Straßennetze und Straßenkarten
Als sich das Römische Reich im 1. Jahrhundert nach Christus konsolidiert hat und die größten Eroberungsfeldzüge abgeschlossen sind, werden seine Bewohner reiselustig. Sie interessieren sich für Bildungsreisen, fahren zu Festspielen, Kuraufenthalten und Theateraufführungen.
Das gut funktionierende Straßennetz macht es möglich. Für die Reiseplanung gibt es sogar Straßenkarten wie zum Beispiel die "Tabula Peutingeriana" oder das "Itinerarium provinciarum Antonini Augusti" (beide um 350 nach Christus).
An den Straßen findet der Reisende zur Orientierung Meilensteine, die die Entfernung zum nächsten Ort anzeigen. Das gute Straßennetz nutzt auch dem Handel, dem Kurier- und Transportdienst und dem Militär.
Den Bau von Fernstraßen zwischen den Militärlagern in den eroberten Gebieten und der Verwaltung in Rom übernehmen römische Legionäre. Wo es nötig ist, bauen sie Brücken, um Strecken abzukürzen. Nur schnelle Transportwege sichern den Nachschub.
Die Via Appia Antica bei Rom
Von Tunesien bis England
Für den schnellen Bau von Militärlagern hat man bald das erste Fertigbauprinzip gefunden. Im durchgehenden Fundamentgraben, an den Ecken durch Pfosten gestützt, werden vorgefertigte Wandelemente befestigt.
Aber schon bald setzt sich ein dauerhafteres Bauprinzip durch: ein Fachwerkbau auf steinernem Fundament. Über das gesamte Römische Reich verteilt bauen die Besatzer nun auf diese Weise ihre Städte.
Charakteristisch ist der schachbrettartige Grundriss, wie ihn der Grieche Hippodamos von Milet schon 479 vor Christus in Griechenland eingeführt hat. Typisch ist die Lage: meistens in einer Ebene an Heer- und Handelsstraßen. Der Grundriss ist rechtwinklig oder quadratisch.
Es gibt zwei Hauptstraßen, die sich rechtwinklig kreuzen. Dadurch entstehen vier Viertel und in der Mitte ein Platz – das Forum. Römerstädte gibt es bald vom nordafrikanischen Tunesien über die Iberische Halbinsel bis nach Frankreich und England.
Wer in Germanien Handel treiben will, muss durch den Limes
Aus Militärlagern werden Städte
In Deutschland liegen die Römerstädte südlich und westlich des Grenzwalls, des sogenannten Limes. Er markiert die Grenze zwischen den römisch kontrollierten Provinzen und den Gebieten außerhalb des Imperium Romanum und ist ein Schutz vor einfallenden germanischen Stämmen. Überreste sieht man noch heute bei Welzheim in Baden-Württemberg und im hessischen Taunus.
Die Römerstädte entstehen oft aus ehemaligen Militärlagern. So zum Beispiel Regensburg aus Castra Regina, Augsburg aus Augusta Vindelicorum, Straßburg aus Argentorate, Mainz aus Mogontiacum, Trier aus Augusta Treverorum, Andernach aus Antunnacum, Bonn aus Bonna, Köln aus Colonia Claudia Ara Agrippinensium, Neuss aus Novaesium und Xanten aus dem Militärlager Colonia Ulpia Traiana.
Werbeprogramm für römische Kultur
Wichtig erscheint den Römern, die einheimische Führungsschicht in den eroberten Territorien für sich zu gewinnen. Und das ist ein leichtes Spiel. Sie machen die "kulturlosen Barbaren" mit den Annehmlichkeiten der römischen Zivilisation bekannt.
Das führt dazu, dass sich der römische Historiker Tacitus (um 55-115 nach Christus) in seinem Werk "Agricola" bald selbstkritisch äußert:
"Damit die verstreut wohnenden, rauen und deshalb leicht zum Krieg neigenden Menschen sich infolge zivilisatorischer Annehmlichkeiten an Ruhe und Muße gewöhnten, ermunterte man sie persönlich und bot ihnen öffentliche Unterstützung dafür an, dass sie Tempel, öffentliche Plätze und Steinhäuser errichten.
Allmählich ergab man sich der Verweichlichung und den Verführungen der Zivilisation: Man baute Kolonnaden, errichtete Bäder und gab elegante Gastmähler. Die Unkundigen nannten dies kultivierte Lebensweise, während es doch Teil ihrer Knechtschaft war."
(Erstveröffentlichung 2006. Letzte Aktualisierung 22.06.2021)
Quelle: WDR