Gründe für die Errichtung
Mit seinen knapp 550 Kilometern Länge ist der Limes das größte Bodendenkmal Mitteleuropas und ein eindrucksvolles Beispiel römischer Besitzansprüche in Germanien. 2005 wurde der Schutzwall in die Liste des Weltkulturerbes der UNESCO aufgenommen.
Zahlreiche Kastelle und Wachtürme wurden an seinem Verlauf rekonstruiert und in archäologischen Parks der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Rekonstruiertes Römerkastell bei Welzheim
Nach der verlorenen Varusschlacht im Jahre 9 nach Christus zogen sich die Truppen der Römer in die linksrheinischen Gebiete zurück. Die dichten Wälder und unzugänglichen Gegenden östlich des Rheins wurden als nicht einnehmbar eingestuft.
Der Gedanke an eine dauerhafte Eroberung und Sicherung dieser Gebiete wurde in den folgenden Jahrzehnten von allen römischen Kaisern verworfen.
Die bereits eroberten Regionen mussten jedoch bestmöglich gesichert werden. Da die meisten germanischen Stämme den römischen Legionen zahlenmäßig unterlegen waren, entwickelten sie eine Art Guerilla-Taktik. Sie überfielen die römischen Truppen häufig in unwegsamem Gelände und machten sich möglichst schnell wieder aus dem Staub.
Der römische Kaiser Domitian ließ daher in seinem Feldzug gegen den Stamm der Chatten Schneisen in den dichten Wald schlagen, Barrikaden errichten und Patrouillenwege anlegen, um einfallenden Germanen das Eindringen zu erschweren und ihnen gegebenenfalls den Rückzug abzuschneiden. Der Anfang der Grenzsicherung war damit gemacht.
Römische Kontrollen an der Grenze
Ein gigantisches Projekt
In der Folgezeit wurde der Limes weiter ausgebaut. Es sollte eine klare Grenzlinie zwischen den römisch kontrollierten Provinzen und den Gebieten außerhalb des Römischen Reiches gezogen werden.
Aus diesem Grund erbauten die römischen Besatzer ein Befestigungssystem, das den Rhein mit der Donau verbinden sollte. Der Grenzwall begann am Rhein nördlich von Andernach und endete in Eining bei Regensburg an der Donau.
Der obergermanische Teil verlief am Taunus entlang nach Nordosten, umschloss das fruchtbare Gebiet der Wetterau und zog sich dann nach Süden hin bis zum Main. Über mehrere Kilometer hinweg bildete der Main eine natürliche "nasse" Grenze, die nicht mit zusätzlichen Anlagen befestigt werden musste.
Südlich des Mains verlief der Limes dann 80 Kilometer schnurgerade nach Süden, bis er bei Lorch auf den rätischen Teil der Anlage traf und nach Osten abknickte. Dieser überquerte die Ausläufer der Schwäbischen Alb und der Fränkischen Alb, umschloss die fruchtbare Ebene des Nördlinger Ries und endete schließlich bei Eining an der Donau.
In der Anfangsphase um 100 nach Christus bestanden die Befestigungsanlagen lediglich aus geflochtenen Zäunen, an denen – im Abstand von wenigen hundert Metern bis zu zwei Kilometern – Holztürme aufgestellt wurden.
Etwa 30 Jahre später wurde eine durchgehende Holzpalisade errichtet, weitere 40 Jahre später wurden die langsam baufälligen Holztürme durch stabilere Steintürme ersetzt.
Zeitweilig bestand der Limes aus Holzpalisaden
Gegen Ende des 2. Jahrhunderts nach Christus wurden dann im obergermanischen Teil die Palisadenwände durch einen Wall mit vorgelagertem Graben verstärkt, im rätischen Teil Steinmauern errichtet, die die Wachtürme miteinschlossen.
Insgesamt 900 Wachtürme mit einer Besatzung von bis zu acht Mann wurden entlang der Grenze aufgestellt. Die Besatzung der in Sichtweite voneinander aufgestellten Türme hatte die Aufgabe, mögliche Einfälle frühzeitig zu beobachten und mittels Rauchzeichen zu melden. Im Hinterland der Grenze wurden im Abstand von einigen Kilometern 120 kleinere und größere Kastellanlagen errichtet.
Diese beheimateten so genannte Hilfstruppen von mehreren hundert Mann Stärke, die bei Gefahr sofort ausrücken konnten. Bei eventuellen größeren Angriffen konnten jederzeit Truppen aus den befestigten Legionslagern Mainz, Straßburg und Regensburg angefordert werden.
Der Donaulimes als Verkehrsader
Planet Wissen. 25.07.2024. 02:49 Min.. UT. Verfügbar bis 12.06.2028. ARD-alpha.
In erster Linie war der Limes aber nicht als undurchdringliches Bollwerk angelegt. Er sollte lediglich eine klare Grenze zwischen der zivilisierten, römischen Welt und den Gebieten außerhalb des römischen Einflussbereiches ziehen.
Zudem sollten entlang des Limes der Personen- und Warenverkehr kontrolliert, Zölle erhoben und die landwirtschaftlich fruchtbaren Gebiete gesichert werden. Er diente demnach vorwiegend zur Wahrung römischer Wirtschaftsinteressen und zur Sicherung des Wohlstandes in den besetzten Gebieten.
Rekonstruktion einer Grenzmauer mit Eckturm
Auswirkungen auf beiden Seiten
Für die Regionen, die durch den Limes vom Römischen Reich abgetrennt wurden, wurde er zu einer Kultur- und Wohlstandsbarriere. In den römischen Provinzen Germaniens war im Laufe der Zeit eine hervorragende Infrastruktur entstanden; Anbaumethoden, Bautechniken und hygienische Standards hatten sich enorm verbessert.
Der Alltag der germanischen Bevölkerung wurde von den Errungenschaften der römischen Zivilisation nachhaltig geprägt und verändert. Zudem brachte die Kaufkraft der an der Grenze stationierten Soldaten der ansässigen Bevölkerung einen bis dato nicht gekannten Wohlstand ein.
Als der Donaulimes nicht mehr Grenze war
Planet Wissen. 25.07.2024. 04:20 Min.. UT. Verfügbar bis 12.06.2028. ARD-alpha.
Auf der anderen Seite des Limes konnte die germanische Bevölkerung von den positiven Einflüssen der römischen Kultur nicht profitieren. Sie tauschte zwar einige Waren mit den Römern, übernahm jedoch nicht deren Lebensweise.
Auch die Anbaumethoden, die Viehzucht und die Bauweise änderten sich nicht. Sprache und Kultur blieben zwar erhalten, der Lebensstandard konnte aber nie dem römischen angepasst werden. Im Großen und Ganzen trennte der Limes eine reiche, entwickelte Region von einer ärmeren Randregion.
Auf der römischen Seite blühte die Wirtschaft
Ende des Limes
Die ökonomischen Unterschiede weckten natürlich Begehrlichkeiten auf der unterentwickelten Limesseite. Anfang des 3. Jahrhunderts kam es zu vermehrten germanischen Überfällen. Ironischerweise wurden viele der germanischen Krieger sogar vom römischen Heer ausgebildet, nutzten das erworbene Wissen jedoch für ihre eigenen Interessen.
233 nach Christus wurden große Teile der römischen Truppen in den Donauprovinzen für einen Krieg gegen die Perser abgezogen. Germanische Kriegerbünde nutzten die Schwäche Roms und starteten ausgedehnte Plünderungszüge jenseits des Limes. In den folgenden Jahren konnten die germanischen Verbände zwar zurückgeschlagen werden, der Wiederaufbau der zerstörten Gebiete stagnierte jedoch.
Da römische Truppen an zahlreichen anderen Krisenherden des riesigen Reiches gebunden waren, wurden viele Grenzübergänge geschlossen, Kastelle nicht wiederaufgebaut und Dörfer nicht wiederbesiedelt.
Mit der fehlenden Kaufkraft der abkommandierten Soldaten begann auch der wirtschaftliche Niedergang der germanischen Provinzen. Zudem war der Baumbestand in den vorangegangenen Jahrzehnten so stark dezimiert worden, dass eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Holz nicht mehr möglich war.
Mitte des 3. Jahrhunderts verschärften innere Streitigkeiten und rasch wechselnde römische Herrscher die Krise in Germanien. Soldaten wurden in römischen Bürgerkriegen aufgerieben, angeworbene Söldnertruppen "bezahlten" sich selbst durch Plünderungen.
Germanische Völker drangen bis tief nach Gallien, Spanien und Italien ein. Nur mit Mühe konnte die erste Invasion der germanischen Eindringlinge zurückgeschlagen werden. In der Zwischenzeit war die Limesregion zu einer Art Niemandsland verkümmert. Das militärische Potenzial zur Sicherung der Grenzen war mit der Zeit komplett verschwunden.
Im Jahre 274 nach Christus ließ der römische Kaiser Aurelian das Limesgebiet endgültig räumen, die Militärgrenze wurde auf den Rhein zurückverlegt. Überreste der Anlagen blieben zwar erhalten, doch die Bevölkerung vergaß im Laufe der Zeit die Funktion der Bauwerke.
So wurde die Steinmauer des rätischen Limes später im Volksmund "Teufelsmauer" oder "Heidenmauer" genannt.
Erst Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Verlauf des Limes durch die neu gegründete Reichs-Limes-Kommission gründlich erforscht. Mittlerweile sind zahlreiche Kastelle, Wachtürme und Wallanlagen originalgetreu rekonstruiert worden.
Auch die UNESCO erkannte die Schutzwürdigkeit der Anlagen und nahm den Limes 2005 in die Liste des Weltkulturerbes auf.
Vorbildlich rekonstruierte Anlagen
(Erstveröffentlichung 2006. Letzte Aktualisierung 13.07.2021)
Quelle: WDR