Eingeschränkter Lebensraum der Wildtiere

Planet Wissen 01:10 Min. Verfügbar bis 17.06.2029 WDR Von 3sat/nano/Axel Gomille/Michael Habermehl/Sebastian Heger/Sophie Lochau/Ute Rübesamen, https://terraxplaincommons.zdf.de

Wildtiere

Wildtiere in Deutschland

Viele Jahrhunderte lang wurden wilde Tiere in Deutschland gejagt und erbarmungslos zurückgedrängt. Doch inzwischen erobern sich einige Arten ihren alten Lebensraum zurück.

Von Andrea Wengel

Zwischen Freude, Angst und Konkurrenzdenken

Mit zahlreichen Artenschutzprojekten konnten Naturschützer manche Tierarten in ihre ursprüngliche Heimat zurückholen – etwa Uhu, Bartgeier, Biber oder Luchs.

Andere Tiere kehren von allein wieder zurück, ohne dass der Mensch die Hand im Spiel hat. Vögel wie der Schwarzstorch, der Kranich oder der Weißrückenspecht finden bei uns wieder alles, was sie zum Leben brauchen.

Doch mit den Tieren kommen auch einige Probleme wieder. Je größer und hungriger die Wildtiere sind, umso größer sind unsere Bedenken. Die zurückgekehrten Wildtiere begeben sich in ein Spannungsfeld zwischen Freude, Angst und Konkurrenzdenken.

Die Umweltbedingungen in Deutschland haben sich im Vergleich zu den vergangenen Jahrzehnten deutlich verbessert. Wasserläufe, einst aufwendig begradigt, werden nach und nach renaturiert. Biotope entstehen, Natur- und Artenschutzprojekte haben Hochkonjunktur.

Auch die Jagd ist reguliert. Die Tiere werden nicht mehr systematisch von Menschenhand dezimiert. Die Lebensbedingungen haben sich also für viele Tierarten verbessert, sodass sie sich nach langer Abwesenheit wieder bei uns ansiedeln können.

Wolf

Der Wolf hat sich schon seit längerem wieder angesiedelt

Unbekannte Flugobjekte

Noch in den 1970er-Jahren war der Anblick eines Kormorans in Deutschland eine regelrechte Sensation. Der Mensch hatte den Kormoran erbittert verfolgt und nahezu ausgerottet. Als Fischfresser galt er als Nahrungskonkurrent, ebenso wie der Seeadler, der Fischadler oder der Eisvogel.

Erst mit der Vogelschutzrichtlinie der Europäischen Union (EU) von 1979 dürfen Kormorane nicht mehr gejagt werden. Seit der Mensch die intensive Verfolgung eingestellt hat, konnten sich die Bestände langsam wieder erholen.

Der schwarze Vogel lässt sich gerne an großen Flüssen und Binnenseen nieder. Hier findet er genug Nahrung. Mittlerweile gibt es in Deutschland mehr als 20.000 Brutpaare – und auch schon wieder Stress mit dem Menschen. Das alte Konkurrenzdenken flackert auf: Es geht, wie damals schon, um den Fisch.

Ein Kormoran trocknet seine ausgebreiteten Flügel in der Sonne.

Der Kormoran ist in Deutschland wieder heimisch

Gerade bei den Vögeln kommen mehr und mehr Arten von alleine wieder nach Deutschland zurück. Sie erobern sich einen festen Lebensraum, weil sie ausreichend Platz, Ruhe und ein gutes Nahrungsangebot finden.

Wie der Schwarzstorch: In den meisten deutschen Bundesländern haben sich wieder Brutpaare angesiedelt. Wo es ruhige und naturbelassene Waldgebiete gibt, fühlt sich der scheue Vogel wohl.

Auch der Dreizehenspecht und der Weißrückenspecht sind wieder bei uns vertreten. An ihnen zeigt sich, dass auch heftige Stürme, die ganze Waldstücke niederreißen, ihre guten Seiten haben: Im Totholz vermehren sich die Borkenkäfer, die eine Leibspeise der Spechte sind.

Naturschützer fürchteten lange Zeit um Kraniche und Seeadler, die akut vom Aussterben bedroht waren. Mittlerweile gibt es wieder einige Seeadler in Mecklenburg-Vorpommern und in der Oberlausitz. Und auch die Kraniche erobern Terrain zurück.

In Ost- und Nordeuropa wurden ihre Bestände nie so stark dezimiert wie bei uns. Auch die Umwelt hat sich dort weniger stark verändert. Jetzt haben sich die Kraniche so stark vermehrt, dass sie sich neue Lebensräume in Deutschland erschließen.

Ein  Seeadler

Auch der Seeadler gilt als "Konkurrent"

Neue alte Heimat im deutschen Wald

Auch große Wildtiere kehren zurück. Wolf, Bär, Luchs und sogar der Elch streifen bisweilen durch deutsche Wälder. Vereinzelt konnten Naturschützer diese Tiere seit den 1990er-Jahren beobachten. Begegnen werden Spaziergänger und Wanderer den scheuen Tieren allerdings noch kaum.

Der Luchs macht sich beispielsweise so rar, dass sich sein Bestand in Deutschland schlecht schätzen lässt. Einige Exemplare leben heute in verschiedenen Regionen der Eifel, im Bayerischen Wald, im Pfälzer Wald, im Schwarzwald und im Nationalpark Harz. Viele der Tiere stammen aus Wiederansiedlungsprojekten. Aber sie kamen auch von sich aus zu uns, vermutlich aus Tschechien, der Schweiz und Frankreich.

Mitte der 1990er-Jahre wurde der erste Wolf auf deutschem Terrain gesichtet. Wahrscheinlich war er aus Polen gekommen. In der Lausitz in Ost-Sachsen siedelten sich kurze Zeit später die ersten beiden deutschen Wolfsrudel mit 20 bis 25 Tieren an. 2019 soll der Bestand schon auf 78 Wolfsrudel in Deutschland angewachsen sein.

Auch der Braunbär war einst in unseren Wäldern zu Hause. Als Nahrungskonkurrent wurde er gnadenlos gejagt – nicht nur in Deutschland, auch in anderen europäischen Ländern. Zudem verschwanden große Waldflächen durch Rodungen.

In Ländern wie Rumänien, Schweden, Slowakei, Kroatien oder Bulgarien gibt es auch heute noch frei lebende Bären. Einige wenige sind auch in Italien, Österreich und der Schweiz zu Hause. Bär Bruno ist von Norditalien aus über Österreich nach Deutschland eingewandert.

Europäischer Braunbär auf einem Felsen

Sind Braunbären "Problembären"?

Eine imposante Erscheinung

Mit einer Schulterhöhe von bis zu zwei Metern ist der Elch eine imposante Erscheinung. Seit Kriegsende war er aus den hiesigen Wäldern verschwunden. Mittlerweile sind mehrere Elche im Osten Deutschlands gesehen worden. Wahrscheinlich sind sie aus Polen oder den baltischen Staaten eingewandert.

In einigen Gegenden könnten sie sich auch bei uns wieder ansiedeln, sind sich Naturschützer sicher. Elche sind gute Schwimmer und mögen sumpfiges, wasserreiches Gelände, wie es zum Beispiel in Brandenburg, in Mecklenburg-Vorpommern oder im Bayerischen Wald zu finden ist.

Vor allem diese großen Wildtiere brauchen auch große Regionen und verkehrsarme Räume, in denen sie sich gut bewegen können sowie ausreichend Wasser und Schutz finden. Solche Gebiete bieten nur noch wenige Bundesländer.

Zudem scheitern in vielen Regionen Deutschlands die Wanderbewegungen der Wildtiere – und damit ihre Ausbreitung – an den vielen Straßen und Autobahnen, die ihren Lebensraum zerschneiden.

Elch, Norwegen

Auch Elche werden wieder gesichtet

Quelle: SWR | Stand: 10.12.2020, 16:25 Uhr

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