"Afrika-Konferenz" und die deutsche Kolonialzeit

Planet Wissen 08.05.2023 02:38 Min. Verfügbar bis 23.06.2027 WDR Von Hildegard Kriwet

Kolonialismus

Berliner "Afrika-Konferenz" 1884/85

Im Jahr 1884 lud der deutsche Reichskanzler Otto von Bismarck Vertreter aus 14 Ländern ein, um Regeln für die weitere Besetzung Afrikas zu vereinbaren und ihre Besitzansprüche in Afrika abzustecken. Aus Afrika selbst war kein einziger Vertreter dabei.

Von Tobias Aufmkolk

Die Folgen der rücksichtslosen Aufteilung und der Konferenz dauern bis heute an: "Die ungleichen wirtschaftlichen Entwicklungen in Europa und Afrika beruhen nicht zuletzt auf der Ausbeutung unseres Nachbarkontinents", sagte Entwicklungsministerin Svenja Schulze im November 2024 zum 140. Jahrestag der Afrika-Konferenz.

Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts war der europäische Einfluss in Afrika relativ gering und beschränkte sich auf wenige Regionen. Doch dann begann ein regelrechter Wettlauf um den riesigen Kontinent.

Die europäischen Mächte suchten nach neuen Absatzmärkten und Rohstoffen für ihre Industrien. Neben den etablierten Kolonialmächten Portugal, Großbritannien und Frankreich traten jetzt auch neu formierte Staaten wie Belgien, Italien und Deutschland auf den Plan.

Die Geschichte des Kolonialismus

Planet Wissen 02:18 Min. Verfügbar bis 18.09.2029 WDR Von ZDF/Pur+/gomie production GmbH/Nadja Stein/Richard Bade/Maximilian Mohr; https://terraxplaincommons.zdf.de

Die Eroberungen und Besetzungen verliefen relativ planlos, Grenzen wurden willkürlich gezogen. Frankreich stieß von Nordafrika aus gen Süden vor, Großbritannien wollte von Ägypten bis Südafrika einen Korridor errichten. Italien eroberte Libyen und Somalia, während Belgien den Kongo in Zentralafrika besetzte. Die Deutschen besetzten unter anderem das heutige Namibia (Deutsch-Südwestafrika), Tansania, Burundi und Ruanda (Deutsch-Ostafrika) sowie Kamerun und Togo.

1884 lud Reichskanzler Otto von Bismarck alle Kolonialmächte zur "Afrika-Konferenz" ein (auch "Kongokonferenz" genannt), um die Aufteilung Afrikas unter den Kolonialmächten zu klären. Die bestehenden Kolonien blieben unangetastet, jedes weitere Gebiet durfte der Staat sein Eigen nennen, der es zuerst in Besitz nahm. Bis 1914 hatten die Europäer den gesamten Kontinent bis auf Äthiopien besetzt.

Zeichnung: Bismarck schneidet in einer Runde von Diplomaten einen Kuchen an, auf dem "Afrique" (Afrika) steht.

Karikatur zur Kongo-Konferenz: Bismarck verteilt den "Kuchen" Afrika

Lange Zeit hatte sich Reichskanzler Otto von Bismarck geweigert, die deutsche Kolonialpolitik formell zu unterstützen. Er sah den jungen deutschen Nationalstaat noch nicht für koloniale Abenteuer gerüstet und befürchtete Konflikte mit den Briten.

Doch die deutschen Kolonialverbände wurden immer aggressiver und besetzten 1884 sogenannte "Schutzgebiete" in Afrika, darunter Deutsch-Südwestafrika, Togo und Kamerun. Auf eigene Faust konnten sie dort jedoch keine kolonialen Strukturen aufbauen. Im April 1884 änderte Bismarck seinen Kurs. Er stellte Deutsch-Südwestafrika unter den formellen Schutz des Deutschen Reiches. Damit trat Deutschland als eine der letzten europäischen Nationen in das koloniale Zeitalter ein.

Deutsche Kolonialgesellschaft gegründet (am 19.12.1887)

WDR ZeitZeichen 19.12.2012 14:31 Min. Verfügbar bis 17.12.2052 WDR 5


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In den folgenden Jahren wurden weitere Gebiete besetzt, vor allem in Ostafrika und auf ein paar kleinen Inseln im Pazifik. Bei der Kolonisierung gingen die Deutschen äußerst brutal vor. Dies führte in den Kolonien immer wieder zu Aufständen, die mit großer Gewalt niedergeschlagen wurden.

In Deutsch-Südwestafrika etwa, dem heutigen Namibia, trieben deutsche Truppen die einheimischen Herero in die Wüste und ließen sie dort verdursten. Von 1904 bis 1908 starben mehr als 80.000 Herero als Folge der deutschen Gräueltaten. Mehr als 100 Jahre später erkannte Deutschland im Jahr 2021 dieses Verbrechen offiziell als Völkermord an.

Der Völkermord an den Herero und Nama

Planet Wissen 08.05.2023 00:54 Min. Verfügbar bis 23.06.2027 WDR

Die deutsche Kolonialgeschichte war nur von kurzer Dauer. Mit der Niederlage im Ersten Weltkrieg verlor das Deutsche Reich auch all seine Kolonien. Im Versailler Vertrag von 1919 teilten die siegreichen europäischen Staaten die von Deutschland besetzten Gebiete unter sich auf. Nach nur 35 Jahren war Deutschlands Zeit als Kolonialmacht beendet.

(Erstveröffentlichung 2010. Letzte Aktualisierung 22.11.2024)

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Quelle: WDR

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