Die Initialzündung für Lindgrens politisches Engagement war allerdings eher die Sorge um das eigene Einkommen. Es war im Jahr 1976, als Astrid Lindgren errechnete, dass ihre vom Staat festgelegte Steuerlast höher war als ihr Einkommen. Erbost trat die Sozialdemokratin aus der Partei aus und schrieb das Märchen "Pomperipossa in Monismanien", in dem sie die Steuerpolitik der Regierung kritisierte.
Die Sozialdemokratische Arbeiterpartei verlor die anschließenden Wahlen. Astrid Lindgren war dafür sicher nicht allein verantwortlich, aber sie hatte einen wichtigen Beitrag zur öffentlichen Diskussion geleistet.
Auch bei ihrem Einsatz für Tierrechte nutzte Lindgren ihre große Popularität. Gemeinsam mit der Tierärztin Kristina Forslund protestierte sie jahrelang gegen die Haltungsbedingungen von landwirtschaftlichen Nutztieren.
Ab Mitte der 1980er-Jahre versuchte sie, sich mit Artikeln und offenen Briefen in der auflagenstarken schwedischen Boulevardzeitung "Expressen" Gehör zu verschaffen – mit Erfolg.
Im Rahmen der Feierlichkeiten zu Astrid Lindgrens 80. Geburtstag im Jahr 1987 gab der damalige schwedische Premierminister Ingvar Carlsson die Verabschiedung eines neuen Tierschutzgesetzes bekannt. Es ging als "Lex Lindgren" (zu deutsch: "Lindgren-Gesetz") oder auch "Lex Astrid" in die Geschichte ein und war zu diesem Zeitpunkt das strengste Tierschutzgesetz der Welt.
Die "Lex Lindgren" garantierte unter anderem Kühen das Recht auf eine Wiese und Schweinen das Recht auf frisches Stroh. Auch die hormonelle Zufütterung von Mastvieh wurde eingeschränkt, Schlachthöfe wurden besser überprüft.
Die Regierung setzte zwar nicht alle Forderungen Lindgrens um, die "Lex Lindgren" war aber ein erster wichtiger Schritt und machte das Thema in der schwedischen Öffentlichkeit präsenter.
Lindgren selbst sagte später in einem Interview über das nach ihr benannte Gesetz: "Der Name bedeutet mir nichts. Aber die Regierung hatte immerhin genau kapiert, was wir wollten."
(Erstveröffentlichung: 2002. Letzte Aktualisierung: 30.07.2021)
Quelle: WDR