Leben im Mittelalter
Die Richental-Chronik
Einige Jahre nach dem Ende des Konstanzer Konzils erschien die so genannte Richental-Chronik – ein Buch, das der Konstanzer Bürger Ulrich von Richental verfasst hatte. Sie dokumentiert Alltagsleben und wichtige Ereignisse während des Konzils (1414-1418).
Von Ana Rios
Wieviel zahlte man in Konstanz während des Konzils für den billigen Wein – und was kostete der gute Wein für die wohlhabenderen Bürger? Was aß man in den Jahren von 1414 bis 1418 und wie konnte man die vielen Gäste aus aller Welt in der mittelalterlichen Stadt unterbringen und verpflegen? Die alltäglichen Beschreibungen in der Richental-Chronik sind von herausragendem Quellenwert.
Aber auch die großen politischen Ereignisse während des Konzils in Konstanz hat der Chronist Ulrich Richental genau beobachtet und dokumentiert. Im Rosgarten-Museum in Konstanz wird diese wertvolle Chronik des Mittelalters verwahrt.
Ulrich von Richental (um 1360-1437) war ein wohlhabender Kaufmann in Konstanz und Sohn des Stadtschreibers. Als Zeitzeuge hatte er die wichtigsten Ereignisse der Kirchenversammlung erlebt und konnte sie in der Chronik sehr detailliert beschreiben.
Er verfügte zudem über viele gute Kontakte, die seine Recherchen bei den mächtigen Konzilsbesuchern erleichterten. Wissenschaftler sind sich heute allerdings auch einig, dass Ulrich von Richental einige der Geschichten in der Chronik erfunden hat.
Das trug ihm unter anderem auch das Attribut eines Boulevard-Journalisten des Mittelalters ein. Mit Ironie und Witz schildert er die Schwächen von bedeutenden Konzilsbesuchern.
Ein bedeutendes historisches Ereignis, das Ulrich von Richental für die Nachwelt sorgfältig rekonstruiert hat, ist der Schauprozess. Der Kirchenkritiker Jan Hus wurde nach seiner Verurteilung vor dem Stadttor von Konstanz im Juli 1415 öffentlich verbrannt. Ulrich von Richental erlebte die Hinrichtung selbst mit.
(Erstveröffentlichung 2013, letzte Aktualisierung 26.06.2019)
Quelle: SWR