"Von guten Mächten wunderbar geborgen
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist mit uns am Abend und am Morgen
und ganz gewiss an jedem neuen Tag."
Bonhoeffer schrieb diese Zeilen am 19. Dezember 1944 in seiner Gefängniszelle im Gestapo-Hauptquartier in Berlin. Es war kurz vor Weihnachten, er saß damals schon seit fast zwei Jahren in Haft. Die Aussichten auf einen Prozess oder gar Freilassung waren schlecht. Bonhoeffer durfte seinen Angehörigen nur noch sehr selten schreiben.
Das Gedicht verfasste er zum Geburtstag seiner Mutter am 30. Dezember und für Maria von Wedemeyer, mit der er sich kurz vor seiner Festnahme verlobt hatte – und zwar heimlich, weil Maria noch sehr jung war und ihre Familie daher eher skeptisch.
Das Gedicht kam mit seinem letzten Brief. Weder Maria noch Bonhoeffers Familie hörten danach jemals wieder etwas von ihm. Zeugen, die Dietrich Bonhoeffer in der Gefängniszeit erlebt haben, erzählten stets von seinen hoffnungsvollen Gedanken. Er sei bis zuletzt mutig gewesen und habe sich immer um seine Mitgefangenen gekümmert. Diesen Mut spiegelt auch das Gedicht wider.
(Erstveröffentlichung: 2006. Letzte Aktualisierung: 03.12.2019)
Quelle: WDR