Wie kam die Katze zum Menschen?
Planet Wissen. 00:52 Min.. Verfügbar bis 26.08.2029. WDR. Von ZDF/Terra X/Spiegel TV/ Nanje de Jong-Teuscher, Kirsten Hoehne/Anja Schütze, Uli Weinlein/Tricky; https://terraxplaincommons.zdf.de.
Haustiere
Katzen
Die Freundschaft zwischen Katze und Mensch entstand nicht erst vor 3600 Jahren im alten Ägypten, sondern schon vor ungefähr 11.000 Jahren im Nahen Osten. Jahrtausendelang war die Katze eine gern gesehene Jägerin. Dann kam die Zeit der Hexenverfolgung.
Von Susanne Decker
Katzen schließen sich dem sesshaften Menschen an
Ein Katzengrab auf Zypern brachte die bisherige Theorie zum Einsturz, dass sich Katzen erstmals im alten Ägypten den Menschen angeschlossen hätten. 2004 entdeckten französische Forscher das etwa 9500 Jahre alte Grab in der Nähe eines Menschengrabs auf Zypern. Die Vermutung liegt nahe, dass es sich um die Hauskatze des Menschen handelte.
Da auf Zypern ursprünglich keine Katzen vorkamen, müssen Menschen die Katzen im Boot mitgebracht haben – wahrscheinlich vom nahen Festland, also dem heutigen Syrien, Libanon, Israel, Jordanien und Palästina.
Katzen – genauer: nubische Falbkatzen – hatten sich also vermutlich schon den Menschen angeschlossen, als im Nahen Osten vor etwa 11.000 Jahren die Landwirtschaft und Sesshaftigkeit begann.
Durch die Vorräte der Menschen wurde Mäuse angezogen, und die Katzen jagten diese Mäuse, was wiederum die Menschen freute.
Seit Jahrtausenden Begleiter der Menschen
Aufstieg zur Gottheit
Zur richtigen Hauskatze wurde die Katze aber wahrscheinlich tatsächlich erst im alten Ägypten, also vor ungefähr 3600 Jahren. Abbildungen zeigen Katzen, die Halsbänder tragen, aus Schüsseln fressen oder unter Stühlen sitzen.
Die Ägypter waren den neuen Verbündeten nicht nur dankbar dafür, dass sie die Mäuse aus ihren Kornspeichern jagten. Auch die Anmut und Schönheit dieser Tiere verzauberte die Menschen.
Die Dankbarkeit der Ägypter für ihre eleganten Mäusejäger verwandelte sich schnell in Liebe. Sie bewunderten die Katzen so sehr, dass daraus ein richtiger Kult entstand. Die Göttin Bastet, Tochter des Sonnengottes Re, war für Liebe, Fruchtbarkeit und Vermehrung zuständig und hatte die Gestalt einer Katze.
Die göttliche Karriere begann 2000 vor Christus und erreichte ihren Höhepunkt ungefähr 500 Jahre später. Der Tempel der Katzengöttin Bastet lag in Bubastis, was "Haus der Bastet" bedeutet. Unzählige Katzendarstellungen sind aus dieser Zeit erhalten: Statuen, Gemälde und Papyruszeichnungen.
Wer eine Katze verletzte, wurde mit dem Tode bestraft. Starb eine Katze, legten die Bewohner des Hauses Trauerkleidung an und rasierten sich die Augenbrauen.
Viele verstorbene Katzen wurden nach Bubastis gebracht, einbalsamiert und im Mausoleum beigesetzt. Archäologische Grabungen legten enorme Mengen von Katzenmumien frei.
Im alten Ägypten gab es sogar Katzensärge
Katzenschmuggel nach Europa
Lange Zeit war es in Ägypten strengstens verboten, Katzen außer Landes zu bringen. Im Ausland aber waren die Tiere sehr beliebt. Damit florierte der Katzenschmuggel, den mit Vorliebe phönizische Seefahrer betrieben. Wer es schaffte, eine Katze "Made in Egypt" zu ergattern, hatte ein Statussymbol als Haustier.
So kam die ägyptische Falbkatze auch nach Europa. Dort gab es zwar schon die europäische Variante der Wildkatze, die sich allerdings kaum zähmen ließ. Um die Vorräte zu schützen, wurden bis zur Ankunft der ägyptischen Falbkatze oft Frettchen als Mäusejäger eingesetzt.
Die Griechen waren von den Tieren ebenso angetan wie die Ägypter – viele Fresken und Mosaike zeugen heute noch davon. Weniger emotional sahen es die Römer: Für sie waren Katzen lediglich mobile Mäusevernichter. Zu diesem Zweck wurden sie sogar bei den Eroberungsfeldzügen mitgeführt und eingesetzt.
Von der Freundin zum Sündenbock
Jahrhundertelang war die Katze den Europäern eine gute Freundin. Dann kam die Zeit der Hexenverfolgungen in der frühen Neuzeit. Die Menschen suchten Sündenböcke und Teufelssymbole – und die Wahl fiel unter anderem auf die Katze. Für die wurde es ab jetzt sehr ungemütlich.
Als Verbündete der angeblichen Hexen und Hilfsgeister der Teufel wurden Katzen verfolgt, gequält und auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Man glaubte, dass der Hausgeist einer Hexe mit Vorliebe im Leib einer Katze wohne – diese schlüpfe dann in die Ställe, um das Vieh zu verderben.
Warum es ausgerechnet die Katze so hart getroffen hat, kann man nur vermuten. Vielleicht, weil die christlichen Patriarchen die seit Urzeiten bestehende innige Beziehung zwischen Frauen und Katzen fürchteten. Oder weil die Katze nach den überlieferten Mythologien der Ägypter, Griechen und Römer in engem Kontakt mit dem Mond und der Unterwelt stand.
Immer noch ein Symbol des Aberglaubens
Es geht wieder bergauf
Im 18. Jahrhundert waren schließlich sowohl Hexen- als auch Katzenverfolgungen überstanden. Das Misstrauen und einige Vorurteile blieben aber noch lange bestehen. So hat sich bis heute der Aberglaube gehalten, dass eine schwarze Katze Unglück bringt, wenn sie von der linken Seite die Straße überquert.
Aber nach und nach siegte die Einsicht, dass die Katze dem Menschen doch von großem Nutzen sein kann – sie wurde wieder als Mäuse- und Rattenjägerin geschätzt.
Heute ist die Katze das beliebteste Haustier der Deutschen: Fast zwölf Millionen von ihnen gibt es. Viele Menschen schätzen die Ambivalenz der Katzen: Mal sind sie kuschelig und mal kratzbürstig, mal unabhängig und mal anhänglich, mal lieb und mal wild.
(Erstveröffentlichung 2003, letzte Aktualisierung 25.02.2020)
Quelle: SWR