Die ersten Teppiche
Vor rund 10.000 Jahren stellten Nomadenvölker und die ersten sesshaften Bauern Teppiche aus Schafswolle her. Die ältesten Teppiche muss man sich als eine Art Filz vorstellen. Ihre Herstellung war denkbar einfach: Die geschorene Schafswolle wurde nass gemacht und immer wieder zusammengedrückt, bis der Filzteppich fertig war.
Von höherer Qualität sind handgewebte Teppiche wie Kelims, die meist im Kaukasus, im Iran und in der Türkei gefertigt werden. Das Besondere des Kelims ist, dass der Schussfaden auf beiden Seiten das Muster bildet.
Der älteste noch heute existierende Teppich, der je gefunden wurde, ist der Pasyryk. Er wurde von russischen Archäologen im Altaigebirge in der nördlichen Mongolei entdeckt. Der Teppich lag rund 2500 Jahre lang im Grab eines einheimischen Fürsten versteckt.
Die Knüpftechnik
Im zentralasiatischen Raum entwickelte sich die raffinierteste Art der Teppichproduktion, die Knüpfkunst. Im Gegensatz zu gewebten Teppichen sind geknüpfte Teppiche in der Machart wesentlich komplizierter. Im Zuge der Völkerwanderung verschiedener Turkstämme drang die Knüpfkunst in den Mittelmeerraum bis in die Türkei vor.
Geknüpfte orientalische Teppiche sind wesentlich stabiler und belastbarer als gewebte Teppiche. Bei den Teppichknüpfern im Orient dominieren zwei Arten von Knoten: der persische Senneh- und der türkische Ghirodes-Knoten. Beide werden nicht nur in ihren Herkunftsländern verwendet, sondern auch im Kaukasus, in China und Nordafrika.
Knüpfteppiche waren bereits in der Antike ein absolutes Luxusprodukt, das sich nur reiche Viehzüchter leisten konnten. Man unterscheidet zwischen wertvollen Teppichen, die zu Repräsentationszwecken genutzt wurden, und Alltagsteppichen, die sich jedermann leisten konnte.
Die Gebrauchsteppiche kamen in fast allen Lebenslagen zum Einsatz: als Tischdecke, Schlafdecke, Satteltasche, Beutel für Lebensmittel, Pferdedecke, Wand- oder Bodenteppich.
Auch heute noch Handarbeit
Die Orientteppiche
Orientteppiche werden im gesamten Nahen, Mittleren und Fernen Osten hergestellt und zwar innerhalb eines Gebietes, das 3500 Kilometer lang und 1800 Kilometer breit ist und von Albanien nach China reicht.
Orientteppiche unterscheiden sich sehr stark in ihrer Qualität, ihrer Form und ihrem Aussehen. Sie können aus Seide, Wolle oder Ziegenhaar bestehen, einen dicken Flor haben oder dünn gewebt sein.
Es gibt Orientteppiche, die nicht größer als ein Papiertaschentuch sind und als Gastgeschenk mitgebracht werden, und Teppiche, die 1000 Quadratmeter groß sind und Paläste schmücken. Der größte, in Iran handgeknüpfte Teppich der Welt ist fast 6000 Quadratmeter groß und besteht aus 45 Tonnen Wolle und Baumwolle.
Unterteilt werden die Orientteppiche nach den heute üblichen Landesgrenzen, das heißt es gibt unter anderem anatolische, turkmenische, kaukasische, afghanische, chinesische und die berühmten Perserteppiche aus dem heutigen Iran.
Außer den geografischen Regionen unterscheidet man noch die Städte oder "Provenienzen", aus denen die Teppiche stammen. Persien untereilt sich in viele Provenienzen wie Hamadan, Täbriz, Ghoum, Nain oder Teheran.
Der klassische Perserteppich mit seinen typischen Mustern entstand erst im 18. Jahrhundert. Im 19. Jahrhundert brach der Teppichmarkt auf Grund einer wirtschaftlichen Rezession in Persien völlig zusammen. Erst zu Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden wieder Kopien der klassischen Perserteppiche.
Europäische Teppiche
Die ersten Teppiche brachte bereits Alexander der Große im 3. Jahrhundert vor Christus von seinen persischen Eroberungen nach Europa mit. Seit dieser Zeit hatten Fernostreisende und Händler wie Marco Polo immer wieder Teppiche im Gepäck.
Unter dem Einfluss der maurischen Kultur in Spanien entstand im 8./9. Jahrhundert nach Christus auf der Iberischen Halbinsel das erste europäische Teppichzentrum. Hier wurden überwiegend Teppiche nach orientalischem Stil geknüpft – ähnlich wie in England zu Beginn der Frühen Neuzeit.
Einwanderer aus dem Nahen und Mittleren Osten fertigten "englische Orientteppiche" nach anatolischen Vorlagen mit geometrischen Mustern oder nach persischen Vorlagen mit Tier-, Blumen- und Baummotiven.
In Frankreich dagegen entstand eine ganz andere Teppichkultur. Je nach Region oder Besitzer der Teppichwerkstatt wurden hier unter anderem Gobelins oder Aubusson-Teppiche gewebt.
Viele Wandteppiche waren kein fürstliches Luxusprodukt, sondern Massenware, die billig hergestellt wurde. Sie sollten Wärme und Gemütlichkeit in die Häuser bringen, die oft aus Natursteinmauern bestanden.
Belgischer Bildteppich aus der Zeit um 1582
Quelle: SWR | Stand: 23.01.2020, 16:30 Uhr