Umwelt
Waldsterben
In den 1980ern war die Sorge um den Wald groß: Waldsterben und saurer Regen hießen die Schlagworte. Inzwischen ist die Luft besser und das Umweltbewusstsein gestiegen. Doch nun steht der Wald vor neuen Problemen wie Klimawandel und Trockenheit.
Von Monika Sax, Dirk Neumann
Im Zeichen des sauren Regens
Anfang der 1980er-Jahre zeichneten viele Medien Horrorszenarien von kahlen Stadtparks und waldlosen Mittelgebirgen, auf denen nur noch vereinzelte Baumskelette mahnend ihre nackten Zweige in den Himmel recken würden.
Zu lange hätten Industrie, Privathaushalte und Verkehr sorglos Schwefelwasserstoffe und andere Gifte in die Luft gepumpt. Vor allem die Emissionen von Braunkohlekraftwerken setzten dem deutschen Wald schwer zu.
Dieses Verhalten räche sich nun. Binnen 20 Jahren werde es kaum noch einen gesunden Baum geben – wenn nicht sofort gehandelt werde, hieß es.
Und es wurde gehandelt. Filteranlagen für die Industrie, Katalysatoren und bleifreies Benzin für die Autos. Der saure Regen war nicht mehr ganz so sauer. Die Katastrophe schien abgewendet, der Wald gerettet.
Aber ist er das wirklich? Wie geht es dem Wald heute?
Wie geht es dem Wald?
Planet Wissen. 27.02.2024. 06:04 Min.. UT. Verfügbar bis 06.10.2025. SWR.
Wie geht es dem Wald heute?
In der Diskussion ums Waldsterben stehen sich heute zwei sehr gegensätzliche Lager gegenüber. Die einen sagen, dass der Wald nie wirklich kurz vor dem Aus stand. Dass die Gesundheit der Bäume natürlichen Schwankungen unterliegt und dass kranke, angeschlagene Bäume nicht zwangsläufig sterben müssen, sondern sich durchaus auch wieder erholen können.
Das andere Lager geht davon aus, dass das Waldsterben noch lange nicht vorbei ist. Dass die Wälder zwar nicht großflächig abgestorben sind, aber heute sogar mehr Bäume Anzeichen von Schädigungen aufweisen als noch vor 20 oder 30 Jahren.
Seit den 1980er-Jahren wird diese Frage regelmäßig im Waldzustandsbericht der Bundesregierung thematisiert. Die Jahre 2018 und 2019 haben gezeigt, dass der Klimawandel endgültig und für alle sichtbar im deutschen Wald angekommen ist.
Zu viele Nährstoffe
Wurden dem Boden noch in den 1980er- und 1990er-Jahren durch den sauren Regen die Nährstoffe entzogen, so bereitet ihm inzwischen die Überdüngung Probleme.
Stickstoffverbindungen aus Viehhaltung und industriellen Abgasen verbreiten sich über die Luft und gelangen mit dem Regen in den Waldboden. Die betroffenen Bäume wachsen schneller als normal. Leider zu schnell – die Gesundheit des Baumes leidet darunter und er wird anfälliger für Krankheiten und Schädlinge.
Die Trockenheit setzt den Bäumen massiv zu
Waldfeind Nr. 1: Trockenheit
Das größte Problem ist jedoch die anhaltende Dürre der vergangenen Jahre. Diese hat dazu geführt, dass Laubbäume verfrüht ihr Laub abwerfen, um die Verdunstung zu reduzieren.
Bei der Fichte begünstigte sie die Massenvermehrung von Borkenkäfern. Die Harzproduktion, mit der sich gesunde Bäume gegen bohrende Schädlinge wie Borkenkäfer verteidigen, kommt aufgrund der fehlenden Feuchtigkeit zum Erliegen.
Die Bäume sind den Borkenkäfern hilflos ausgeliefert, die in warmen, trockenen Sommern wiederum prächtig gedeihen und sich stellenweise massenhaft vermehren. Unter solchen Bedingungen pflanzt sich nämlich nicht nur eine Käfer-Generation fort, sondern zwei bis drei.
Der Kronenzustand hat sich 2019 gegenüber dem Vorjahr bei allen Baumarten weiter verschlechtert und war noch nie so schlecht wie seit Beginn der Aufzeichnungen 1984. Etwa doppelt so viele Laub- und Nadelbäume starben 2019 ab wie in den Vorjahren. Insgesamt sind 180.000 Hektar Wald bereits irreparabel geschädigt oder tot.
Forstwirte in der Klemme
Mit diesen Herausforderungen haben die Förster schwer zu kämpfen. Ein Forstbetrieb ist nicht zuletzt ein Wirtschaftsunternehmen, das einen Profit erarbeiten muss. Außerdem müssen dabei stets Kompromisse zwischen den Anliegen von Jägern, Naturschützern, Erholungssuchenden, Holzindustrie und Waldbesitzern geschlossen werden.
Die Holzindustrie braucht einen gesunden Wald
Eine großflächige Borkenkäferplage kann einen Forstbetrieb in den Ruin treiben. Das Holz befallener Bäume kann zwar meist noch verwertet werden, bringt aber keine profitablen Preise.
Auch für hochwertiges Holz sind die Preise gesunken, was es den Forstbetrieben erschwert, Gewinne zu erwirtschaften. Alternative Konzepte, mit denen Einnahmen etwa aus Tourismus gewonnen werden können, werden zunehmend an Bedeutung gewinnen.
Fazit: Der Zustand des Waldes ist bedenklich. Fichten- und Kiefer-Monokulturen haben keine Zukunft mehr. Sie kommen mit dem Klimawandel nicht klar. Nur ein artenreicher Mischwald wird mit den sich ändernden Temperatur- und Niederschlagsbedingungen eine Zukunft haben.
Quelle: SWR | Stand: 01.10.2020, 15:00 Uhr