ehepaar de Saint Léger eine standesgemäße Bleibe und entschied sich für die Brissago-Inseln. Die beiden teilten eine Leidenschaft: Sie sammelten exotische Pflanzen und scheuten weder Kosten noch Mühen, sie samt dem erforderlichen Mutterboden per Schiff auf die Insel schaffen zu lassen.
Isola Grande wurde zum Wohnsitz der de Saint Léger umgeben von einem prächtigen Garten – der zusammen mit der kleineren Insel Sant'Apollinare zum Grundstein für den heutigen Botanischen Garten wurde.
Antoinette de Saint Léger hielt an dieser Leidenschaft auch noch fest, als ihr Ehemann entnervt von den erotischen Eskapaden seiner Gattin die Insel längst Richtung Neapel verlassen hatte. Antoinette de Saint Léger liebte aber nicht nur die Pflanzen und einen luxuriösen Lebensstil am Lago Maggiore, sondern auch den Glanz von Kunst und Kultur. So war ihre im lombardischen Stil errichtete Villa immer wieder Treffpunkt von Malern, Musikern und Schriftstellern.
Anfang der 1920er Jahre begann ihr sozialer Abstieg. Das Vermögen ihres Mannes war verbraucht. Sie lebte allein auf der Insel, beschäftigte sich mit der Herstellung von Puppen und geriet durch unzählige kostspielige Prozesse immer tiefer in die finanzielle Krise.
1927 musste sie die Brissago Insel verkaufen und starb 1948 völlig verarmt in einem Tessiner Altenheim. Ihre sterblichen Überreste wurden inzwischen auf der Insel beigesetzt.
Max Emden – Ein Kaufhauskönig und Lebemann erwirbt die Insel
Der neue Besitzer der Brissago Insel kam aus Hamburg. 1927 erwarb Dr. Max Emden für 356.000 Schweizer Franken die Insel von der hoch verschuldeten Antoinette de St. Léger. Max Emden hatte sich mit dem Kauf und Verkauf von Handelsketten, Kaufhäusern und Grundstücken – unter anderem gehörte ihm das berühmte "KaDeWe" in Berlin – ein riesiges Vermögen erworben.
Villa Emden entworfen von Prof. Breslauer aus Berlin
Nachdem er die Insel gekauft hatte, ließ er sich dort eine pompöse Villa errichten. Das mondäne klassizistische Gebäude wurde von der Tessiner Bevölkerung zunächst argwöhnisch beäugt. Der neue Hausherr zeigte sich schon bald als Lebemann der besonderen Art. Er liebte den Luxus und er liebte die Frauen, mit denen er gerne in seinem 75 PS starken Motorboot auf dem Lago Maggiore unterwegs war.
Auf der Insel selbst gab es ein von Mauern umgebenes römisches Bad, wo, so wurde gemunkelt, junge Grazien mit dem Hausherrn das Dolce Vita genossen. Es wurden Fotos gemacht. Eines davon sollte Max Emden später Unannehmlichkeiten bereiten. Zu sehen sind drei teilweise nackte junge Frauen, die in einer erotischen, ästhetisch sehr anmutigen Pose an einem balkonartigen Fenster stehen.
Dieses Foto wurde damals von den Schweizer Behörden zum Vorwand genommen, Max Emden zunächst die Schweizer Staatsbürgerschaft zu verwehren. Ihm wurde unmoralisches und damit ein für die Schweiz unwürdiges Verhalten vorgeworfen. Doch die Tessiner Bevölkerung konnte bald erfahren, dass die Anwesenheit des Kaufhauskönigs für die touristisch attraktive Region rund um den Lago Maggiore zum Glücksfall wurde.
Max Emden, der leidenschaftlich gerne und erfolgreich Polo und Golf spielte, setzte sich mit eigenen finanziellen Mitteln nachdrücklich dafür ein, dass in Ascona ein Golfplatz errichtet wurde. Die Haute Volée war begeistert und zur Freude der Tessiner Kantonsverwaltung kamen nun immer mehr Schöne und Reiche ins sonnige Tessin, um hier das süße Leben zu genießen. 1940 starb Max Emden im Alter von 65 Jahren an einem Herzinfarkt.
Quelle: SWR | Stand: 27.05.2020, 17:00 Uhr