Marmorierung und Farbtöne
Während man im italienischen Carrara in der Toskana helle bis reinweiße Sorten Marmor findet, gibt es in Frankreich und Belgien vor allem farbige Sorten. Das liegt daran, dass in Carrara die Vorkommen erdgeschichtlich älter sind. Das Kalkgestein war dort in größeren Tiefen einem gewaltigen Druck und extrem hohen Temperaturen ausgesetzt und ist dadurch härter und heller.
Kristalliner Marmor in reinster Form ist weiß wie der Carrara-Marmor der Sorte "Statuario", den schon Michelangelo um 1500 für seine Skulpturen verwendete. Der warme Ton des polierten, weißen Skulpturenmarmors beruht auf der Tatsache, dass das Licht bis zu einer bestimmten Tiefe eindringen kann und dort an den unterschiedlich orientierten Calcit-Kristallen reflektiert wird.
Er lässt sich zudem besser bearbeiten als der farbig geäderte. An Äderungen ist nämlich das Risiko groß, dass der Stein Risse bekommt und bricht. Von besonderem ästhetischen Reiz sind aber auch die farbigen Marmorsorten.
Verantwortlich für Farbe und Musterung sind Verunreinigungen, das heißt Fremdbestandteile. Sie verfärben das Kalkgestein und geben ihm ein fleckiges oder aderförmiges Aussehen, manchmal auch streifig oder wolkig.
Eisenverbindungen färben zum Beispiel gelb, rot und braun. Graphit färbt grau und schwarz. Versteinerte Muscheln und Schnecken bebildern die Struktur des Steines zusätzlich. Diese erdgeschichtlich jüngeren Kalksteine sind mancherorts auch grün, violett oder ganz bunt marmoriert. Fußböden, Säulen, Kamine, Tische und Uhrengehäuse der französischen Schlösser des 18. Jahrhunderts machte man mit Vorliebe aus farbigem Marmor.
Kunstwerk aus verschiedenen Marmorsorten
Echter Marmor oder Stuckmarmor?
Echt oder unecht? Das fragt man sich manchmal beim Anblick marmorner Säulen und Wände in barocken Schlössern und Kirchen. Kleine Risse oder Abplatzungen verraten dann die Herkunft. Der vermeintliche Marmor ist ein Stuckmarmor. Um diese Masse herzustellen, wird feinster Alabastergips mit Wasser und Leim angerührt.
Alabastergips muss es sein, weil der so hart wird, dass man ihn auf Hochglanz polieren kann. Der Leim verhindert, dass der Gips zu schnell bindet und hart wird. So lässt sich die zähe Masse noch über eine längere Zeit verarbeiten.
Als nächstes kommt Farbe in die Hälfte der Gipsmasse und wird wie in einem Teig gut verknetet. Dann wird die Masse halbiert und mit einem Teil der ungefärbten Hälfte vermischt. Dieser Teig ist nun heller. Auch er wird wieder geteilt und zur einen Hälfte mit der weißen Gipsmasse verknetet.
Der Prozess wird so lange fortgesetzt, bis man eine ausreichend gute Farbabstufung erhalten hat. Die abgestuften Teile werden nun aufeinander geschichtet. Schneidet man diesen Gipskloß auf, sieht man eine Farbabstufung von dunkel nach hell.
Dann bereitet man eine so genannte Nass-Äderung vor, indem man verschiedene Farben mischt und schließlich noch eine sogenannte Trocken-Äderung, die aus farbigem Pulver besteht. Der farblich abgestufte Gipskloß wird damit umhüllt, in Würfel geschnitten, wieder zu einem Kloß zusammengefügt, der schließlich in fingerdicke Scheiben geschnitten wird.
Diese werden mit Gipsleim zu einer Fläche an die Wand geklebt und müssen dort erst einmal austrocknen. Am Ende wird diese ein Zentimeter dicke Schicht in sieben Schleifvorgängen bearbeitet, bis sie nur noch zwei bis drei Millimeter dick ist und wie Marmor glänzt.
Pigmente geben dem Stuckmarmor seine Farbe
Marmor aus dem Labor
Am "Geologischen Institut" in Bayreuth hat man aus einem einfachen Kalkstein aus der Eifel auf künstliche Weise kristallinen Marmor hergestellt. Unter dem Mikroskop lässt sich erkennen, dass dieser einfache Kalkstein geologisch feinkörnig, aber ungeordnet strukturiert ist.
Die kleine Kalksteinprobe wird im Mörser pulverisiert und dann ganz besonders sorgfältig ummantelt. Wichtig ist nämlich, dass nur der pulverisierte Kalkstein im folgenden Prozess verändert werden darf und nicht das Drumherum. Um die Probenhülle kommt ein Keramikmantel. Er hält besonders hohe Temperaturen aus und darüber gibt es noch eine würfelförmige Hartmetallschale, die extremen Druckverhältnissen widerstehen kann.
Jetzt können die Verhältnisse simuliert werden, die normalerweise im Erdinneren stattfinden, um Marmor zu erzeugen: Eine Presse simuliert 3000 Meter Tiefe mit einem Gewicht von 400 Tonnen auf der winzigen Probe. Über einen Stromanschluss wird nun noch eine Temperatur von 500 Grad Celsius erzeugt.
Nach etwa fünf Stunden sind diese Werte von Druck und Temperatur erreicht. Nun dauert es noch weitere zwölf Stunden, bis aus der Kalksteinsprobe ein geologisch echter, grobkörniger Marmor entstanden ist.
(Erstveröffentlichung: 2004. Letzte Aktualisierung: 09.01.2020)
Quelle: WDR