Päpste
Eine Frau als Päpstin?
Gab es im Laufe von 2000 Jahren Christentum schon einmal eine Frau auf dem Papstthron?
Von Gregor Delvaux de Fenffe, Tobias Aufmkolk
Vermutlich nicht. Bis heute dürfen nach dem kirchlichem Recht der katholischen Kirche nur Männer Priester, Bischof oder Papst werden.
Doch es existiert eine mittelalterliche Erzählung, die sich um eine Frau auf dem Papstthron rankt. Ihr Name war Päpstin Johanna.
Der Legende nach wurde Päpstin Johanna um 818 in Ingelheim geboren. Ihre Eltern sollen früh verstorben sein und Johanna wuchs in einem Frauenkonvent auf, wo sie schnell aufgrund ihrer ungewöhnlich hohen Begabung auffiel.
In einem Kloster der Stadt Fulda soll sich Johanna erstmals als Mann verkleidet haben. Sie wurde jedoch entdeckt und musste fliehen. Nach vielen Jahren gelangte Johanna nach Rom, wo sie als Mann getarnt im römischen Klerus schnell Karriere machte.
Als Papst Johannes Anglicus soll sie schließlich 855 zum Nachfolger des Papstes Leo IV. aufgestiegen sein. Während ihrer Amtszeit erwartete sie ein Kind, das sie während einer Prozession auf der römischen Via Sacra tot zur Welt brachte. Ihrer Tarnung beraubt, war Päpstin Johanna schutzlos der zuschauenden Menge ausgeliefert, die sie aufgebracht steinigte.
Tatsächlich hat es im Jahr 855 den Gegen-Papst Johannes Anglicus gegeben. Doch die verschiedenen Quellen, die über die Päpstin Johanna berichten, gelten unter Historikern als unzuverlässig.
Im 13. Jahrhundert wird die vermeintliche Päpstin Johanna erstmals vom Dominikanermönch Martin von Troppau in einer Chronik schriftlich erwähnt. Dieser verlegt die ursprünglich in Sagen auf das 11. Jahrhundert datierte Amtszeit der Päpstin um zwei Jahrhunderte zurück. Alle späteren Geschichten über die Frau auf dem Heiligen Stuhl basieren auf dieser Chronik.
Autoren von Romanen und populärwissenschaftlichen Werken behaupten heute zwar vehement, dass es Päpstin Johanna gegeben hat. Die seriöse Geschichtswissenschaft geht jedoch davon aus, dass die Päpstin frei erfunden ist.
Quelle: SWR/WDR | Stand: 30.03.2020, 10:29 Uhr