Ein Leben vor der RAF
Andreas Baader wuchs mit drei Frauen auf: seiner Mutter, der Großmutter und einer Tante. Der Vater war 1945 in Kriegsgefangenschaft geraten und nie zurückgekehrt. Baader liebte schnelle Autos und hatte ein unorthodoxes Rechtsverständnis. Als er mit 21 Jahren nach Berlin zog, hatte er bereits eine lange Strafakte, die vor allem Diebstähle und Verkehrsdelikte enthielt.
Baader studierte nicht, weil er nie Abitur gemacht hatte, aber er ging mit den Studenten auf die Straße. Schnell wurde er Teil der radikalen linken Szene in Berlin.
Einem Beruf ging Baader nicht nach. Er verdiente Geld mit Gelegenheitsjobs, zum Beispiel als Fotomodell für ein schwules Magazin. Er lebte mit der verheirateten Malerin Ellinor Michel zusammen, mit der er 1965 ein Kind bekam. Aber er entwickelte nie ein enges Verhältnis zu seiner Tochter.
Viele hielten Baader für einen attraktiven Mann
Im Gegensatz zu Baader kam Gudrun Ensslin aus einem Familienidyll. Sie war Pfarrerstochter, das mittlere von sieben Kindern. 1965 ging sie nach Berlin, als Stipendiatin der "Studienstiftung des Deutschen Volkes".
Zwei Jahre später bekam sie einen Sohn von ihrem Verlobten Bernward Vesper. Aber eine glückliche Kleinfamilie waren sie nie. Und noch im gleichen Jahr traf Ensslin Andreas Baader.
Das erste Treffen
Wie Baader war Ensslin in der Studentenbewegung aktiv. Nach dem Tod des Studenten Benno Ohnesorg während der Proteste gegen den Besuch des Schahs von Persien 1967 wandte sie sich an das Büro des "Sozialistischen Deutschen Studentenbundes" in Berlin. Sie forderte Gewalt als Antwort auf den "gewaltbereiten Staat" und traf jemanden, der Gewalt ebenfalls für eine Lösung hielt: Andreas Baader.
Gudrun Ensslin auf dem Weg in den Gerichtssaal
Für den schwierigen, aber faszinierenden Baader verließ Gudrun Ensslin Bernward Vesper und wenig später ihr Kind, das sie Pflegeeltern übergab. Ihre Pläne mit Baader vereinnahmten sie völlig.
Am 2. April 1968 verübte das Paar Anschläge auf zwei Frankfurter Kaufhäuser. Es war das erste Verbrechen, das Baader und Ensslin gemeinsam begingen und das erste, für das sie gemeinsam vor Gericht standen.
Der Prozess
Die Fotos vom Frankfurter Kaufhausbrand-Prozess waren medienwirksam: Auf der Anklagebank saß ein Liebespaar. Ensslin war stark geschminkt, eine Existenzialistin in roter Lederjacke.
Der explosive Baader ging zärtlich mit ihr um – auch im Gerichtssaal. So lernte die Öffentlichkeit die beiden kennen. Viele waren fasziniert.
Baader und Ensslin hatten ein Gefühl für wirksame Inszenierungen. Privat nannte Ensslin Baader "Baby". Als seine Propagandistin nannte sie ihn anders: "Der Rivale, absolute Feind, Staatsfeind: das kollektive Bewusstsein, die Moral der Erniedrigten und Beleidigten, des Metropolenproletariats – das ist Andreas."
Die Verhaftung
Baader und Ensslin liebten teure Dinge. Mit ihrer Beute aus Banküberfällen und Diebstählen beschafften sie nicht nur Waffen und Wohnungen, sondern auch Schmuck, Kleider und Prestigeartikel. Baaders Faible für schnelle Autos war so legendär, dass BMW in den 1970er-Jahren im Volksmund eine Zeitlang auch für "Baader-Meinhof-Wagen" stand.
Baaders Porsche nach der Festnahme
Als Andreas Baader am 1. Juni 1972 verhaftet wurde, fuhr er einen auberginefarbenen Porsche. Einen Führerschein hatte er nicht dabei, dafür zahlreiche Handgranaten.
Ensslin wurde sechs Tage später verhaftet, in einer Hamburger Edelboutique am Jungfernstieg. Einer Verkäuferin war die Waffe unter ihrer Lederjacke aufgefallen.
…bis dass der Tod euch scheide
Andreas Baader und Gudrun Ensslin starben am gleichen Tag. Die Gefängnisbeamten in Stammheim fanden Baader mit dem Kopf in einer Blutlache – erschossen. Ensslin hing am Fenstergitter ihrer Zelle – ein Lautsprecherkabel um den Hals geschnürt. Selbsttötung oder Mord?
Grab der RAF-Spitze in Stuttgart
Bis heute sind die Umstände ihres Todes ungeklärt. Beweise für ein Fremdeinwirken wurden jedoch nie gefunden. Erst recht nicht für einen staatlichen Auftragsmord, über den damals nicht nur von Mitgliedern der "Rote Armee Fraktion" (RAF) spekuliert wurde.
Mit dem weiteren RAF-Mitglied Jan-Carl Raspe, der am gleichen Tag in Stammheim starb, wurden Baader und Ensslin auf dem Dornhaldenfriedhof in Stuttgart beigesetzt.
"Mit dem Tod endet jede Feindschaft", sagte Bürgermeister Manfred Rommel, als er die RAF-Spitze trotz heftiger Proteste auf einem Friedhof seiner Stadt beerdigen ließ.
(Erstveröffentlichung: 2007. Letzte Aktualisierung: 08.05.2019)
Quelle: WDR