Kalonymos ben Meschullam (gestorben 1096)
Der Dichter und jüdische Gelehrte Kalonymos ben Meschullam war eines der bekannteren jüdischen Pogrom-Opfer in der Zeit des ersten Kreuzzugs. Kalonymos war Oberrabiner in Mainz – damals ein wichtiges Zentrum jüdischen Lebens. Er schrieb im Auftrag der rheinischen Gemeinden an den obersten Lehnsherrn des Herzogs, Kaiser Heinrich IV., der bis dahin Juden geschützt hatte, und bat ihn, die Pogrome zu verhindern. Doch Heinrich IV. griff nicht ein.
Kalonymos organisierte gegen die Übermacht der Angreifer die jüdische Bewaffnung und Selbstverteidigung, die sich aber als zwecklos erwies. Am Ende tötete er seine Familie und sich selbst. Dieser Tod wurde später "Kiddusch Haschem" ("Heiligung des Namens Gottes") genannt. Auch wenn Selbsttötung im Judentum verboten ist, wird das Sterben, um nicht zwangsbekehrt zu werden, als "Tod wegen der Heiligung Gottes" geehrt.
Heinrich IV. schützte die Juden nicht
Maimonides, Moses Ben Maimon oder RaMBaM (ca. 1135-1204)
Der im andalusischen Cordoba geborene Maimonides gilt als bedeutendster Vertreter des sephardischen, also aus Spanien stammenden Judentums. Sein Werk "Führer der Unschlüssigen" ist der Versuch, für Laien die jüdische Glaubenslehre mit der Wissenschaft und Philosophie seiner Zeit in Einklang zu bringen.
Viele Worte der Thora, die scheinbar wissenschaftlichen Erkenntnissen widersprechen, deutete er allegorisch. Man sollte sie also nicht wörtlich, sondern in einem übertragenen Sinn verstehen. Damit war er der erste, der Glaube und Wissen als zwei unabhängige Elemente verstand.
Seine Schriften prägten das jüdische Glaubensleben weltweit und sind bis heute Standardwerke des Judentums. Auch Wissenschaft und Theologie in christlichen und muslimischen Kreisen des Mittelalters wurden von Maimonides stark beeinflusst.
Sein Leben war geprägt von der Flucht vor einer radikalen islamischen Bewegung, die immer größere Teile Europas eroberte. Wer unter ihre Herrschaft geriet, musste sich zum Islam bekennen und seinem alten Glauben abschwören. Das kam für Maimonides nicht in Frage.
Auf seiner Flucht verschlug es ihn auch in die Nähe von Kairo. Hier wurde er Vorsteher der jüdischen Gemeinde und arbeitete unter anderem als Leibarzt des Sultans.
Maimonides-Denkmal in Cordoba
Nathan Hannover oder Nata ben Moses Hannover (ca. 1610-1683)
Er wurde berühmt als Chronist der Judenverfolgungen in Polen und Russland durch kosakische Rebellen (1648/49). In seinem umfassenden Werk beschrieb er nicht nur die Zerstörung hunderter jüdischer Dörfer, sondern schilderte auch detailreich das jüdische Leben in Osteuropa. Sein Buch ("Yeven Mezulah") bewahrte die Erinnerung an eine untergegangene wichtige Epoche jüdischen Lebens.
Er selbst wurde vermutlich in Krakau geboren und lebte als Talmud-Lehrer in Zaslav in Volhanynia (heutige Ukraine). Ihm gelang es, während des Judenpogroms zuerst nach Prag und dann nach Venedig zu fliehen. Dort studierte er die Kabbala und wurde ein wichtiger Vertreter der Kabbalisten. Später führte er als Rabbiner die jüdische Gemeinde in Jassy (Moldawien). Seine letzten Jahre verbrachte er in Italien.
Glückel von Hameln oder Glikl bas Judah Leib (1646-1724)
Sie war die erste Frau in Deutschland, deren Memoiren veröffentlicht wurden. Die Tochter eines jüdischen Diamantenhändlers aus Altona übernahm 1689, nach dem Tod ihres Mannes Cahijm Hameln, seinen Gold- und Juwelenhandel und wurde eine erfolgreiche Geschäftsfrau mit internationalen Beziehungen.
Erfolgreich war sie auch bei der Ehevermittlung aller ihrer zwölf Kinder, die sie in reiche und angesehene jüdische Familien einheiraten ließ. Ihre eigene zweite Ehe stürzte sie allerdings in bittere Armut, da ihr Mann, ein Bankier aus Metz, bankrott ging.
Bertha Pappenheim übersetzte 1910 die auf jiddisch geschriebenen Memoiren der Glückel von Hameln ins Deutsche. Eine Dauerausstellung des Jüdischen Museums in Berlin räumt ihrem Leben viel Platz ein.
Moses Mendelssohn (1729-1786)
"Eine Philosophie, die mich mißmutig, gegen andere Menschen oder gegen mich selbst gleichgültig, gegen Empfindung des Schönen und Guten frostig machen will, ist nicht die meinige", schrieb Mendelssohn in einem Brief kurz vor seinem Tod. Er galt als der "jüdische Sokrates von Berlin" und war einer der berühmtesten Philosophen der deutschen Aufklärung.
Mit seiner Haltung der Toleranz und Gewissensfreiheit, vor allem in Fragen der Religion, beeindruckte er Zeitgenossen wie Immanuel Kant, Johann Gottfried Herder und Friedrich Nicolai. Als der Dichter Gotthold Ephraim Lessing seinen Klassiker "Nathan der Weise" schrieb, wählte er als Vorlage für Nathan seinen Freund Mendelssohn.
Großen Einfluss hatte der strenggläubige Mendelssohn auch auf das deutsche Judentum. Er übersetzte die hebräische Bibel ins Deutsche und motivierte damit Juden, sich der deutschen Sprache und Kultur zu öffnen – die meisten sprachen bisher nur jiddisch.
Sein Wirken und seine Ideen waren Initialzündung und Motivation der Haskala-Bewegung, die mit den Elementen der Aufklärung die Integration und Gleichberechtigung der Juden erreichen wollte. Gleichzeitig sollte sich das Judentum nach außen öffnen und die Ideen des Rationalismus übernehmen.
Schon zu Mendelssohns Lebzeiten wurden die ersten kostenlosen Freischulen für arme jüdische Kinder eröffnet, die auch weltliches Wissen in ihr Bildungsprogramm aufnahmen.
Berühmt wurde Mendelssohn durch sein philosophisches Werk "Phaedon". Schon Jahre vorher hatte er für eine Abhandlung den ersten Preis der Königlich-Preußischen Akademie der Wissenschaften gewonnen. Er wurde später sogar als Mitglied der Akademie vorgeschlagen. Seine Ernennung scheiterte aber am Einspruch Friedrichs II., der keinen Juden in seiner Akademie wollte.
Vorbild für "Nathan der Weise" war Moses Mendelssohn
Theodor Herzl (1860-1904)
1949, ein Jahr nach Gründung des Staates Israel, wurde der Sarg Theodor Herzls von einem Friedhof in Österreich nach Jerusalem überführt. Sein Grab auf dem nach ihm benannten Herzl-Berg wurde zum nationalen Friedhof, auf dem die größten Staatsmänner, Wissenschaftler, Gelehrten und Künstler offiziell begraben werden. Es war Herzls letzter Wille, in Jerusalem bestattet zu werden, sollte es einst einen jüdischen Staat geben.
Für diesen Traum hatte er fast sein ganzes Leben lang gekämpft. Nach seinem Studium in Wien arbeitete Herzl in Paris als Korrespondent für die Wiener Zeitung "Neue Freie Presse".
Dort berichtete er ausführlich über die Dreyfus-Affäre (1894). Die öffentliche Vorverurteilung des jüdischen Generalstaboffiziers, der zu Unrecht der Spionage beschuldigt wurde, sowie die Antisemitismuswelle auch in der seriösen Presse waren für Herzl ein Schock. Die Assimilation der Juden hatte nicht die Vorurteile gegenüber diesen abbauen können, wie erhofft.
Wahrscheinlich führte ihn dieses Ereignis zu seiner These, dass ein jüdischer Staat notwendig und machbar sei. Nur durch einen eigenen Staat wären Juden endlich vor ständigen Angriffen geschützt. In seinem berühmten Buch "Der Judenstaat" (1896) führte Herzl diese These aus und ging danach an die Verwirklichung seines Traums. So wurde er zum geistigen Vater des Zionismus.
Theodor Herzl – Vordenker des Zionismus
Schon ein Jahr später organisierte er den ersten Zionistischen Weltkongress und wurde dort zum Präsidenten gewählt. Er verhandelte unter anderem mit Kaiser Wilhelm II. und dem türkischen Sultan Abdühamit II., um eine Gründung des jüdischen Staates in Palästina voranzutreiben. Doch die Bemühungen verliefen im Sande.
Herzl starb 44 Jahre vor der Staatsgründung. Aber er war sicher, "das jüdische Volk wird ein Land im Eretz Israel gründen", wo auch sein Grab sein sollte.
(Erstveröffentlichung 2007. Letzte Aktualisierung 09.04.2019)
Quelle: WDR