Mann mit Totenkopfmaske.

Fabelwesen

Geister und Grusel

Geister und Zombies, Werwölfe und Aliens, UFOs und Yetis: Warum gibt es in allen Kulturen solche Schreckgestalten, die den Menschen Furcht einflößen?

Von Ingo Neumayer

Der "Schwarze Mann" als Erziehungshelfer

Zwar ist sich die Wissenschaft weitgehend einig: Bislang gibt es keine Beweise für die Existenz von Aliens, Vampiren, Werwölfen, Yetis oder Geistern. Trotzdem gibt es viele Menschen, die an solche Schreckgestalten glauben.

Geister und Gruselgestalten finden sich zu allen Zeiten und in jeder Kultur. Sie haben vielfältige Funktionen. Eine ist die Kindererziehung: Wer nicht brav ist oder nachts nicht schlafen will, muss mit einem Besuch vom Schwarzen Mann rechnen.

Geschichten mit Schreckgestalten sollen auch vor gefährlichen Orten wie Wäldern oder Gewässern warnen – ein Motiv, das sich ebenfalls in vielen Märchen findet.

"Disparates 2": Bild von Francisco de Goya, das einen Geist zeigt.

Geister sind auch in der Malerei ein beliebtes Motiv

Eine kleine Typologie

Der Glaube an Geister und Gespenster wird psychologisch oft auf eine Personifizierung des Todes zurückgeführt: Wir Menschen können uns mit unserer Sterblichkeit nicht abfinden und so bieten Geister eine Möglichkeit, in einer anderen Form weiterzuleben, auch wenn das Herz nicht mehr schlägt.

Tatsächlich sind viele Geister Totengeister – also die Seelen Verstorbener, die weiter auf der Erde wandeln. Totengeister spielten nach Meinung vieler Forscher schon in der Steinzeit eine Rolle, die Motive der Wiederauferstehung und Entstofflichung tauchen später auch in vielen Religionen auf.

Neben den klassischen Totengeistern gibt es noch zwei weitere Gruppen: Hausgeister und Naturgeister. Manche Hausgeister sind den Menschen wohl gesonnen (Heinzelmännchen), manche treiben Schabernack (Kobolde), manche haben Böses im Sinn (Poltergeister).

Dioe Geschichten von Naturgeistern sind oft mit den Elementen verbunden. Zwerge, Feen und Elfen hausen angeblich im Wald und in der Erde, Nixen und Nymphen im Wasser. Drachen und Lindwürmer gelten als Feuergeister, während Luftgeister wie der von Goethe und Shakespeare beschriebene Oberon sich um Wind und Wetter kümmern.

Gemälde, auf dem drei leicht bekleidete Frauen und zwei Fische um einen gold blinkenden Schatz herum schwimmen.

Nixen leben laut Legende im Wasser

Die Kultur des Grauens

In modernen Gesellschaften hat der Glaube an Geister und Übersinnliches zwar nachgelassen. In Filmen und Büchern, Bildern und Songs kommen sie aber weiterhin vor: Geister, Monster und Aliens sind ein wichtiger Teil der Popkultur.

Psychologisch gesehen können gruselige Filme und Romane dabei helfen, irrationale Ängste in einem gesicherten Rahmen auszuleben. Die Katharsis-Hypothese geht davon aus, dass der Zuschauer eines gewalttätigen Horrorfilms seine eigenen Aggressionen abbaut.

Besessenes Mädchen: Filmszene aus "Der Exorzist".

Durch Gruselkino weniger aggressiv?

Tierisch gruselig

Je größer, desto gruseliger: Unter diesem Motto standen viele Tiermonster, die im 20. Jahrhundert erfunden wurden. Eines der berühmtesten war 1933 King Kong: das erste Filmmonster, das nicht auf einer Buchvorlage basierte.

Als Reaktion auf die atomare Bedrohung im Kalten Krieg tauchten ab den 1950er-Jahren mutierte und zu enormer Größe angewachsene Kreaturen auf: die gefräßige Riesenspinne Tarantula, die gemeine Mega-Ameise Formicula und nicht zu vergessen Godzilla, der japanische Drachenechsensaurier. In den 1970ern sorgte dann der Weiße Hai für Panik unter Schwimmern und Nichtschwimmern.

King Kong brüllend im Urwald.

King Kong: Filmmonster ohne Buchvorlage

Nachts erwachen die Blutsauger

Tiere können also durchaus bedrohlich sein und einen ängstigen. Da wundert es nicht, dass es auch menschliche Gruselfiguren gibt, die tierische Elemente in sich tragen.

Die bekannteste ist der Vampir: ein Untoter, der sich laut Legende aus seinem Sarg erhebt und manchmal die Eigenschaften einer Fledermaus in sich trägt. Manche Vampirgestalten wie Dracula können fliegen, andere verwandeln sich sogar in eine Fledermaus. Allen gemein ist: Sie sind nachtaktiv und ernähren sich von Blut.

Wer sich vor Vampiren schützen will, muss angeblich Knoblauch, Weihwasser, Amulette mit Kreuzen und einen spitzen Holzpflock dabei haben. Einmal durchs Herz gepfählt, bleibt der Vampir für immer in seinem Sarg, erzählt die Legende.

Eine Fledermaus mit spitzen Eckzähnen.

Der "Gemeine Vampir" fällt über Rinder her

Zottelig und bedrohlich: Werwolf und Yeti

Genau wie Fledermäuse machen auch Wölfe vielen Menschen Angst. So entstand bereits im antiken Griechenland die Gruselgestalt des Werwolfs.

Laut Legende haben Werwölfe oft einen Pakt mit dem Teufel geschlossen und können sich vom Mensch zum Wolf verwandeln. In der modernen Variante, die es seit dem Film "The Wolf Man" (1941) gibt, wird man durch den Biss eines Werwolfes selbst zu einem. Moderne Werwölfe leben angeblich unerkannt unter uns, nur bei Vollmond soillen sie ihre blutrünstige Seite zeigen.

Nicht wolfs- sondern bärenähnlich soll der Yeti sein – sagt zumindest Bergsteiger Reinhold Messner, der daran glaubt, dass es ihn wirklich gibt. Der Yeti ist groß, behaart und hat Schuhgröße 71, wenn man den Fußabdrücken glauben kann, die am Himalaja aufgetaucht sind.

Zombies: Untote mit Hunger auf Menschenfleisch

Zombies waren ursprünglich afrikanische Totengeister, die moderne Variante basiert auf haitianischem Voodoo-Glauben. Dort führt der Fluch eines Magiers zum Scheintod eines Menschen, der durch Voodoo-Rituale wieder zum Leben erweckt wird. Allerdings ist dieses Leben wenig erquicklich: Voodoo-Zombies sind willenlose Sklaven, die harte Arbeit verrichten müssen.

1932 krochen diese Zombiegestalten erstmals in die Kinos. Der Regisseur George A. Romero brachte den Mythos zurück: durch seine Filme "Die Nacht der lebenden Toten" (1968) und vor allem durch "Zombie – Dawn of the Dead" (1978). Die Filmhandlung: Wer einmal von einem Zombie gebissen wurde, wird wenig später selbst ein Teil der immer größer werdenden Masse, die mit leerem Blick und ausgestreckten Armen langsam durch die Straßen schleift.

Zombies greifen an: Filmszene aus "Dawn Of The Dead".

Eklig, aber populär: Zombies

Psychologen und Filmwissenschaftler sahen in den Zombie-Filmen, die Ende der 1970er sehr populär wurden, eine Allegorie auf die moderne Massengesellschaft, die den Wegfall aller Normen und Moralvorstellungen verarbeiten und auch konsumkritische und politische Motive verwenden.

Später veränderten sich in Filmen wie "28 Days Later" (2002) Geschwindigkeit und Intellekt der fleischfressenden Monster deutlich: Aus schleichenden wurden rennende Monster, die zudem ein Bewusstsein entwickeln.

Der Glaube an außerirdische Intelligenz

Außerirdische sind moderne Fabelwesen und die Schreckgestalten mit der größten Spannbreite in Verhalten und Persönlichkeit. Unter ihnen finden sich gefräßige Monster ("Alien") und kuschelige Quasi-Familienmitglieder ("ALF"), sie sind mal schöpferisch tätig ("2001"), mal destruktiv ("Independence Day"), es gibt sie in der sensiblen Variante ("E.T."), als bösartige Quälgeister ("Mars Attacks!") oder als weise Beschützer ("The Abyss").

Und es erstaunlich viele Menschen glauben, dass es auch in Wirklichkeit Außerirdische gibt. 25 Millionen US-Amerikaner gaben in einer Umfrage Mitte der 1990er-Jahre an, schon einmal ein UFO gesehen zu haben. Unter ihnen waren sogar zwei ehemalige US-Präsidenten: Jimmy Carter und Ronald Reagan.

Wie sehen Aliens aus?

Planet Wissen 18.12.2023 04:17 Min. UT Verfügbar bis 16.10.2028 ARD-alpha

(Erstveröffentlichung: 2012. Letzte Aktualisierung: 19.07.2019)

Quelle: WDR

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