Übers Wasser – schnell, aber gefährlich
Seit 2017 sinkt die Zahl der Flüchtlinge, die es tatsächlich in ein Land der Europäischen Union (EU) schaffen, denn die EU hat ihre Außengrenzen weitgehend geschlossen. Viele Menschen entscheiden sich für den gefährlichen Wasserweg, gilt er doch als der schnellste Weg, um ohne Einreisegenehmigung nach Europa zu kommen.
Weil es keine legalen Zuwanderungsmöglichkeiten gibt, sind die Flüchtlinge häufig auf teilweise skrupellose Schleuser angewiesen, die ihre "Kunden" mitunter in seeuntauglichen oder überladenen Schiffen transportieren. Im Wesentlichen gibt es drei Hauptrouten, um die Flüchtlinge übers Wasser nach Europa zu bringen.
Nichts hält die Menschen mehr in ihrem Heimatland
Spanien und Italien
Die westliche Route übers Mittelmeer führt von Marokko aus auf das spanische Festland. Die meisten dieser Flüchtlinge kommen aus Marokko, Mali, Guinea oder der Elfenbeinküste. Ein klarer Vorteil dieser Route ist die geringe Entfernung zum europäischen Festland.
Die Mehrzahl der Flüchtlinge nutzt jedoch die zentrale Mittelmeerroute. Diese führt von Libyen oder von Tunesien aus nach Italien. Die meisten Flüchtlinge, die diese Route benutzen, kommen ursprünglich aus den Ländern Tunesien, Pakistan, Elfenbeinküste oder Algerien.
In Lampedusa strandeten in den vergangenen Jahren viele Flüchtlinge
Zahlreiche Flüchtlinge strandeten in den vergangenen Jahren zunächst auf der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa. Aufgrund ihrer Lage gilt die kleine Mittelmeerinsel als der südlichste Zipfel Europas. Sie liegt genau zwischen Tunesien und Sizilien. Die Insel war lange Zeit ein erstes Anlaufziel für Flüchtlinge, da die Entfernung zu Tunesien nur rund 140 Kilometer beträgt.
Doch Lampedusa steht inzwischen auch als Symbol für eine verfehlte EU-Flüchtlingspolitik. Für den Tod von unzähligen Menschen, für deren Schicksal sich offenbar niemand zuständig fühlt, insbesondere seit Italien 2017 mit Libyen ein Abkommen geschlossen hat: Die "libysche Küstenwache" fängt Schlepperboote mit Flüchtlingen ab und erhält dafür Geld von Italien und der EU. Allerdings wird dieses Abkommen oft kritisiert, denn es gibt viele Berichte darüber, dass die "libysche Küstenwache" selbst teilweise aus Menschenhändlern besteht, die Flüchtlinge misshandeln.
Die EU und die Flüchtlingskrise
Planet Wissen. 23.10.2023. 02:27 Min.. UT. Verfügbar bis 01.03.2028. WDR.
Beschwerliche Ausweichrouten
Es gibt noch einen weiteren Fluchtweg über das Mittelmeer: die sogenannte östliche Route. Diese führt über die Türkei nach Griechenland. Seit Ausbruch des Krieges in Syrien Anfang 2011 versuchen viele Menschen über diesen Weg in die Europäische Union zu gelangen. Besonders von Syrern, Afghanen, Kongolesen und Irakern wird diese Fluchtroute genutzt.
Die gefährlichste aller Fluchtrouten über das Meer ist hingegen die westafrikanische Route. Denn der Atlantik ist unruhiger und damit riskanter als das Mittelmeer. Viele Flüchtlinge aus Westafrika nehmen den Weg auf die Kanaren, um von dort aus aufs spanische Festland zu gelangen.
Seit 2016 gibt es auf allen großen Mittelmeerrouten verschiedene Abkommen, sogenannte "Flüchtlings-Deals": seit 2016 zwischen der EU und der Türkei, seit 2017 zwischen Italien und Libyen und schon seit längerer Zeit zwischen Spanien und Marokko. Das Prinzip ist immer das gleiche: Die EU gibt Geld und Ausrüstung, dafür hindert die Küstenwache des jeweiligen Landes die Menschen an der Überfahrt nach Europa.
Quelle: SWR | Stand: 25.04.2020, 14:00 Uhr