Natürliche Farben
Naturfarben selbst gemacht
Farben aus Pflanzen, aus Tonerde, aus Tieren – seit Jahrtausenden gewinnen Menschen aufwändig Material zum Färben von Bekleidung, für rituelle Bemalung und für künstlerische Bilder. Naturfarben selbst herzustellen muss aber nicht kompliziert sein.
Von Julia Schade
Der erste Schritt: Sammeln und Einweichen
Naturfarben selbst herstellen kann eigentlich jeder. Die Farben lassen sich aus den Pflanzen extrahieren, zu Farbpigmenten weiterverarbeiten und dann für immer aufs Papier bannen.
Renate Hudak ist Fachberaterin für Gartenbau und Gärtnerin aus Leidenschaft – und auf der Suche nach Farbe. Genauer: auf der Suche nach dem leuchtenden Gelb der Goldrute. Dieses Gelb möchte sie aus der Pflanze herausholen, um damit Malfarben herzustellen.
Nach dem Sammeln der Blütenstände der Goldrute schneidet sie die Pflanzenteile erst einmal klein und weicht sie über Nacht in Regenwasser ein. Je kleiner die Pflanzenteile, desto besser lässt sich die Farbe daraus extrahieren.
Auch das Verwenden von Regenwasser ist wichtig, da dieses einen günstigen, die Farbe nicht verfälschenden pH-Wert hat. Weiche Pflanzenteile wie Holunderbeeren oder andere Früchte muss man nicht einweichen. Sie lassen sich sofort weiterverarbeiten.
Goldrute
Der nächste Schritt: Aufkochen
Egal ob hart oder weich und eingeweicht oder nicht: Das Wasser muss alle Pflanzenteile bedecken, dann wird gekocht. Zuerst sollten etwa 20 Minuten nur die Pflanzenteile gekocht werden, dann wird Alaun zugegeben und weitere 10 Minuten gekocht.
Alaun (auch "Kaliumaluminiumsulfat") ist eine kristallene Substanz, die eine schwach desinfizierende Wirkung hat. Bereits im Mittelalter spielt es in der Färberei eine große Rolle. Es ist Bestandteil vieler Rezepturen und dient meist als Fixativ.
Alaun verhindert, dass Farben ausbleichen. Zwei Teelöffel des Alaun gibt Renate Hudak auf je 100 ml ihres Goldrutensuds. Nach weiteren 10 Minuten Kochzeit wird abgeseiht.
Gelbes Wasser der Goldrute
Einkochen mit Feststoff und viel Geduld
Das vormals klare Wasser hat die Färbung der Goldrute schon angenommen und ist jetzt deutlich gelber. Doch als Malfarbe ist es noch längst nicht geeignet. Daher wird die gesamte Flüssigkeit in ein altes Einmachglas gegeben.
Und weiter geht’s mit der Pigmentherstellung: Zum gelben Wasser kommt nun ein Feststoff. Das kann Farbenleim, Milchzucker oder Kieselerde sein. Je nachdem, für was man sich entscheidet, fällt das Farb-Ergebnis anders aus, geht eher in die Pastellrichtung oder wird ein leuchtendes Gelb.
Und jetzt kommt der zeitaufwendigste Schritt: Das Einkochen, bis eine feste Substanz übrigbleibt. Das kann ein paar Stunden dauern. Wichtig dabei ist, das regelmäßige Umrühren.
Trocknen und Zermahlen
Nach mehreren Stunden im Wasserbad ist die Masse bereit für den nächsten Schritt: das Trocknen. Im Winter am besten auf der Heizung. Auch beim Trocknen zwischendrin immer wieder umrühren. Dann bekommt man das Pigment später einfacher aus dem Glas.
Jetzt nur noch alles im Mörser zerkleinern. Wer es besonders fein möchte, kann im Anschluss alles noch sieben.
Alles im Mörser zerkleinern
Die Farbauswahl der ganzen Natur
Was die Farbauswahl betrifft, kennt die Natur keine Grenzen. Und die Pigmentherstellung ebenso wenig: Zartgelbe Petersilie, rosa Erdbeeren, oder mit Natron beziehungsweise Pottasche versetztes Blaukraut für verschiedene Lilatöne.
Wer mag, kann einfach ein wenig herumexperimentieren! Je nach Pflanze kommen dabei mal mehr und mal weniger kräftige Farben heraus.
Die selbst hergestellten Pigmente kommen zwar nicht an die von handelsüblichen Farben heran. Doch sehen lassen kann sich das Ergebnis allemal.
Überblick und Zutatenliste nach Renate Hudak
- 100 ml Farbsud (entstanden aus eingeweichten und dann eingekochten Pflanzenteilen)
- 2 EL Alaun (gibt’s in der Apotheke)
- 1-2 EL Feststoff (Menge beeinflusst Deckkraft)
Quelle: BR | Stand: 10.12.2020, 12:34 Uhr