Menschen gehen über einen Markt in Kalkutta.

Kalkutta

Warum heißt Kalkutta jetzt Kolkata?

Viele größere und kleinere Städte in Indien haben in den vergangenen Jahrzehnten ihre Namen geändert, um die Bezeichnungen der Kolonialherrschaft abzulegen.

Von Götz Bolten

Experten schätzen, dass in Indien rund 1600 Sprachen gesprochen werden. Die Vielfalt zeigt sich auch in der Anzahl der Amtssprachen: Je nach Region kann man eine der 18 Amtssprachen wählen und hat gute Chancen, verstanden zu werden. Am besten sind diese Chancen jedoch mit Hindi und Englisch.

Die Inder sind stolz auf die Vielzahl ihrer Sprachen, doch sie sind auch Lokalpatrioten. So fürchten viele Inder, dass sich die Sprache Hindi im Norden des Landes immer weiter ausbreitet und die lokalen Sprachen verdrängt.

Auch die Sprache des ehemaligen Kolonialherrschers England wird zunehmend als linguistische Bedrohung gesehen. Viele große Städte haben bereits den kolonialen Beigeschmack aus den Stadtnamen entfernt.

Das frühere Kalkutta zum Beispiel heißt seit 2001 "Kolkata". Damit hat die Regierung Westbengalens die Aussprache des Stadtnamens nun auch im Schriftbild der mündlichen Aussprache vor Ort und der vorkolonialen Schreibweise angepasst.

Diese Versuche, die bengalische Sprache zu stärken, werden von vielen Bewohnern Kolkatas kritisch gesehen: Eine Umfrage kurz vor der Einführung des neuen Stadtnamens ergab, dass mehr als die Hälfte der Bürger gegen die Namensänderung war. Doch der Blick auf das gesamte Land zeigt: Der Trend ist nicht mehr umzukehren. Schon in den 1990er-Jahren wurde Bombay in Mumbai und Madras in Chennai umbenannt.

Sind dem kundigen Indienreisenden die Namensänderungen der größten Städte geläufig, wird es mit den weniger bekannten Städten schon schwieriger, denn auch die haben sich zum Teil umbenannt. Das ist häufig jedoch noch nicht bis in die aktuellsten Ausgaben der Reiseführer vorgedrungen. Kommt dann noch eine weitere lokale Namensgebung hinzu, ist die Verwirrung perfekt.

So kann es passieren, dass ein Tourist die Stadt Benares such und die Menschen auf der Straße ihm sagen, er sei in Varanasi. Fragt er dann einen Mönch, wird er erfahren, dass er sich in der heiligen Stadt Kashi aufhält.

(Erstveröffentlichung 2005. Letzte Aktualisierung 18.03.2020)

Quelle: WDR

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