Irland
Dublin – die Stadt der Dichter und Musiker
Das ehemalige Wikingerdorf war lange Zeit umkämpft und bis ins 20. Jahrhundert von den Engländern besetzt. Heute ist Dublin ein Zentrum der Kunst und Kultur, der Lebenslust und der Technologie.
Von Andrea Böhnke
Der Kampf um Unabhängigkeit
Baile Átha Cliath, wie Dublin auf Irisch heißt, bedeutet übersetzt etwa "Stadt an der Hürdenfurt". Der Name soll daher rühren, dass sich der Fluss Liffey hier früher am einfachsten überqueren ließ.
Der Liffey mündet in Dublin in die Irische See und teilt die Stadt in zwei Hälften. Heute überspannen zahlreiche Brücken den Fluss und verbinden den Süden mit dem Norden. 2019 lebten 1,2 Millionen Menschen im Großraum Dublin.
Die erste Siedlung entstand, als die Wikinger sich im neunten Jahrhundert am Ufer des Liffey niederließen. Sie nannten ihr Dorf auf Gälisch "Dubh Linn" (zu Deutsch: "schwarzer Tümpel") und wollten damit wohl ausdrücken, dass das Wasser an der Liffey-Mündung tief genug war, um mit ihren Schiffen anzulegen.
Bis ins 20. Jahrhundert hinein war Dublin immer wieder umkämpft; erst bekriegten sich die Wikinger und die Iren, dann die Iren und die Engländer. Letztere besetzten die Stadt für etwa 750 Jahre. Erst 1921 wurde Dublin unabhängig und Hauptstadt des neu gegründeten Freistaates Irland.
Dublin im 16./17. Jahrhundert
Die Stadt der Bücher
Jedes Jahr am 16. Juni reisen die Dubliner in die Vergangenheit. Männer in dreiteiligen Anzügen mit Brille und Melone sowie Frauen in langen Röcken, Rüschenblusen und mit Perlenketten spazieren über die Kopfsteinpflaster.
Am sogenannten "Bloomsday" ehren die Menschen aus der irischen Hauptstadt – und inzwischen auch Literaturfans aus der ganzen Welt – einen bekannten Sohn der Stadt, den Schriftsteller James Joyce. In seinem Roman "Ulysses", der 1922 erschien, beschreibt Joyce einen Tag im Leben des fiktiven Leopold Bloom in Dublin.
Joyce ist nicht der einzige erfolgreiche Literat, der aus der irischen Hauptstadt stammt. Auch Abraham "Bram" Stoker, der Erschaffer von Dracula, und Oscar Wilde wurden in Dublin geboren. Zudem kommen vier Nobelpreisträger für Literatur aus der Stadt oder wirkten in ihr: William Yeats (1923), George Bernard Shaw (1925), Samuel Beckett (1969) und Seamus Heaney (1995).
Einige von ihnen studierten Literatur am renommierten Trinity College. In der Bibliothek der Universität stehen einige der ältesten Manuskripte der Welt, darunter das "Book of Kells". Es stammt aus dem achten Jahrhundert und enthält unter anderem die vier Evangelien.
Seit 2010 trägt Dublin den Unesco-Titel "Literaturstadt".
Am "Bloomsday" reisen die Dubliner zurück in die Vergangenheit
Die Straße der Musik
Der Dudelsack ist das traditionelle Musikinstrument in Irland und wird auch heute noch in vielen Dubliner Pubs gespielt. Doch auch viele Pop- und Rockmusiker sind auf den Straßen der Stadt berühmt geworden.
Vor allem auf einer: Die Grafton Street ist eine Art Freiluftbühne für aufstrebende Musiker. Ed Sheeran startete hier seine Karriere und besingt die Straße sogar in seinem Lied "Galway Girl".
In der irischen Hauptstadt liegen auch die Wurzeln der Rockband "U2". Die Musikgruppe gründete sich hier 1976– zunächst unter dem Namen "Feedback" – und nahm ihr erstes Demo auf.
Auf der Grafton Street haben viele bekannte Musiker angefangen
Das Viertel der Pubs
"Sláinte" – das heißt auf Gälisch "Gesundheit". So prosten sich viele Dubliner zu, wenn sie mit einem Glas Guinness anstoßen. Das schwarze Bier mit seiner typischen cremefarbenen Schaumkrone wird seit 1759 in Dublin gebraut. Namensgeber ist sein Erfinder, Arthur Guinness.
Mehr als 200 Jahre lang wurde in der Innenstadt von Dublin auch Whiskey destilliert. Das dürfte mit ein Grund dafür sein, dass sich am Südufer des Liffey, im Bezirk "Temple Bar", ein reges Kneipenleben entwickelt hat. Das Viertel zieht heute allerdings vor allem die mehr als fünf Millionen Touristen an, die jedes Jahr nach Dublin kommen, und weniger die Einheimischen.
Die "Temple Bar" im gleichnamigen Viertel lädt zum Guinness ein
Das Zentrum der Wirtschaft
In den Docklands, dem ehemaligen Hafen an den Ufern des Liffey, stehen heute alte Backsteinhäuser neben verglasten Büropalästen. Viele internationale Großkonzerne haben in Dublin ihre Europazentrale, darunter Facebook, Google und Twitter. Auch einige Banken haben ihren Sitz in der irischen Hauptstadt.
Das liegt zum einen an dem vergleichsweise niedrigen Steuersatz, den Unternehmen dort zahlen. Zum anderen ist die Wirtschaft des Landes stark gewachsen, seit Irland 1973 der Europäischen Union (EU) beitrat .
Vom Sorgenkind zum Keltischen Tiger
Planet Wissen. 31.01.2024. 02:04 Min.. UT. Verfügbar bis 14.09.2025. WDR.
Ökonomen sprechen auch vom "Keltischen Tiger" und meinen damit den Wandel Irlands von einem relativ armen zu einem florierenden Staat. Die Weltwirtschaftskrise 2008 hatte für die irische Wirtschaft jedoch schwerwiegende Folgen, von denen sich das Land heute noch erholt.
Im Gegensatz zum Vereinigten Königreich, das 2020 aus der EU ausstieg, ist Irland grundsätzlich pro-europäisch eingestellt. Umfragen für das Europabarometer 2020 ergaben, dass 81 Prozent der Menschen in Irland begrüßen, Teil der EU zu sein – das sind mehr als in allen anderen Mitgliedsstaaten.
In den Docklands haben viele bekannte Unternehmen ihren Europasitz
(Erstveröffentlichung 2020. Letzte Aktualisierung 17.08.2020)
Quelle: WDR