Die Brüder Montgolfier
Die Geschichte der Ballonfahrt beginnt lange vor dem Start der Montgolfière. Schon das italienische Wissenschaftsgenie Leonardo da Vinci experimentierte mit Heißluftauftrieb. 1513 ließ er heißluftgefüllte Heiligenfiguren aus Leinwand oder Papier zur Ehren der Amtseinführung von Papst Leo X. aufsteigen. Andere Wissenschaftler machten ähnliche Experimente, entwarfen Theorien und zeichneten Modelle.
Es dauerte aber bis zum Jahr 1783, ehe der erste Ballon gen Himmel stieg. Michel Joseph de Montgolfier und sein Bruder Étienne Jacques ließen im französischen Annonay bei Lyon im Juni 1783 über dem Marktplatz einen unbemannten Heißluftballon 1000 Meter hoch aufsteigen. Der Ballon flog in zehn Minuten 2,5 Kilometer weit.
Die Montgolfiers waren Papierfabrikanten und hatten bemerkt, dass im Rauch des Feuers Papierfetzen aufstiegen. Sie hielten nicht die Heißluft, sondern den Rauch für die Ursache des Auftriebs. Deshalb verbrannten sie Stroh und Schafswolle, um dem Ballon mit Rauch Auftrieb zu geben. Die Ballonhülle bestand aus leinenverstärktem Papier, das wenig reißfest und sehr feuergefährdet war.
Weitere Flugversuche
Der zweite Flug fand wenige Monate später am Hof von Versailles statt, vor den Augen von König Ludwig XVI. und seiner Frau Marie Antoinette. In der Gondel befanden sich ein Schaf, ein Hahn und eine Ente – alle drei Tiere überlebten den Flug.
Im November 1783 schickten die Montgolfiers dann am Chateau La Muette in Versailles erstmals einen bemannten Heißluftballon in die Höhe. Zuerst wollte man Strafgefangene in die Luft schicken, doch die Pionier-Ehre gebührte dann zwei Adeligen: An Bord waren schließlich der Physiker Jean-François Pilâtre de Rozièr und der Marquis François d'Arlandes.
Zusammen legten sie neun Kilometer zurück und landeten wohlbehalten nach 25 Minuten Flug.
Die Ballonfahrt vom 19. September 1783 in Versailles
Der erste Gasballon
Im Dezember 1783 zog der Physikprofessor Jacques Charles mit einem gummierten Seidenballon nach. Sein Ballon war mit Wasserstoff gefüllt und wurde "Charlière" genannt. Den Ballon ummantelte ein Netz, an dem ein kleines Boot hing.
Mit seinem Konstruktionshelfer Nicolas-Louis Robert stieg Charles über den Tuilerien in Paris auf und legte rund 43 Kilometer zurück. Charles hatte das Auftriebsprinzip verstanden: Er wusste, dass nicht der Rauch, sondern heiße Luft oder Gase wie Helium und Wasserstoff den Ballon trugen, denn sie sind leichter als Luft und steigen deshalb nach oben. Dabei können sie sogar noch Lasten transportieren.
Nach einer Zwischenlandung setzte Charles an jenem Dezembertag die Fahrt allein fort und stieg auf eine Höhe von 2770 Metern. Sein Wasserstoffballon funktionierte hervorragend. Ein Kubikmeter Wasserstoff wiegt nur 90 Gramm und ist damit mehr als ein Kilo leichter als ein Kubikmeter Luft.
Die Höhennavigation erfolgt beim Gasballon, indem zum Sinken Gas abgelassen wird und zum Steigen Ballast abgeworfen wird. Der Nachteil der "Charlière": War der Ballast einmal komplett abgeworfen, musste der Ballon landen.
Charles erfand den nach ihm benannten Ballon
Ballons im Krieg
Die erste deutsche Frau in einem Ballon war Wilhelmine Reichard, die 1811 mit einem Ballon aufstieg. 17 Gasballonflüge machte sie. Bei ihrem dritten Flug erreichte sie eine Höhe von 7800 Metern – doch der Ballon zerriss, schwer verletzt konnte Reichard landen.
Als erster Militär machte sich der französische Feldherr Napoleon Ballons zunutze. In einigen Schlachten ließ er Ballons an langen Seilen aufsteigen, um Schlachtfelder besser übersehen zu können.
Auch im Amerikanischen Bürgerkrieg und im Deutsch-Französischen Krieg hatten Ballons eine militärische Bedeutung. Sie dienten der Aufklärung oder überwanden Belagerungsringe. Das belagerte Paris besaß 1870 einen Flugpostdienst mit Ballons.
Die im Gegensatz zu Ballons horizontal lenkbaren Zeppeline wurden im Ersten Weltkrieg sogar zur Bombardierung von Kriegszielen und Städten eingesetzt. Die Briten wiederum nutzten im Zweiten Weltkrieg verankerte Ballons, um Tiefflugbombardements zu verhindern: Die Flieger wären sonst mit den Ballons zusammengestoßen.
Französischer Aufklärungsballon aus dem Ersten Weltkrieg
Erdumrundung im Ballon
1999 gelang die erste Erdumrundung im Ballon. Der Schweizer Psychiater Bertrand Piccard und der britische Flugingenieur Brian Jones flogen in 19 Tagen, 21 Stunden und 55 Minuten als erste Menschen in einem Heliumballon um die Welt und landeten am 21. März in der ägyptischen Wüste.
Auf ihrem Weg nutzten sie die sogenannten Jetstreams, die äußerst intensiven Luftströme mit hohen Windgeschwindigkeiten, so dass ihnen die Überquerung des Atlantiks in Rekordzeit gelang.
2002 machte es der US-Multimillionär Steve Fossett den beiden nach und umrundete die Erde in seinem Ballon "Spirit of Freedom" in 13 Tagen und zwölf Stunden – und zwar ganz allein. Bei seiner Landung in Queensland/Australien hatte er 35.000 Kilometer nonstop zurückgelegt. 1995 war ihm bereits die erste Solo-Ballonüberquerung des Pazifiks gelungen.
Wetterforschung mit Ballons
Zur Forschung werden Ballons bereits seit mehr als 100 Jahren eingesetzt. 1911 wies der österreichische Physiker und spätere Nobelpreisträger Victor Franz Hess mit einer Serie gewagter Ballonaufstiege in Höhen von bis zu 5000 Meter kosmische Strahlen nach.
Für die Wetterforschung werden unbemannte Ballons verwendet. Diese Freiballons dienen meteorologischen und aerologischen Forschungen, wenn Geräte zur Messung von Temperatur oder Luftdruck an Bord sind.
Seitdem die Ballons Radiosonden mit sich führen, müssen die Forscher die Ballons auch nicht wiederfinden, um die gemessenen Daten auszuwerten – denn die Radiosonden übertragen die gemessenen Daten fortlaufend.
Messballon des Deutschen Wetterdienstes
Heute werden jeden Tag Freiballons als Träger von Radiosonden in der Wetterforschung und -vorhersage genutzt. An etwa 700 Orten der Erde steigen jeweils um 12 und um 24 Uhr Wetterballons auf und übertragen die Temperatur-, Luftdruck- und Feuchtigkeitsdaten an ihre Stationen.
Bis in eine Höhe von 30 bis 35 Kilometern steigen die Wetterballons binnen 90 Minuten auf. Dann platzen sie, und die Sonde segelt an einem Fallschirm zu Boden.
Dieses tägliche Prozedere ist für Wetterforscher unerlässlich. Sie können zwar von ihren weltweit rund 10.000 Wetterstationen am Boden auch Messungen der Temperatur, der Feuchtigkeit oder des Luftdrucks vornehmen, aber jeweils nur von einem bestimmten Punkt.
Die Ballons hingegen sind unterwegs: Sie liefern einen Querschnitt der Daten in der Atmosphäre. Ohne ihre Daten wären Wettervorhersagen also viel ungenauer, als sie es heute sind. Selbst Satelliten können die Ballons nicht angemessen ersetzen. Satelliten haben zwar einen guten Überblick über die Erde, aber das Wettergeschehen kann die heutige Generation von Wettersatelliten nur ungenau auflösen.
(Erstveröffentlichung 2002. Letzte Aktualisierung 13.05.2020)
Quelle: WDR