Ein älterer Mann im Rollstuhl mit einem lächelnd schauendem Kind im Kinderwagen neben sich

Behinderungen

Inklusion

Inklusion bedeutet so viel wie "Einbeziehung" oder "Berücksichtigung". Das heißt: Menschen mit Behinderung ihr Leben müssen nicht mehr an vorhandene Strukturen anpassen – sondern die Gesellschaft soll diese Strukturen ändern. Denn Inklusion ist ein Menschenrecht.

Von Beate Krol

Inklusion – was ist das?

Eine Behinderung kann jeden treffen. Manche Menschen kommen mit einer Behinderung zur Welt, andere werden durch das Alter oder einen Unfall dauerhaft eingeschränkt. Wie es dann im Leben weitergeht, hängt stark von der Gesellschaft ab, in der man lebt.

In Deutschland können Menschen mit Behinderung eine Schule besuchen, sie können arbeiten gehen oder von zu Hause ausziehen. Allerdings: Meinst ist die Schule eine Förderschule, der Arbeitgeber eine Behindertenwerkstatt und die Wohnung liegt in einem speziellen Heim.

Außerdem können unzählige bauliche Barrieren das Leben erschweren: Bordsteinkanten, Treppenstufen, enge Türen und nicht-behindertengerechte Toiletten. Auch Gebärdendolmetscher und Übersetzer für Leichte Sprache fehlen oft.

Die Inklusion versteht sich als Gegenentwurf dazu. In einer inklusiven Gesellschaft müssen behinderte Menschen ihre Bedürfnisse nicht an die Gegebenheiten anpassen, sondern umgekehrt werden die Gegebenheiten auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten.

Besucher der Alten Nationalgalerie in Berlin sitzen mit Kopfhörer vor Bildern.

Museumsbesucher mit Audioguide

In der Praxis kann das bedeuten, dass ein Auszubildender, der keinen Computer bedienen kann, einen persönlichen Assistenten bekommt, ein Mensch mit einer Lernbehinderung seine Behördenschreiben in Leichter Sprache erhält und ein blinder Museumsbesucher einen Audioguide vorfindet, der ihm die Ausstellungsstücke beschreibt.

Dazu gibt es in einer inklusiven Gesellschaft Leitsysteme für Behindertenparkplätze, Fahrstühle an allen S- und U-Bahnen, Rampen, breite Türen, behindertengerechte Toiletten und vieles mehr, was zur ungebremsten Mobilität und Teilhabe beiträgt.

Die UN-Behindertenrechtskonvention

In der öffentlichen Debatte entsteht manchmal der Eindruck, als sei Inklusion ein Luxus oder eine freiwillige Option. Tatsächlich hat sich Deutschland völkerrechtlich zur Inklusion verpflichtet – und zwar 2009 mit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention (BRK). In der BRK ist die Inklusion als Menschenrecht festgeschrieben. Die Monitoring-Stelle am Deutschen Institut für Menschenrechte überwacht als unabhängige Stelle den Prozess.

Damit haben die Autoren der BRK einen Wandel im Umgang mit Behinderungen eingeleitet. War die Haltung gegenüber behinderten Menschen bislang vom Fürsorgegedanken geprägt, fordert die BRK von den Staaten, alles zu tun, damit sich Menschen mit und ohne Behinderung auf Augenhöhe begegnen können.

Porträtaufnahme von Pablo Pineda

Der Spanier Pablo Pineda war der erste Uni-Absolvent in Europa mit einem Down-Syndrom

Was bringt die Inklusion?

Aus Sicht ihrer Befürworter liegen die Vorteile der Inklusion auf der Hand. Zum einen hilft sie den Menschen, ihr Potenzial zu entfalten. Zum anderen sorgt sie für mehr soziale Gerechtigkeit und Kontakt zwischen behinderten und nicht-behinderten Menschen.

Alles zusammen macht eine Gesellschaft lebenswert und lebendig.

Die Inklusionsbefürworter führen aber auch ökonomische Gründe ins Feld. So ergab eine Studie der Technischen Universität Berlin, dass es in ländlichen Regionen oft weniger Geld kostet, eine Schule barrierefrei zu machen, als die behinderten Schüler jeden Tag mit dem Schulbus zur Förderschule zu fahren.

Auch für einen Betrieb kann sich die Inklusion rechnen. So geben Unternehmen an, dass sich das Arbeitsklima mit der Einstellung von behinderten Menschen deutlich verbessert. Ein Effekt, den Schulen auch aus inklusiven Klassen kennen.

Zwei Mädchen auf dem Schulhof, eines sitzt im Rollstuhl.

Auf dem Schulhof für das Leben lernen

Manchmal besitzen behinderte Menschen auch besondere Fähigkeiten, die Unternehmen zugutekommen. Einige Software-Firmen stellen verstärkt Mitarbeiter mit dem Asperger-Syndrom ein, weil diese oft außerordentlich gründlich beim Überprüfen von Programmen sind.

Kritik an der Inklusion

Und welche Nachteile hat die Inklusion? Kritiker fürchten, dass behinderte Menschen in einer inklusiven Gesellschaft unter Leistungsdruck geraten und überfordert sind, weil sie täglich mit ihrem Anderssein konfrontiert werden.

Dazu kommen oft schlechte Rahmenbedingungen, sowohl in Schulen als auch in Unternehmen. Dass Separation (Trennung) für eine Gesellschaft besser ist als Inklusion, lässt sich daraus allerdings nicht ableiten. Eher stellt sich die Frage, wie solche Probleme überwunden und abgebaut werden können.

(Erstveröffentlichung 2013. Letzte Aktualisierung 16.07.2019)

Quelle: SWR

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