Hinter dem Gebäude des Dokumentationszentrums Obersalzberg erheben sich die Berge.

Obersalzberg

Der Obersalzberg heute

Die Zerstörungen durch den Bombenangriff der Alliierten sowie die baulichen Veränderungen der Nachkriegszeit gaben dem Obersalzberg zum zweiten Mal innerhalb eines Jahrhunderts ein völlig neues Gesicht.

Von Gregor Delvaux de Fenffe

Ein schwieriges Erbe

Nach der umfassenden Zerstörung des so genannten "Führersperrgebiets" 1945 wurde der Obersalzberg von US-Streitkräften erobert und bis in die 1990er-Jahre von US-Militärangehörigen als Erholungsgebiet genutzt. Die Ruinen der prominentesten nationalsozialistischen Grundstücke wurden 1952 gesprengt: der Berghof, die Landhäuser Görings und Bormanns sowie die SS-Kaserne.

Die Areale wurden mit schnell und dicht wachsendem Unterholz bepflanzt und renaturiert. Nichts sollte mehr an die braune Vergangenheit erinnern. Das Land Bayern, aber auch die Alliierten, wollten buchstäblich "Gras über die Sache wachsen" lassen, um den Missbrauch des historisch belasteten Ortes zu verhindern.

Dokumentationszentrum statt Parteigästehaus

Erst im Jahr 1996 gaben die USA das Gelände vollständig an den Freistaat Bayern zurück – eine Rückgabe, die manch einem bayerischen Politiker Magenschmerzen bereitete.

Um die historische Authentizität des Ortes zu dokumentieren und für die Besucher aufzubereiten, wurde das Münchener Institut für Zeitgeschichte vom Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen mit der Konzeption einer Dauerausstellung beauftragt.

Im Jahr 1999 wurde das "Dokumentationszentrum Obersalzberg" eröffnet, das auf den Fundamenten des ehemaligen Partei-Gästehauses "Hoher Göll" steht. Neben der ständigen Ausstellung zum Obersalzberg und der Geschichte des Dritten Reiches lassen sich Areale des ehemaligen Bunkersystems besichtigen.

Überreste von Hitlers Berghof

Besucher, die den Obersalzberg ohne ortskundigen Begleiter aufsuchen, werden Mühe haben, die Reste des unmittelbar rechts neben dem Hotel "Zum Türken" gelegenen Berghofs überhaupt zu finden. Nur ein paar unscheinbare Fundamentreste und Stützmauern markieren noch den längst überwucherten Ort, wo einst Hitlers Berghof stand.

Unscheinbare Fundamentreste in einem verschneiten Wald markieren noch Hitlers ehemaligen Berghof.

Fundamente des Hitlerschen Berghofs

Das Hotel "Zum Türken" lag damals in unmittelbarer Nachbarschaft zu Hitler und hat die wechselvolle Geschichte des Obersalzbergs in besonderem Maße erlebt. Der damalige "Türken"-Wirt Karl Schuster war schon seit 1930 Mitglied der NSDAP und profitierte in den frühen 1930er-Jahren vom beginnenden Boom des Führer-Kults.

Doch 1933 kam es zum Zerwürfnis zwischen den Nationalsozialisten und Schuster. Der Wirt wurde in Schutzhaft genommen und zum Verkauf des Gasthofs gezwungen. In das Hotel zogen Reichssicherheitsdienst und Gestapo ein.

Nach dem Krieg konnte die Tochter des "Türken"-Wirtes die politische Verfolgung und den Zwangsverkauf durch Vorlage des Schutzhaftbefehls geltend machen und als einzige aus dem Führersperrgebiet vertriebene Obersalzbergerin die Rückgabe der Liegenschaft erstreiten.

Bis heute hält der Gasthof seinen Betrieb aufrecht. Die ehemaligen Bunkeranlagen des vom Reichssicherheitsdienst genutzten Gasthofbetriebes sind noch begehbar. Die Art der Präsentation kann allerdings nicht mit den unterirdischen Anlagen des Dokumentationszentrums mithalten.

Die Frontansicht des bekannten Obersalzberger Gasthofs 'Zum Türken'.

Obersalzberger Institution: Hotel "Zum Türken"

Das Kehlsteinhaus

Das "Kehlsteinhaus" wurde einst auf Anweisung von Martin Bormann errichtet, möglicherweise als Geschenk zu Hitlers 50. Geburtstag. Im Krieg und während der US-Besatzung blieb es unzerstört und ist bis heute eines der beliebtesten touristischen Ausflugsziele am Obersalzberg. Unter den Alliierten war es auch als "Adlerhorst" bekannt.

Das Gebäude thront knapp unterhalb des Gipfels des 1834 Meter hohen Kehlsteins, in dessen Inneren für die letzten 134 Meter extra ein Lift gebaut wurde. Der Lift ist bis heute in Betrieb. Der Bau der hochalpinen Zufahrtstraße zum Kehlsteinhaus – 1938 nach 13 Monaten Bauzeit fertig gestellt – gilt als technische Meisterleistung.

Das Kehlsteinhaus: Adolf Hitlers ehemaliges Teehaus bei Berchtesgaden. Ein Weg führt zum Haus auf einem Felssporn. Im Hintergrund Panoramalandschaft der Berchtesgadener Alpen.

Das 1834 Meter hoch gelegene Kehlsteinhaus

Luxushotel auf dem Göring-Hügel

Das 2005 eröffnete Hotel "Intercontinental Resort Berchtesgaden" am Obersalzberg, das inzwischen unter dem Namen "Kempinski Hotel Berchtesgaden" firmiert, ist ein umstrittenes Projekt. Erbaut auf genau jenem Hügel, auf dem Herman Göring seinerzeit sein Landhaus errichten ließ, bietet der Fünf-Sterne-Luxusbau mit seinen 138 Zimmern seinen Gästen jeden nur erdenklichen Komfort.

Die Meinungen über das Wellness-Hotel gehen aber auseinander. Während die einen sich nur schwerlich daran gewöhnen können, dass an einem so prekären Ort ein "Wohlfühltempel" für die Gutbetuchten steht, pochen die anderen auf die örtliche Tradition, den Obersalzberg als einen Ort der Erholung in grandioser Landschaft zu nutzen.

Der Rundbau des Intercontinental Resort Hotel am Obersalzberg.

Luxuriöser Zankapfel

Quelle: SWR | Stand: 03.12.2019, 17:40 Uhr

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