Sensation in den letzten Zeilen
Die Soldaten sicherten die Küste der alten ägyptischen Hafenstadt im westlichen Nildelta gegen Angriffe der Briten, als ihnen bei Bauarbeiten der besondere Stein in die Hände fiel. Zum Glück erkannte der Offizier die Bedeutung des Fundes und meldete ihn dem Institut d'Egypte.
Das Besondere an diesem schwarzen Stein: Er lieferte den Schlüssel zur Entzifferung der Hieroglyphen. Auf dem Stein waren drei Texte in drei verschiedenen Schriften eingemeißelt: in Hieroglyphen, Demotisch und Griechisch. Das Griechische war für die Gelehrten leicht zu entziffern. Zu lesen war eine Verordnung der altägyptischen Priester aus Memphis (196 vor Christus).
In den letzten Zeilen des griechischen Textes versteckte sich die Sensation. Dort war zu lesen, dass der Beschluss in drei Schriften aufgeschrieben werden sollte. Somit war klar, dass das, was in Hieroglyphen und Demotisch zu sehen war, den gleichen Inhalt wie der griechische Text haben musste.
Die verschiedenen Schriften
Der obere Teil des Steins von Rosette ist in der so genannten Sprache der Götter verfasst, der hieroglyphischen Schrift. Er ist stark beschädigt und umfasst daher nicht den kompletten Inhalt der Verordnung.
Der mittlere Teil wurde in der Schrift der Urkunden, der demotischen Schrift, aufgezeichnet. Die demotische Schrift hatte etwa 650 vor Christus die hieratische Schrift, die Schreibschrift der Hieroglyphen, abgelöst und sich dann zur herkömmlichen Urkundenschrift des alten Ägyptens entwickelt.
Der Stein von Rosette
Der Schlüssel zur Entzifferung
Sinngemäß also ein und derselbe Text in drei verschiedenen Schriften und zwei verschiedenen Sprachen, Ägyptisch und Griechisch. Dies musste der Schlüssel zur Entzifferung der mystischen Hieroglyphen sein. Abschriften des Steines wurden angefertigt und an europäische Gelehrte verteilt.
Viele Gelehrte bemühten sich jedoch vergeblich um die Entschlüsselung. Denn das Schriftsystem der Hieroglyphen ist komplex und die Annahme, es handele sich bei den Hieroglyphen um eine reine Bilderschrift, führte viele Gelehrte auf eine falsche Fährte.
Erst 1822 – also mehr als zwei Jahrzehnte nach dem sensationellen Fund des Steins von Rosette – veröffentlichte der französische Sprachwissenschaftler Jean-François Champollion die Ergebnisse seiner Forschung. Bald darauf wurde die Entzifferung der Hieroglyphen abgeschlossen. Heute befindet sich der Stein im Britischen Museum in London.
Welche Hieroglyphen bebilderten die griechischen Wörter?
Quelle: SWR | Stand: 09.12.2020, 16:41 Uhr