Die Hündin Laika wird ins All geschossen (am 3.11.1957). WDR ZeitZeichen. 03.11.2022. 14:47 Min.. Verfügbar bis 03.11.2099. WDR 5.
Weltraumforschung
Geschichte der bemannten Raumfahrt
Die Geschichte der bemannten Raumfahrt ist untrennbar mit dem Kalten Krieg verbunden. Der Wettlauf zwischen Russen und Amerikanern brachte schließlich den Menschen ins All.
Von Robert Manz
Die Russen machen den ersten Schritt
Als die Sowjetunion 1957 mit einer R-7-Rakete den Satelliten Sputnik 1 ins All bringt, ist das für die USA ein Schock. Es geht um die Vorherrschaft im Weltraum, um strategische Planungen im Kalten Krieg, um Prestige und Macht. Die Reaktion der Amerikaner erfolgt prompt.
Sie gründen 1958 die Raumfahrt-Agentur "NASA" und starten das "Mercury-Programm". Beide Supermächte wollen als erste einen Menschen in den Weltraum schicken und ihre technologische Überlegenheit demonstrieren.
Niemand weiß, was auf den Menschen im All zukommt. Auch die Raketen-Technik steckt noch in den Kinderschuhen. Das Risiko für Weltraum-Flüge ist enorm und so ist es zunächst die russische Hündin Laika, die als Versuchsobjekt herhalten muss. 1957 umkreist sie als erstes Lebewesen die Erde, stirbt aber leider aufgrund eines technischen Defektes in Sputnik-2.
Die Amerikaner ziehen nach, schicken 1959 mit einer Redstone-Rakete den Rhesus-Affen Sam für elf Minuten ins All. Er hat mehr Glück, kommt bei der Landung nur beinahe ums Leben.
Das erste Lebewesen im All – Hündin Laika
Der erste Mensch im All
In Folge entwickeln beide Nationen Raumkapseln, aber es sind erneut die Russen, die den ersten Meilenstein in der Geschichte der bemannten Raumfahrt setzen. Am 12. April 1961 startet der Armeeoffizier Juri Gagarin mit der Wostok 1 und schafft die Sensation.
Seine Überlebenschancen werden zwar nur auf 50:50 geschätzt, aber er schafft es. Der Testpilot umrundet in 106 Minuten einmal die Erde und kehrt danach wohlbehalten zur Erde zurück. Wieder ein Schock für die USA. Erneut waren die Russen ihnen um mehr als eine Nasenlänge voraus.
Juri Gagarin, der erste Mensch im Weltall
Die Amerikaner ziehen nach
Militär-Testpilot Alan Shepard startet knapp drei Wochen nach Gagarin mit einer Mercury-Redstone-Rakete. Er umkreist jedoch nicht die Erde, sondern fliegt in seiner Raumkapsel "Freedom" "nur" eine ballistische Flugbahn und erreicht eine Höhe von 187 Kilometern. Der Stachel sitzt tief.
Nur eine Woche danach tritt John F. Kennedy vor den amerikanischen Kongress und verkündet, dass die USA bis zum Ende des Jahrzehnts auf dem Mond landen werden.
Von da an geht es Schlag auf Schlag. Bis 1965 erproben die Amerikaner im Rahmen des "Mercury-Programms", wie man Menschen sicher ins All bringt und wie man Raketen steuert. Die Sowjetunion betreibt zeitgleich das Vostok-Programm mit ähnlichen Zielen und startet bereits 1964 das "Woschod-Programm".
Erster Amerikaner im All – Alan Shepard
Der Wettlauf verschärft sich
Mit einer weiterentwickelten Woschod-Raumkapsel bringt die Sowjetunion im Oktober 1964 erstmals drei Kosmonauten gleichzeitig ins All. Und bei der Woschod-2-Mission gelingt dem Russen Alexej Leonow sogar der erste Weltraumspaziergang.
Er entgeht dabei nur knapp dem Tod, weil sich sein Raumanzug aufbläht und er nur unter größten Schwierigkeiten den Weg zurück in die Raumkapsel findet. Aber die Amerikaner müssen zuschauen, wie die UdSSR Raumfahrtgeschichte schreibt.
Alexej Leonow (links) gelingt der erste Weltraumspaziergang
Die Amerikaner starten dann 1965 das "Gemini-Programm". Es dient ebenfalls der Vorbereitung für eine Mondlandung. Eine Titan-Rakete bringt jetztdie neuen Gemini-Raumkapseln mit jeweils zwei Astronauten ins All. Im Rahmen des Programms werden die für die Mondlandung notwendigen Techniken entwickelt und erprobt.
Dem Amerikaner Ed White gelingt dabei ebenfalls ein Weltraumspaziergang. Die Crews sammeln Erfahrungen im Umgang mit Computersteuerung und es finden auch erste Aussetz- und Kopplungsmanöver im All statt.
Als 1966 Raketenkonstrukteur Sergei Koroljow stirbt, erleidet das russische Raumfahrtprogramm einen entscheidenden Rückschlag. Der Kopf und Lenker fehlt und die Russen verlieren immer mehr Boden im Wettlauf zum Mond.
Kopplungsversuch zwischen Gemini 6 und 7
Auf dem Weg zum Mond – das Apollo-Programm
1966 beginnt die NASA das "Apollo-Programm", die letzte Phase auf dem Weg zum Mond. Sie entwickeltdie gewaltige Trägerrakete Saturn V, die genug Schubkraft besitzt, um die ebenfalls neue Drei-Mann-Raumkapsel "Apollo" sowie eine Landefähre in Richtung Mond zu befördern.
Das Tempo des Programms ist enorm hoch. Unter keinen Umständen wollen die Amerikaner sich von den Russen im Wettlauf zum Mond schlagen lassen. Auch nachdem drei Astronauten bei Tests in der Vorbereitung zur Apollo-1-Mission in der Kommandokapsel verbrennen, ist die NASA immer noch bereit, allergrößte Risiken einzugehen, um den engen Zeitplan Kennedys einzuhalten.
In einer Apollo-Raumkapsel zum Mond
Die Mondlandung
Nach dem tragischen Unglück folgen neun Apollo-Missionen mit Vorbereitungscharakter. Zunächst werden die Saturn V, die Apollo-Kommandokapsel und die Mondlandefähre erprobt.
Mit Apollo 8 fliegen dann erstmals die Astronauten Bormann, Lovell und Anders zum Mond, umrunden ihn zehn Mal und kehren sicher zur Erde zurück. Den Russen gelingt auf dem Weg zum Mond nur noch wenig.
Sie haben das Rennen zu diesem Zeitpunkt bereits verloren. Nach Apollo 8 folgen noch Tests – und Kopplungsmänover mit der Mondfähre sowie ein simulierter Landeanflug im Mondorbit.
"Earthrise" – fotografiert von Astronaut William Anders während der Apollo 8- Mission
Und dann ist es so weit: Am 20. Juli 1969 gelingt den Astronauten Neil Armstrong, Michael Collins und Edwin Aldrin mit der Apollo 11-Mission die erste Mondlandung.
600 Millionen Menschen auf der Erde sehen zu, wie die beiden Astronauten Armstrong und Aldrin zweieinhalb Stunden auf der Mondoberfläche verbringen und dort 21 Kilogramm Mondgestein sammeln. Nach ihrer Rückkehr auf die Erde müssen die Helden noch 17 Tage in Quarantäne. Die NASA hat Angst vor unbekannten Weltraumorganismen.
Aber danach gibt es in New York eine große Parade, die Helden der Nation werden gebührend gefeiert. Mit Apollo 17 endet das amerikanische Mondprogramm. Die Sowjetunion schafft es noch nicht, Menschen auf den Mond zu bringen, immerhin gelingt es ihnen aber, 1971 mit Lunochod 1 den ersten ferngesteuerten Rover auf einem fremden Himmelskörper zu landen.
Buzz Aldrin beim Ausstieg aus der Landekapsel – aufgenommen von Neil Armstrong
Eine neue Ära bricht an – Leben und Forschen im All
Schon Ende der 1960er Jahre beginnt die UdSSR mit einem neuen Programm. Die neue Vision heißt: leben und forschen im All. Das soll im Erdorbit auf einer Raumstation möglich werden.
1971 bringt Sojus-10 die Raumstation Saljut 1 ins All. Bis 1986 sammeln die Russen Erfahrungen mit Saljut-Raumstationen, deren Lebensdauer zeitlich beschränkt ist. Dann beginnt die Ära der Raumstation "MIR", der ersten dauerhaft auf wissenschaftlichen Betrieb ausgerichteten Raumstation im All.
Auch die Amerikaner wollen im All forschen. Sie entwickeln dafür die Space Shuttles: kostengünstige, wiederverwendbare Raumfähren, die das Forschungslabor "Spacelab" für einige Tage ins All bringen. An diesem Programm sind erstmals auch die Europäer beteiligt.
Nach dem Ende des Kalten Kriegs und der deutschen Wiedervereinigung beteiligt sich die ESA auch am russischen Raumfahrtprogramm. 1995 besucht der deutsche Astronaut Thomas Reiter für ein halbes Jahr die MIR. Mit der Wende eröffnen sich der bemannten Raumfahrt neue Möglichkeiten – erstmals steht einer internationalen Zusammenarbeit der raumfahrenden Nationen nichts mehr im Wege.
Die Internationale Raumstation "ISS"
Bereits zwei Jahre vor Reiters Aufenthalt werden zwischen Amerikanern und Russen erste Pläne für eine gemeinsame Raumstation geschmiedet. Bis 1998 schließen sich 13 weitere Staaten dem Projekt an: Im November 1998 wird dann das erste Bauteil der ISS ins All gebracht, die Station im Laufe der Jahre immer weiter ausgebaut.
Thomas Reiter verbringt dort 2006 ein weiteres halbes Jahr im All – so lange war außer den Russen noch kein Europäer im All. Ein endgültiges Ende der ISS ist bis jetzt noch nicht in Sicht. Das russische Modul der Internationalen Raumstation ISS soll bis 2028 in Betrieb bleiben.
Unser Außenposten im All – die ISS
(Erstveröffentlichung 2015. Letzte Aktualisierung 21.04.2023)
Quelle: SWR