Kopfschmerzen sind eine regelrechte "Allerweltskrankheit" – und gegeben hat es sie schon immer. Auch bekannte Persönlichkeiten wie George Washington, Sigmund Freud und Gustav Mahler waren Kopfschmerzkandidaten, ebenso wie Prinzessin Margaret und Eugène Delacroix.
Das Phänomen Kopfschmerz dürfte so alt sein wie die Menschheit selbst. Nur die Erklärungsversuche, was dieses Leiden verursacht, wandelten sich im Laufe der Zeit.
Litt unter Kopfschmerzen: Gustav Mahler
Therapien im Wandel der Zeit
Die Menschen in der Steinzeit glaubten, dass im Kopf eingeschlossene Dämonen und böse Geister chronische Kopfschmerzen verursachten. Um sie zu vertreiben, schabte man ein Loch in die Schädeldecke. Ob der Patient von damals nach einem solchen Eingriff seine Kopfschmerzen wirklich los war, ist nicht überliefert.
Die alten Ägypter gingen etwas dezenter vor, glaubten sie doch vor über 3000 Jahren, die Götter und die Toten seien schuld am heftigen Pochen und Stechen im Kopf. Im Kampf gegen die Schmerzen rieben sie ihre Schläfen mit Fischköpfen ein oder betäubten sich mit Schlafmohn.
Die Araber wiederum schworen vor etwa 1000 Jahren auf Knoblauch. Ein Scheibchen davon, auf die Kopfhaut gesteckt, sollte dem Schmerz ein Ende bereiten. In besonders schweren Fällen bearbeiteten sie den Kopf mit scharfen Brenneisen, denn sie glaubten, dass Feuchtigkeit und Kälte im Gehirn schuld an den Qualen seien.
Im Mittelalter versprachen sich die Menschen Linderung von einem reinigenden Aderlass. Nach der damaligen Vorstellung stiegen die Dämpfe der schwarzen Galle aus dem Körper in das Gehirn und vergifteten das Blut.
Im Mittelalter ein beliebtes Heilverfahren: der Aderlass
Im 17. und 18. Jahrhundert dagegen sollten im Kopf herumkrabbelnde Insekten die Schmerzauslöser sein. In späteren Jahren konzentrierten sich die Menschen auf äußere Ursachen. So musste beispielsweise der Mond herhalten oder das Wetter. Letzteres gilt tatsächlich auch heute noch als möglicher Auslöser für Kopfschmerzen.
Kopfschmerzen – ein Volksleiden
Es ist aus heutiger Sicht schwer zu sagen, wie stark und wie häufig die Menschen früher unter Kopfschmerzen gelitten haben. Sicher weiß man dagegen, dass die Kopfschmerzfrequenz in den vergangenen Jahrzehnten deutlich angestiegen ist. Das heißt: Immer mehr Menschen haben immer häufiger Kopfschmerzen.
Das liegt zum einen daran, dass es heute viel differenziertere Diagnoseverfahren gibt und die Krankheit deshalb besser erkannt wird. Aber es sind auch bestimmte Faktoren dazugekommen, die zu einer Zunahme der Kopfschmerzen führen, vor allem bei Migräne und Spannungskopfschmerzen. Dazu gehören ein unregelmäßiger Lebensrhythmus und eine unsichere Lebenssituation.
Die Herausforderungen des Alltags sind anstrengend geworden. Eine ständige Überforderung bewirkt, dass die Schmerzschwelle weiter absinkt.
Auch Kinder bleiben von dieser Entwicklung nicht verschont. Wachsender Schuldruck und hohe Erwartungen der Eltern führen beispielsweise dazu, dass immer mehr Kinder unter Kopfschmerzen leiden.
Auch Kinder und Jugendliche leiden immer häufiger unter Kopfschmerzen
Selten lebensbedrohlich
Obwohl man heute mehr über das Phänomen weiß als je zuvor, stoßen die Betroffenen oft auf Unverständnis. "Jetzt hat sie wieder ihre Migräne...!" – ein vielfach strapazierter Spruch, den so oder ähnlich viele Kopfschmerzgeplagte zu hören bekommen.
Auch wenn die Attacken schmerzhaft und unangenehm sind – rein medizinisch sind sie für den Patienten nicht bedrohlich. Nur in den seltensten Fällen stecken hinter den Beschwerden gefährliche Erkrankungen.
Bei 90 Prozent aller Kopfschmerzen handelt es sich entweder um Migräne oder um Spannungskopfschmerz – oder um eine Mischung aus beiden. Die Schmerzen können die Patienten komplett aus der Bahn werfen.
Eine starke Migräne kann den gesamten Alltag aus den Fugen bringen. Manchmal sind Menschen mit Migräne oder häufigen starken Kopfschmerzattacken nicht mehr in der Lage, regelmäßig zu arbeiten und sozial isoliert.
Quelle: SWR | Stand: 25.05.2020, 14:07 Uhr