Land auf zwei Kontinenten
Das Staatsgebiet der Türkei liegt zu einem kleinen Teil in Europa und zum überwiegenden Teil in Asien. Die beiden stark befahrenen Meerengen Dardanellen und Bosporus sind die sichtbaren Trennlinien der beiden Landesteile, die vom Schwarzen Meer zum Mittelmeer verläuft.
Der ganz im Nordwesten gelegene europäische Teil macht nur etwa drei Prozent der gesamten Landesfläche aus. Die Ostthrakien genannte Region war im Laufe der Geschichte immer wieder heiß umkämpft und gehört erst seit 1923 endgültig zur Türkei, nachdem die Türkei im griechisch-türkischen Krieg 1922 siegreich war.
Auch wenn die Region nur einen kleinen Teil der Landesfläche ausmacht, so hat sie für die Türkei eine große Bedeutung: Der Großteil der Millionenmetropole Istanbul liegt nämlich auf dem europäischen Kontinent.
Der gesamte asiatische Teil der Türkei, etwa 97 Prozent der Landesfläche, wird als Anatolien bezeichnet. Von der Ägäis im Westen bis zur iranischen Grenze im Osten sind es etwa 2000 Kilometer, von der Schwarzmeerküste im Norden bis zum Mittelmeer im Süden etwa 800 Kilometer. Anatolien ist doppelt so groß wie die Bundesrepublik Deutschland, jedoch in weiten Teilen sehr viel dünner besiedelt.
Die Landschaft prägen in großen Teilen weite, fast menschenleere Hochebenen und zerklüftete Mittelgebirge, die von weiten fruchtbaren Flusstälern durchsetzt sind. Im Norden bildet das direkt an die Schwarzmeerküste angrenzende Pontische Gebirge mit seinen mehr als 3000 Meter hohen Gipfeln eine natürliche Wetterscheide, im Süden das am Mittelmeer gelegene Taurusgebirge mit seinen ebenfalls mehr als 3000 Meter hohen Gipfeln.
In Ostanatolien erheben sich einzelne Vulkane aus der Hochlandebene. Der mächtigste von ihnen ist der nahe der iranischen Grenze gelegene Ararat, mit 5137 Metern der höchste Berg der Türkei.
Der Ararat ist der höchste Berg der Türkei
Fast alle Türken sind Muslime
Schon vor langer Zeit wurden die fruchtbaren Ebenen in Anatolien von Menschen besiedelt. Die ersten Städte der Welt entstanden hier vor etwa 9000 Jahren, das mächtige Großreich der Hethiter hatte vor etwa 3500 Jahren sein Zentrum mitten in Anatolien.
Griechen und Römer brachten die antike Hochkultur und schufen blühende Städte an den Küsten. Sie alle hinterließen Spuren auf dem heutigen Gebiet der Türkei, die vor allem noch anhand der zahlreichen, gut erhaltenen archäologischen Ausgrabungen zu bewundern sind.
Die Araber brachten mit der Eroberung weiter Teile Anatoliens ab dem 7. Jahrhundert eine tiefgreifende kulturelle Veränderung mit, die bis heute die Türkei prägt: den Islam.
Etwa 99 Prozent der Türken sind heute nominell Muslime. Der Rest verteilt sich vor allem auf verschiedene christliche Strömungen, darunter armenische Christen, syrisch-orthodoxe Christen, griechisch-orthodoxe Christen, römisch-katholische Christen und Protestanten.
Laut Verfassung ist die Türkei ein laizistischer Staat, das heißt, das Staat und Religion voneinander getrennt sind. Lange Zeit war es Frauen zum Beispiel verboten, in öffentlichen Gebäuden und im öffentlichen Dienst das Kopftuch zu tragen.
2013 kippte Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan das Verbot und maß damit der Religion in der Öffentlichkeit wieder einen höheren Stellenwert bei. Die Türkei gehört zu den muslimisch geprägten Ländern, in denen die Scharia, das islamische Recht, nicht gilt.
99 Prozent der Türken zählen zu den Muslimen
Ein Vielvölkerstaat, der keiner sein will
Ist die Türkei heute religiös ein homogener Staat, so gibt es in der ethnischen Zusammensetzung deutliche Differenzen. Im Grunde genommen ist die Türkei ein Vielvölkerstaat, auf dessen Gebiet zahlreiche Ethnien leben.
Von den rund 83 Millionen Einwohnern (Stand 2019) sind zwischen 70 und 80 Prozent ethnische Türken. Die Zahlen sind nur Schätzungen, da in den staatlichen Volkszählungen nicht mehr nach der ethnischen Zugehörigkeit gefragt wird.
Die größte ethnische Minderheit stellen mit geschätzten 15 bis 20 Prozent die Kurden dar, die überwiegend im Ostteil des Landes leben. Weitere größere ethnische Gruppen sind die der Zaza, Tscherkessen, Georgier, Armenier, Bosniaken, Albaner und Araber. Von der einstmals großen griechischen Minderheit sind nur noch wenige tausend übrig geblieben.
Obwohl in der Türkei zahlreiche Bevölkerungsgruppen leben, erkennt der türkische Staat nur Juden, Armenier und Griechen als Minderheiten an. Grund dafür ist der Vertrag von Lausanne aus dem Jahr 1923, in dem die internationale Gemeinschaft die Türkei als Staat anerkannte. In dem Vertrag werden Bevölkerungsgruppen nur nach konfessioneller und nicht nach ethnischer Zugehörigkeit eingeteilt.
Die Kurden werden nicht als ethnische Minderheit anerkannt
Exportschlager Haselnüsse und Textilien, Devisenbringer Tourismus
Schon die ersten Bewohner wussten vor vielen tausend Jahren die fruchtbaren Ebenen der Türkei zu schätzen. Nach wie vor ist die Türkei in weiten Teilen ein landwirtschaftliches geprägtes Land. Etwa die Hälfte der Landesfläche wird landwirtschaftlich genutzt, gut 19 Prozent der Erwerbstätigen arbeiten im Agrarsektor.
Die wichtigsten landwirtschaftlichen Exportprodukte sind Haselnüsse, Feigen, Aprikosen, Kirschen und Gewürze. In der Produktion von Haselnüssen, die vorwiegend an den Berghängen der Schwarzmeerküste angebaut werden, ist die Türkei Weltmarktführer.
Der industrielle Sektor konzentriert sich auf wenige, aber stark expandierende Branchen. Gut 26 Prozent der Erwerbstätigen arbeiten vor allem in der Textil- und Bekleidungsindustrie, der KFZ- und Zuliefererindustrie sowie der Lebensmittelindustrie. Zu beobachten sind aber starke regionale Unterschiede: Die meisten Industriebetriebe finden sich in der Metropolregion Istanbul im Nordwesten der Türkei.
Der überwiegende Teil der Erwerbstätigen ist im Dienstleistungssektor beschäftigt, der Handel, Banken, Transport und Logistik sowie den Tourismus beinhaltet. Vor allem der Tourismus ist für die Türkei als Devisenbringer enorm wichtig. 2019 erwirtschaftete der Fremdenverkehrssektor mit 25,7 Milliarden Euro 12 Prozent des Bruttoinlandprodukts.
Auch der Tourismus konzentriert sich räumlich stark auf wenige Regionen. Die meisten Übernachtungen verzeichnen neben der Metropole Istanbul die Küstenregionen am Mittelmeer. Die meisten Türkei-Urlauber kommen aus Deutschland, gefolgt von Russland und Großbritannien.
Die gesamte Tourismusbranche ist aber immer wieder starken Schwankungen unterworfen. So kamen zum Beispiel nach zwei Anschlägen in der Tourismushochburg Antalya im Jahr 2006 deutlich weniger Urlauber in die Türkei als die Jahre zuvor.
Und auch durch die unruhige Lage nach dem Putschversuch gegen die Regierung von Staatspräsident Erdogan 2016 oder durch die Reisebeschränkungen in der Corona-Pandemie suchten sich viele Urlauber lieber andere Urlaubsziele als die Türkei. Bisher hat sich der Tourismussektor nach solchen Ereignissen aber immer wieder schnell erholt.
Alanya ist eine der Touristenhochburgen am Mittelmeer
(Erstveröffentlichung 2020)
Quelle: WDR | Stand: 07.10.2020, 08:46 Uhr