Ein Jahr zuvor hatte Bismarck durch eine List mit der so genannten "Emser Depesche" Frankreich dazu provoziert, Deutschland den Krieg zu erklären. Diese Kriegserklärung führte dazu, dass die deutschen Einzelstaaten ein Gemeinschaftsgefühl entwickelten, das während des Deutsch-Französischen Kriegs zum Patriotismus anwuchs.
Darauf hatte es Bismarck angelegt. Noch während der Kämpfe begann er mit den süddeutschen Staaten über eine Vereinigung mit dem Norddeutschen Bund zu verhandeln.
Durch geschickte Diplomatie und verschiedene Zugeständnisse sorgte Bismarck dafür, dass die Einzelstaaten der Reichsgründung zustimmten. Am 18. Januar 1871 wurde Wilhelm I. zum deutschen Kaiser ernannt und das Deutsche Reich ausgerufen – mit Otto von Bismarck als Kanzler.
Die Reichsverfassung entsprach in weiten Teilen der Verfassung des Norddeutschen Bundes. An der Spitze des Reiches stand der Deutsche Kaiser. Er war zugleich König von Preußen, hatte in Kriegszeiten den Oberbefehl über die Streitkräfte, berief den Bundesrat und Reichstag ein und konnte sie beide auch auflösen. Der Kaiser ernannte den Reichskanzler und konnte ihn entlassen.
Der Reichskanzler war zugleich preußischer Ministerpräsident und Vorsitzender des Bundesrats. Im Bundesrat saßen 58 Vertreter der 25 Bundesstaaten. Mit 17 Vertretern war Preußen im Bundesrat mit Abstand der stärkste Bundesstaat.
Dem Bundesrat gegenüber stand der Reichstag. In ihm saßen 382 Abgeordnete (ab 1873 waren es 397 Abgeordnete), die in allgemeinen, gleichen und geheimen Wahlen gewählt wurden.
Der Reichstag machte gemeinsam mit dem Bundesrat die Gesetze und musste dem Staatshaushalt zustimmen. Er konnte allerdings – mit Zustimmung des Kaisers – vom Bundesrat aufgelöst werden.
Bismarcks zentrale Stellung im Machtgefüge des Deutschen Reichs erklärte sich nicht hauptsächlich aus der Verfassung, sondern aus seiner Persönlichkeit. Besonders sein Verhältnis zu Kaiser Wilhelm I. sorgte dafür, dass Bismarck einen großen Einfluss auf die Politik des Staates hatte.
Otto von Bismarck
01:59 Min.. UT. Verfügbar bis 20.12.2027. Von Anja von Kampen/VisionX.
(Erstveröffentlichung: 2007. Letzte Aktualisierung: 06.04.2020)
Quelle: WDR