Geschichte Preußens
Deutsche Arbeiterbewegung im 19. Jahrhundert
Die Wirtschaft entwickelte sich im Europa des 19. Jahrhunderts rasant, die Unterschiede zwischen Arm und Reich wuchsen. Vor diesem Hintergrund entstand die Arbeiterbewegung. Visionäre wie Karl Marx oder Friedrich Engels setzten sich für eine Sozialisierung der Arbeitswelt ein.
Von Alfried Schmitz
Vom Wiener Kongress zur Revolution
1815 waren die Napoleonischen Kriege zu Ende. Durch den Wiener Kongress wurden die Grenzen in Europa neu gezogen. Nach langen Jahren der Kämpfe, des Sterbens und des Zerstörens herrschte nun Frieden. Die Menschen konnten sich wieder auf das normale Leben konzentrieren.
Die Erfindung der Dampfmaschine durch den Engländer James Watt und deren Weiterentwicklung und Nutzung in vielen Industriebereichen brachte wirtschaftlichen Aufschwung und läutete das Zeitalter der Industriellen Revolution ein. Fabriken entstanden, die Wirtschaft florierte und die Massenfertigung von Gütern begann.
Die Industrielle Revolution
01:39 Min.. UT. Verfügbar bis 25.09.2028. Von Christian Brandt, Claudio Como.
Von Dampfmaschinen betriebene Schiffe machten den Transport einfacher und schneller. Zudem wurden 1825 in England und 1835 in Deutschland, zwischen Nürnberg und Fürth, die ersten dampfbetriebenen Eisenbahnen in Betrieb genommen.
Die Welt der Wirtschaft hatte sich damit schlagartig verändert – gleichzeitig aber auch die Rolle der Arbeiter. In den großen Betrieben wurden sie zu Handlangern der neuen Maschinen und mussten sich deren Takt anpassen.
Unterdrückung und Ausbeutung
Mehr Schweiß für weniger Geld: Das war das Schicksal vieler Menschen damals. Und Knochenjobs gab es genug. Die neuen Maschinen mussten mit Rohstoffen und mit Energie gefüttert werden. Die Arbeitsbedingungen waren hart und beeinträchtigten die Gesundheit. Kinder wurden in die Bergwerke geschickt, um Kohle oder Erz zu fördern.
Die Unterdrückung und Ausbeutung der Menschen führte zu einer Verarmung und Verelendung der neu entstandenen Arbeiterklasse. Unmut und Unruhen waren dadurch vorhersehbar.
1844 kam es in Schlesien zu den Weberaufständen. Dort lehnten sich die hungernden Menschen gegen ihre Arbeitgeber auf. Die Revolte wurde vom Militär niedergeschlagen. Der Schriftsteller Gerhart Hauptmann thematisierte die Ereignisse eindrucksvoll in dem Drama "Die Weber".
1846 und 1847 hatte Deutschland unter Missernten und Hungersnöten zu leiden. Zehn Prozent der Berliner Bevölkerung bestand aus Almosenempfängern.
In Fabriken arbeiteten oft auch Kinder
Revolution, Reformen und politische Resultate
Die sozialen Missstände in Deutschland, die große Armut und Unzufriedenheit unter den Arbeitern, aber auch ein neuer freiheitlicher Gedanke, der seit Ende der Napoleonischen Kriege vor allem die Studenten erfasst hatte, führten schließlich zur Deutschen Revolution des Jahres 1848.
Aus dem benachbarten Frankreich war der Funke hinüber nach Deutschland gesprungen und hatte zunächst das badische Mannheim, später dann Berlin und andere Städte und Länder erfasst.
Die Bürger richteten sich mit freiheitlichen Forderungen und Petitionen an die Landesherren und Regierungen. Es kam aber auch zu blutigen Auseinandersetzungen und Barrikadenkämpfen. Dabei wurden im März 1848 in Berlin rund 300 Menschen durch das preußische Militär getötet.
König Friedrich Wilhelm IV. war von diesem Gemetzel so entsetzt, dass er seine Truppen zurückbeorderte und auch die Revolutionäre zum Einlenken aufforderte. Wenige Tage nach diesem Waffenstillstand wurden in Preußen allgemeine Wahlen ausgerufen, aus denen eine Nationalversammlung hervorging.
Barrikadenkämpfe im Revolutionsjahr 1848
Vordenker der Arbeiterbewegung
Am 11. April 1848 trat in Berlin eine Arbeiterversammlung zusammen. Man gründete das "Central-Komité" für Arbeiter. In regelmäßigen Versammlungen seien "die Übelstände der Arbeiter (...) zu erforschen und auf Abhülfe derselben hinzuwirken". Das Hauptanliegen der Arbeiterschaft war es, mehr Lohn und eine Verkürzung der Arbeitszeit durchzusetzen.
Karl Marx und Friedrich Engels gaben mit ihrem gemeinsam verfassten "Kommunistischen Manifest" das intellektuell formulierte Dogma vor. Die Arbeiterklasse werde durch das Bürgertum unterdrückt und ausgenutzt. Also müsse die Bourgeoisie durch das Proletariat entmachtet und abgelöst werden, so die kommunistische Theorie von Marx und Engels.
Ferdinand Lassalle und Stephan Born waren zwei andere Vordenker der Arbeitbewegung, deren Vorstellungen in die gleiche Richtung gingen. Born war auch Herausgeber von "Das Volk", einer sozial-politischen Zeitschrift. Darin verbreitete er seine Forderungen nach "Ausgleichung der Missverhältnisse zwischen Arm und Reich" oder der nationalen "Organisation der Arbeiter".
Ferdinand Lassalle wurde 1863 in Leipzig zum Präsidenten des neu gegründeten "Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein" (ADAV) gewählt, einem wichtigen Organ der Arbeiterbewegung und von manchen auch als Keimzelle der Sozialdemokratie bezeichnet. Auf der Fahne des ADAV stand zu lesen "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" und "Einigkeit macht stark".
In Folge dieser Entwicklung kam es dann auch 1868 zur Gründung von zentralen Gewerkschaften, die sich zu den wichtigsten Interessenverbänden für die Arbeiter entwickelten.
Ferdinand Lassalle gilt als Gründer der SPD
(Erstveröffentlichung 2007. Letzte Aktualisierung 29.04.2020)
Quelle: WDR