Wattenmeer

Von Gregor Delvaux de Fenffe (SWR)

Wanderung durchs größte Watt der Welt

Eine Mutter mit ihrer Tochter von hinten bei einer Wattenwanderung

Für jeden Städter, der asphaltierte Innenstädte gewohnt ist, ist eine Wattwanderung ein unvergessliches Erlebnis. Man spürt den Sand zwischen den Zehen und kann viele Pflanzen, Vögel und Meeresbewohner entdecken. Das Watt bietet Ökologie zum Miterleben.

Für jeden Städter, der asphaltierte Innenstädte gewohnt ist, ist eine Wattwanderung ein unvergessliches Erlebnis. Man spürt den Sand zwischen den Zehen und kann viele Pflanzen, Vögel und Meeresbewohner entdecken. Das Watt bietet Ökologie zum Miterleben.

Eigentlich ist Salz Gift für Pflanzen und Tiere. Doch die salzhaltigen Wattküstenstreifen sind keine öden Wüsten. In dichten, 20 Zentimeter hohen Büscheln gehört der Queller zu den charakteristischen Pflanzen des Watts. Da im Laufe der Vegetationsperiode die Salzkonzentration in der Pflanze steigt, saugt sich das Gewächs mit immer mehr Wasser voll. Um den Salzgehalt zu mindern, quellen die Zellen auf. Queller sind essbare Pflanzen: Junge Queller sind roh genießbar, ältere Pflanzen müssen vorher gegart werden.

Der 20 bis 30 Zentimeter lange, fingerdicke Wattwurm ist der wohl berühmteste Bewohner der weiten Wattlandschaften. Für das Ökosystem spielt der Wurm eine tragende Rolle: Er frisst nämlich den Boden des Wattenmeeres und belüftet ihn auf diese Weise. Dabei nimmt der Wurm die organischen Teilchen und Lebewesen des Bodens auf. Den Rest scheidet er in Form der überall sichtbaren Spiralhäufchen an der Oberfläche aus.

Miesmuscheln sind eine kulinarische Spezialität der Nordsee. Sie leben in dichten Muschelbänken im freien Watt und bilden dabei riffartige Felslandschaften. Wenn sich die Tiere bei Flut unter Wasser befinden, öffnen sich ihre Schalen einen Spaltbreit und die Muscheln filtern Kleinstlebewesen aus dem Wasser.

Die Sandklaffmuschel lebt bis zu 30 Zentimeter tief im Wattboden. Durch Atemschläuche (Siphone) hält sie Kontakt zur Oberfläche. Bei Erschütterungen des Bodens zieht sie ihre Siphone ein und speit dabei das überschüssige Wasser in einer Fontäne aus dem Atemloch. Dieses Verhalten hat der Sandklaffmuschel den Spitznamen "Pissmuschel" eingebracht.

Garnelen sind hervorragende Schwimmer und nachtaktive Jäger, immer auf der Suche nach kleinen Würmern oder Fischlarven. Sie leben vorzugsweise im Flachwasser der Gezeitenzone. Die kleinen Krebstierchen bilden das wirtschaftliche Kapital für die Krabbenfischer an der Nordsee. Mit langen Schleppnetzen holen sie die Garnelen tonnenweise an Deck der kleinen Krabbenkutter, um sie an Ort und Stelle zu kochen und für die weitere Verarbeitung vorzubereiten.

Die Scholle ist ein typischer Plattfisch der Nordsee. Dort lebt sie auf den sandigen Weichböden des Watts oder auf dem Grund der Priele. Mit ihrem schräggestellten Maul sucht sie nach kleinen Krabben, Garnelen und Würmern. Zur Tarnung gräbt sich die Scholle flach in den Sandboden ein, nur ihr Maul und ihre Augen sind dann noch zu sehen.

Die Lachmöwe ist der am häufigsten vorkommende Brutvogel im Watt. An der deutschen Nordseeküste zählt man jährlich mehr als 50.000 Brutpaare. Lachmöwen sind sehr anpassungsfähig und bei der Nahrungssuche nicht wählerisch. Hinzu kommt, dass sie eine Vielzahl von Techniken der Nahrungsaufnahme beherrschen, zum Beispiel Stochern, Hämmern, Stoßtauchen oder Betteln.

Der Austernfischer, auch Hallig-Storch genannt, ist weit verbreitet im Watt. Durch seinen roten Schnabel und den gellenden Ruf macht er überall auf sich aufmerksam . Anders als sein Name vermuten lässt, isst der Austernfischer keine Austern, sondern Muscheln. Mit seinem spitzen, kräftigen Schnabel meißelt er mit wenigen, gezielten Stößen die harten Muschelschalen auf und durchtrennt dabei den Schließmuskel der Schalentiere.

Schwarzer Kopf, roter Schnabel, rostbraune Brust – die Brandgans ist eine auffällige Erscheinung im Watt. Auffällig ist auch das Brutverhalten der Brandgans: die Weibchen legen die Nester vorzugsweise in Kaninchenbauten an. Oft werden die geräumigen Höhlensysteme dann von Kaninchen und Gans gemeinsam benutzt.

Der Rotschenkel gehört zu den scheuen Vögeln des Watts. Die Zugvogelart kommt nur außerhalb der Brutzeit ins Watt. Da er im Landesinneren brütet und dort sein Lebensraum schrumpft, ist der Rotschenkel in Deutschland mittlerweile als gefährdet eingestuft.

Seehunde lieben sandige Küsten und Flachmeerregionen. Der weitaus größte Teil der europäischen Seehundvorkommen lebt im Wattenmeer. Doch durch gnadenlose Jagd und schwere Virus-Epidemien verringerte sich die Zahl der Tiere bis in die 1990er Jahre dramatisch. Inzwischen dürfen höchstens noch die Jagdaufseher kranke Tiere erschießen, und die Seehundbänke sind erfreulicherweise wieder voll.

Der große Bruder des Seehunds, die Kegelrobbe, wurde fast 500 Jahre lang nicht im Wattenmeer gesichtet. Erst seit etwa 30 Jahren tummeln sich wieder einige Dutzend Tiere zwischen den Sandbänken von Sylt und Amrum. Die Robben sind sehr scheue Tiere, sie wahren einen großen Fluchtabstand. Wattbesucher sollten diese Distanz unter allen Umständen respektieren.

Stand: 16.03.2021, 09:46 Uhr

Darstellung: