Hurrikan Katrina erreicht New Orleans (am 29.08.2005) WDR ZeitZeichen 29.08.2015 14:46 Min. Verfügbar bis 26.08.2025 WDR 5


Download Podcast

Stürme

Hurrikan Katrina

Im August 2005 erreichte Hurrikan Katrina die US-Golfküste und wurde zu einer der verheerendsten Naturkatastrophen in den USA. Vor allem das Schicksal von New Orleans machte weltweit Schlagzeilen.

Von Annika Franck

Katastrophe mit Ansage

Eine echte Überraschung war es nicht. Seit langem ahnten die Bewohner von New Orleans, dass ihre Stadt vor den Folgen eines starken Hurrikans nur ungenügend geschützt wäre. Schon 2002 hatten auch Wissenschaftler der Universität von Louisiana in Computersimulationen den Untergang der Südstaatenmetropole vorhergesehen.

Einen Grund für den ungenügenden Schutz, so die Experten, seien die menschlichen Eingriffe in das Marschland der Mississippi-Mündung. Am 29. August 2005 kam mit Katrina die Gewissheit, dass die Vorhersagen richtig gewesen waren.

Schlimmste Befürchtungen wurden wahr

"Es sind genau die Befürchtungen wahr geworden, die man lange Zeit hatte", bestätigt Professor Jochem Marotzke, Direktor des Max-Planck-Instituts für Meteorologie in Hamburg. "Umso bemerkenswerter waren die Folgen, weil es sich um das reichste Land der Welt handelt, und um eine Stadt von der Größe und Bedeutung wie New Orleans."

Mit rund 280 Kilometern pro Stunde traf Katrina auf die Küste und fegte über die 450.000-Einwohnerstadt hinweg. Am Nachmittag brachen auf 150 Metern die Dämme und die Wassermassen schossen ins Zentrum. Hinzu kamen sintflutartige Regenfälle; Menschen, Autos und ganze Häuser wurden einfach weggefegt.

In der Stadt, die von Natur aus an drei Seiten von Wasser umgeben ist (Mississippi, Golf von Mexiko, Lake Pontchartrain), stieg das Wasser auf 7,60 Meter. Das Zentrum war zu 80 Prozent überschwemmt. New Orleans war von der Außenwelt fast völlig abgeschnitten, es gab kein Trinkwasser, keinen Strom, es kam zu Plünderungen, Gewalt und Schießereien.

Männer waten durchs hüfthohe Wasser und schieben ein Boot.

Land unter in New Orleans

Völliges Versagen der Hilfssysteme

"Es war unglaublich zu sehen, was alles nicht möglich war", erinnert sich Hurrikan-Experte Marotzke. "Der Katastrophenschutz war völlig überfordert. Tausende Menschen saßen im Football-Stadion fest, und es funktionierte gar nichts mehr."

Die nationale Koordinierungsstelle für Katastrophenhilfe geriet in die Kritik, weil sie zu spät reagierte und außerstande schien, Hilfseinsätze zu koordinieren. "Man hätte also zumindest die Auswirkungen des Hurrikans mildern können", ist Marotzke überzeugt.

Mindestens 1800 Tote und ein Schaden von rund 125 Milliarden US-Dollar, so lautet die Bilanz der staatlichen Wetter- und Ozeanografiebehörde der USA. Rund eine Million Einwohner verloren ihr Zuhause, vor allem in den US-Staaten Louisiana und Mississippi.

Vorwürfe wurden laut, dass vor allem die Stadtviertel der weißen Mittel- und Oberschicht auf sicherem Terrain standen, während die ärmere schwarze Bevölkerung zu den Hauptleidtragenden der Katastrophe wurde.

Zahlreiche Menschen an und auf Feldbetten.

Notunterkunft nach der Flut

Weitere Hurrikan-Forschung nötig

Unzweifelhaft reagierten die Behörden zu spät, Evakuierung und Hilfsleistungen verzögerten sich. Doch auch die Meteorologen hatten nicht mit dieser zerstörerischen Kraft Katrinas gerechnet.

"Zunächst zog Katrina über die Halbinsel von Florida, wurde dann schwächer und zog wieder aufs Meer hinaus. Dort gewann der Hurrikan noch mal unheimlich an Stärke hinzu. Wir haben den Effekt dieser Verstärkung noch nicht gut verstanden. Man kann zwar die Zugbahn solcher Wirbelstürme gut vorhersagen, aber die Stärke nicht", erklärt Jochem Marotzke.

Der Schlüssel zum Verständnis könnte nach Ansicht der Wissenschaftler in den Wechselwirkungen zwischen oberster Wasserschicht und dem Hurrikan liegen – es besteht also weiterer Forschungsbedarf.

Anzeichen für vermehrte Wirbelstürme

Ob das, was New Orleans widerfahren ist, künftig mehr Städte und Küstenstreifen treffen wird, ist Experten bisher nicht klar. "Es gibt gewisse Anzeichen, dass es künftig mehr Hurrikans geben wird, aber die Evidenz ist nicht so deutlich. Zwar gibt es starke Anzeichen, aber wir haben noch nicht genügend zuverlässige Vergleichsdaten", sagt Marotzke.

Hinzu komme, dass es bisher kein globales Klimamodell gebe, das die starken Hurrikans unter Berücksichtigung der globalen Erwärmung vorhersagen könne. "Bisher gibt es keine Rechner mit den entsprechenden Kapazitäten."

Auswirkungen auf Deutschland und Europa

Katrina ist der Beweis dafür, dass ein tropischer Hurrikan auch Auswirkungen auf Deutschland und Europa haben kann. Der Wirbelsturm zerstörte Bohrplattformen im Golf von Mexiko, ein weiterer Hurrikan namens Rita richtete rund vier Wochen später weitere Zerstörungen an.

Als Folge konnte im Golf von Mexiko kein Öl gefördert werden, was zu einer Explosion der europäischen Rohöl- und Benzinpreise führte. "Das zeigt die Zusammenhänge und Folgewirkungen", betont Marotzke. "Außerdem ist das Beispiel eine gute Antwort auf die Frage: "Wie viel Forschung braucht der Klimaschutz?"

(Erstveröffentlichung: 2009. Letzte Aktualisierung: 12.12.2019)

Quelle: WDR

Darstellung: