Giant Impact – ein gigantischer Einschlag
Ein Asteroid, etwa so groß wie der Mars, stößt vor rund 4,4 Milliarden Jahren mit der noch jungen Erde zusammen. Die Energie des Aufpralls erhitzt die gesamte Erdoberfläche schlagartig auf mehr als 10.000 Grad Celsius.
Durch die Wucht des Einschlags werden die Oberflächen beider Körper zertrümmert, Trillionen Tonnen Gestein des Asteroiden und der Erde verdampfen und werden ins All geschleudert. Ein Teil davon sammelt sich in einer Erdumlaufbahn und ballt sich relativ schnell – vermutlich innerhalb weniger zehntausend Jahre – zum Erdmond zusammen.
Eine plausible Theorie
Die "Giant Impact"-Hypothese wird durch ein Reihe von Indizien gestützt: So ist das Verhältnis verschiedener Sauerstoff-Isotope im Mond- und Erdgestein sehr ähnlich, was auf eine enge Verwandtschaft der beiden Himmelskörper hindeutet.
Außerdem ist Wissenschaftlern bekannt, dass der Erdtrabant nur einen kleinen Kern aus Eisen besitzt. Die Erklärung: Zum Zeitpunkt der Kollision von Erde und Asteroid hatte sich das meiste Eisen schon in deren jeweiligem Zentrum als Kern abgesetzt.
Verdampft und in den Weltraum geschleudert wurde nur eisenarmes Mantel- und Krustengestein. Der Eisenkern des Mondes ist vermutlich erst durch spätere Asteroideneinschläge entstanden.
Und schließlich könnte die Hitze beim Asteroideneinschlag für den Mangel an flüchtigen Mineralen wie Zink, Kalium und Phosphor im Mondgestein verantwortlich sein: Vermutlich sind diese Stoffe aus der heißen Gaswolke, die später den Mond formte, ins All entwichen. Das würde die unterschiedliche Zusammensetzung von Erd- und Mondgestein erklären.
Nach dem Aufprall des Asteroiden veränderte sich die Struktur der Erde radikal. Der Kern des Asteroiden schmolz beim Zusammenstoß und wurde von der Erde verschluckt. Etwa 60 bis 70 Prozent der ursprünglichen Erdkruste wurden in den Weltraum gesprengt – Material, das bald als Glutball die Erde umkreiste.
Die glutflüssige Erde nahm ebenfalls rasch wieder Kugelgestalt an, sodass alle Spuren der Katastrophe verwischt wurden.
Die Trümmer ballen sich zu einem neuen Himmelskörper: unserem Mond
Woher kam der Asteroid?
Über die Herkunft des Asteroiden, der durch den Einschlag auf der Erde zum zweiten Elternteil des Mondes wurde, wissen die Forscher noch wenig. Immerhin verraten Computersimulationen, dass in der Anfangszeit des Sonnensystems etwa 100 solcher Riesenasteroiden und unzählige kleinere durch diesen Teil des Weltraums flogen: Durch Kollisionen und Verschmelzungen formten sie die vier sonnennächsten Planeten Merkur, Venus, Erde und Mars.
Stimmt die "Giant Impact"-Theorie, wäre die Geburt des Erdtrabanten ein Musterbeispiel für eine solche Kollision. Eine genauere Erforschung könnte deshalb auch Aufschlüsse über die Entstehung anderer Himmelskörper geben.
Die sonnennahen Planeten entstanden aus Asteroiden
Weitere Entwicklung
Der Erdtrabant muss nicht nur eine dramatische Geburt, sondern auch eine heiße Kindheit gehabt haben: Eine zähflüssige Magmaschicht bedeckte den jungen Mond mindestens 100 Millionen Jahre lang. Schwere eisen- und magnesiumhaltige Minerale sanken darin ab, leichtere stiegen auf und formten eine erste Kruste – ein Vorläufer der hellen Mondflächen.
Meteoritenhagel zerschlugen diese Kruste, und dadurch füllten sich die ersten Meere mit dunklem Magma aus dem Mondinneren – die dunklen Flächen des Mondes waren geboren.
Dann ließ der kosmische Beschuss langsam nach. Aber vor rund vier Milliarden Jahren muss ein erneutes, lange andauerndes Dauerfeuer über die Mondlandschaft hereingebrochen sein.
Vermutlich zeitgleich entwickelten sich auf der Erde die Urformen des Lebens. Unklar ist, welchen Einfluss der Meteoritenbeschuss darauf hatte. Diese Frage gehört zu den größten Mysterien, die durch die Mondforschung aufgelöst werden könnten. Manche Forscher hoffen sogar, auf dem Mond noch Fossilien früher Lebensformen zu entdecken.
Den größten Erfolg brachte 2009 die indische Mondsonde Chandrayaan-1. Sie fand auf der Mondoberfläche große Mengen Wasser, die in Zukunft zur Versorgung bemannter Mondmissionen genutzt werden könnten.
(Erstveröffentlichung 2004, letzte Aktualisierung 30.03.2020)
Quelle: SWR