Adelige Reiterspiele als Ursprung
Das Wort Karussell stammt vom französischen "carousel" und italienischen "carosello" ab, dem Reiterspiel mit Ringelstechen. Im 18. Jahrhundert trainierten junge Adelige bei diesem Spiel ihre Reitfertigkeiten, indem sie versuchten, im Galopp mit einer Lanze Ringe aufzuspießen, die an einem Balken hingen.
Ein ähnliches Spiel war schon im Mittelalter bekannt. Um ihre Geschicklichkeit zu schulen, setzten sich Ritter auf den Rand eines sich drehenden Gestells und fingen im Vorbeifahren Ringe mit der Lanze.
- Anja Grebe, G. Ulrich Großmann: Burgen in Deutschland, Österreich und der der Schweiz, Michael Imhof Verlag, Petersberg 2007
- Helmut Papenberg: Das Leben in der mittelalterlichen Stadt, Auer Verlag, Augsburg 2018
- G. Ulrich Großmann: Burgenforscher Otto Piper – zum 100. Todestag, Deutsches Burgenmuseum Veste Heldburg, Heldburg 2021
- G. Ulrich Großmann: Burgen und Schlösser – Entdecken und Verstehen, Schnell & Steiner Verlag, Regensburg 2009
- Fachberatung: Dr. Adina Christine Rösch, Kunsthistorikerin und ehemalige Direktorin des Deutsches Burgenmuseum Veste Heldburg
Weiterentwicklung zum Fahrgeschäft
Im Laufe des 18. Jahrhunderts veränderte sich der Charakter der Reiterspiele. Im Vordergrund standen nicht mehr die Leistungen der Reiter, sondern zunehmend die Unterhaltung der Hofgesellschaft, woran sich auch Damen beteiligten. So entstand aus der Kombination der mittelalterlichen Ritterspiele und des Ringstechens das erste Karussell mit Holzpferden – angetrieben durch reine Muskelkraft.
Um 1701 finden sich erste Hinweise auf diese mechanischen Drehvorrichtungen, die zunächst im Hofbereich und in Gartenanlagen aufgestellt wurden. Sie bestanden meist aus einem drehbaren ebenerdigen Holzkreuz, an dessen Ende ein hölzernes Pferd im Galopp stand.
Um diese Konstruktion herum hingen Ringe, die an einem Haken befestigt waren und heruntergeholt werden mussten. Diese ersten Karusselle im eigentlichen Sinn wurden durch Personen angeschoben, die im Inneren der Konstruktion standen.
Vom höfischen Vergnügen zur Volksbelustigung
Mit der Zeit entdeckte auch die einfache Bevölkerung das Karussell für sich. Im Jahr der Eröffnung des Wiener Praters 1766 gab es ein Pferdekarussell. Das Ringelstechen blieb dabei noch lange Zeit Bestandteil des fahrenden Vergnügens.
Um 1800 war die Karussells bereits in ganz Europa verbreitet. Sie befanden sich jedoch größtenteils noch an stationären Orten, zum Beispiel in einem Badeort oder einem Lustgarten. Beim Münchener Oktoberfest tauchte es das erste Mal 1818 auf.
Die ersten Karussells, die ohne Muskelkraft fuhren, entstanden während der Industriellen Revolution. In den 1860er-Jahren wurden die Fahrgeschäfte das erste Mal mit Dampf betrieben, bevor sie später mit Elektrizität in Gang gesetzt wurden. Diese Modelle waren nun auch transportabel und relativ leicht auf- und abzubauen.
(Erstveröffentlichung 2003. Letzte Aktualisierung 15.07.2020)