Porträt des chinesischen Kaisers Qin Shihuangdi.

Archäologie in China

Qin Shihuangdi – der erste Kaiser von China

Er beendete die "Zeit der kämpfenden Reiche" und gründete den zentralistischen chinesischen Staat: Qin Shihuangdi gilt als der erste Kaiser Chinas.

Von Johannes Eberhorn

Das Königreich der Qin

Das Königreich der Qin wurde im 9. Jahrhundert vor Christus auf dem Gebiet der heutigen Provinz Shaanxi im Herzen Chinas gegründet. Die Qin waren zunächst nur niedere Adelige, die sich hauptsächlich mit der Pferdezucht beschäftigten.

Ihre steigende Bedeutung verdankten sie ihrer militärischen Durchschlagskraft, mit deren Hilfe sie bis zur Mitte des 3. Jahrhunderts vor Christus kleinere benachbarte Staaten unterwarfen. Um ihre Macht zu festigen, etablierten die Qin ein straff organisiertes Herrschaftssystem, das auch bei der späteren Reichseinigung eine entscheidende Rolle spielen sollte.

Aufstieg vom König zum Kaiser

Shihuangdi wurde als Ying Zheng, Sohn des Königs von Qin, im Jahr 259 vor Christus geboren. Er kam in einer Phase zur Welt, als das Königreich Qin mit sechs weiteren Staaten um die Vorherrschaft stritt. Heute ist diese Periode als die "Zeit der kämpfenden Reiche" bekannt. Nach dem Tod seines Vaters bestieg Ying Zheng bereits mit 13 Jahren als König Zheng den Thron von Qin.

Im Jahr 237 vor Christus übernahm er auch offiziell die Amtsgeschäfte, nachdem er zuvor seinen Berater Lü Buwei ins Exil geschickt hatte. Von nun an beschäftigte er sich mit einer Strategie zur Unterwerfung der übrigen sechs Reiche.

Zwischen 230 und 221 vor Christus eroberte Ying Zheng nach und nach die anderen Staaten und bereitete damit dem zersplitterten chinesischen Feudalreich ein Ende. Die Zeit der sich bekämpfenden Kleinstaaten war vorbei, die neue Reichshauptstadt hieß fortan Xi'an. Ying Zheng wurde zum ersten Kaiser Chinas und nannte sich ab jetzt Qin Shihuangdi, was soviel heißt wie "Erster erhabener Herrscher aus der Qin-Dynastie".

Ein rotes Tor vor einigen Hochhäusern

Die einstige Hauptstadt Xi'an

Reformen zur Reichseinigung

Nach der militärischen Zusammenführung machte sich Shihuangdi daran, sein Reich auch administrativ zu vereinen. Der Kaiser schaffte das Lehnswesen ab und gliederte das Land in 36 Präfekturen, welche wiederum in kleinere Verwaltungseinheiten unterteilt wurden.

Die jeweiligen Beamten, deren Titel nicht vererbbar waren, unterstanden der direkten Kontrolle Shihuangdis. So entstand ein zentralistisches Staatssystem, das in China bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts Bestand hatte.

Auch in wirtschaftlicher und kultureller Hinsicht bemühte sich der Kaiser um einheitliche Standards im Reich. Er ließ Maße und Gewichte im ganzen Land angleichen, reformierte die Rechtsprechung und führte ein straffes Steuersystem ein.

Als einheitliche Währung wurden Kupfermünzen mit einem Loch in der Mitte etabliert. Außerdem verfügte Shihuangdi, dass "Xiao Zhuan", eine kleine Siegelschrift, die zahlreichen anderen Schriftarten des Reiches ersetzen sollte.

Chinesische Münze mit einem viereckigen Loch in der Mitte

Einheitliche Münzen für das Reich

Da der Kaiser in seinem neuen Reich viele Inspektionsreisen unternahm, war ihm sehr daran gelegen, das Verkehrswesen auszubauen. Es entstanden zahlreiche neue Schnellstraßen und Kanäle. Darüber hinaus wurde die Achsbreite von Wagen normiert, um diese an die ebenfalls vereinheitlichte Spurbreite der Straßen anzupassen.

Bauwütiger Despot

Trotz seiner vielen bedeutenden Reformen war Shihuangdi laut Historikern kein beliebter Herrscher. Im Gegenteil: Er galt als selbstherrlicher Tyrann und Despot. Besonders bei den Adeligen war der Kaiser verhasst, da er sie mit seiner Staatsreform all ihrer Macht beraubt hatte.

Aber auch das einfache Volk hatte unter dem neuen Herrscher zu leiden. Für seine Bauwerke verpflichtete Shihuangdi Tausende Bauern zu Frondiensten. So ließ er unter anderem die Paläste der von ihm unterworfenen Fürsten originalgetreu in der Hauptstadt Xi'an nachbauen.

Sein neben der Terrakotta-Armee wohl berühmtestes Bauwerk ist die Große Mauer im Norden des Landes, die durch die Verbindung bereits bestehender Verteidigungsanlagen entstand.

Chinesische Mauer schlängelt sich einen Berg hinauf.

Shihuangdi begann mit dem Bau der Großen Mauer aus Natursteinen

Mit Oppositionellen soll Shihuangdi äußerst grausam umgegangen sein. Um seine ideologische Vormachtstellung zu stärken, gab er den Befehl, historische Aufzeichnungen aus der Zeit vor der Qin-Dynastie zu zerstören. Davon ausgenommen waren nur die Geschichtsbücher über sein Heimatreich Qin.

Als sich zahlreiche konfuzianische Gelehrte gegen dieses Vorhaben auflehnten, ließ der Kaiser sie angeblich zu Hunderten lebendig begraben.

Vergebliche Suche nach Unsterblichkeit

Zeit seines Lebens versuchte Shihuangdi hinter das Geheimnis der Unsterblichkeit zu kommen. Beispielsweise entsandte er eine große Expedition, die für ihn ein Lebenselixier finden sollte. Seine gigantische Grabanlage ist ein weiterer Hinweis auf das kaiserliche Verlangen nach einer unendlichen Existenz. Doch im Jahr 210 vor Christus starb Shihuangdi auf einer Inspektionsreise.

Einer seiner Söhne trat unter dem Namen Er Shihuangdi seine Nachfolge an. Nur kurz nach dem Tod des ersten Kaisers kam es jedoch im ganzen Land zu Aufständen, die schließlich 207 vor Christus zur Entmachtung Er Shihuangdis führten. Damit endete auch die Herrschaft der Qin nach nur 14 Jahren und es entstand die Han-Dynastie.

(Erstveröffentlichung 2006. Letzte Aktualisierung 30.03.2020)

Quelle: WDR

Darstellung: