Göttliche Visionen
Hildegard von Bingen wurde 1098 als eines von insgesamt zehn Geschwistern geboren. Weder ihr genauer Geburtsort noch ihr Geburtstag sind bekannt. Als Kind soll sie kränklich gewesen sein und schon unter ihren berühmten Visionen gelitten haben. Auch deswegen wurde sie als Kind in die Obhut eines Klosters gegeben, um religiös erzogen zu werden.
Sie war Autorin und Beraterin vieler einflussreicher Persönlichkeiten ihrer Zeit, wie Friedrich Barbarossa oder dem damaligen Papst. Bekannt ist das durch verschiedene Briefwechsel, die bis heute erhalten sind. Ihre Bücher befassen sich mit Religion, Medizin, Ethik und Musik.
Sie berichtete immer wieder von göttlichen Visionen, die sie ereilten. Ab 1141 schrieb sie ihre Erkenntnisse auf Latein nieder. In dieser Zeit entstand auch ihr vermutlich bekanntestes Werk, "Scivias".
Hildegard von Bingen berichtete immer wieder von göttlichen Visionen
Eine neue Volksmedizin
Ein zweiter Meilenstein in der Lebensgeschichte Hildegard von Bingens ist die Gründung des Klosters Rupertsberg. Um 1150 bezog sie mit ihren Schwestern die neue Wirkungsstätte. Diese führte sie so erfolgreich, dass sie den Neid anderer Klosteräbtissinnen auslöste und immer wieder gegen Gerüchte und Missgunst ankämpfen musste. Ihr selbstbewusstes Auftreten führte gleichzeitig zu einem hohen Bekanntheitsgrad.
Hildegard von Bingen verfasste auch medizinische Abhandlungen, basierend auf ihrem Kräuterwissen. Ihr Werk "Causae et curae" setzt sich beispielsweise mit Entstehung und Behandlung verschiedener Krankheiten auseinander.
Hildegard brachte die medizinische Tradition ihrer Zeit mit dem Heilkräuterwissen aus der Volksmedizin zusammen und schuf so eine vollkommen neue Volksmedizin. Ihre Heilmethoden erfuhr sie nach eigenen Angaben auch durch göttliche Visionen, in denen sie die Wirkung von Heilpflanzen oder auch gesunder ganzheitlicher Ernährung erkannte.
Heilpflanzen, Kräuter und Gewürze spielten eine große Rolle im Leben der Äbtissin
Gewürze als Heilmittel
Neben Heilpflanzen und Kräutern spielten Gewürze eine große Rolle im Leben der Äbtissin. Ingwer, Bertram, Galgant und andere längst vergessene Gewürze kamen bei ihr zum Einsatz. Teils wurden sie pulverisiert und in einen Teig aus Dinkel verknetet. Daraus ließ Hildegard von Bingen Rollen formen und sie in der Sonne trocknen. Diese Küchlein wurden als Krankenkost verwendet.
Hunderte Heilkräuter kommen in den Büchern Hildegard von Bingens vor, darunter auch zwei ihrer Lieblingsgewürze: Bertram und Galgant. Beide kamen nahezu täglich auf den Tisch, Bertram wegen seiner positiven Wirkung auf die Verdauung, Galgant wegen seiner durchblutungsfördernden Funktion und seiner Hilfe bei Magenleiden und Verstopfung.
Hildegard war für viele Menschen schon zu Lebzeiten eine Heilige – auch aufgrund ihrer medizinischen Kenntnisse. 2012 wurde sie von der katholischen Kirche offiziell in den Heiligenkalender aufgenommen.
Quelle: SWR | Stand: 08.02.2021, 12:25 Uhr