Erwin Rommel
Erwin Rommel und Adolf Hitler
Seine militärische Karriere verdankte Erwin Rommel Adolf Hitler. Dieser bewunderte die zupackende und risikobereite Art des in seinen Augen vorbildlichen Soldaten. Rommel wiederum zeigte sich beeindruckt von der Persönlichkeit Hitlers. Am Ende aber wurde er von Hitler zum Selbstmord gezwungen.
Von Thomas Fischer
Im Bann des "Führers"
Erwin Rommel lobt schon 1935 in einer Rede zum "Heldengedenktag" in Goslar die "genialen Maßnahmen des Führers", darunter vor allem die Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht, die Beseitigung der Arbeitslosigkeit und der Aufbau einer"Volksgemeinschaft".
An Hitlers Projekt "Nationalsozialismus" bejaht er vor allem die starke Stellung des Militärs in der Gesellschaft, Hitlers Kampf gegen den Versailler Vertrag und die"Wiederwehrhaftmachung" Deutschlands, nicht zuletzt wohl auch deshalb, weil das Rommel und vielen anderen Offizieren neue Karrierechancen eröffnet.
Rommel fühlt sich aber auch von Hitlers Persönlichkeit angezogen. Er erliegt Hitlers Charme und dessen "Magnetismus", und weit über das hinaus, was sein militärischer Eid verlangt, bindet er sich persönlich an den "Führer". Sein ständiges Werben um Hitlers Vertrauen, sein stetes Bemühen, dieses Vertrauen durch militärische Erfolge zu rechtfertigen, zeigen einen Menschen, für den das Streben nach Anerkennung und Auszeichnung ein zentrales Motiv seines Handelns ist.
Rommel war dem "Führer" treu ergeben
Hitler sieht in Rommel einen vorbildlichen Soldaten
Für Hitler ist Rommel vor allem ein vorbildlicher Soldat. Das zeigt sich zum Beispiel im März 1939, als Hitler das von den Deutschen gewaltsam besetzte Prag besucht. Rommel sichert die Reise militärisch ab. Als Hitler zögert, auf die Prager Burg hinaufzufahren, weil sein SS-Begleitschutz noch nicht eingetroffen ist, drängt Rommel ihn zur Tat. "Sie haben keine andere Wahl. Es gibt für Sie, mein Führer, nur den Weg in das Herz des Landes, in die Hauptstadt, auf die Burg von Prag", so will es ein Freund von Rommel gehört haben.
Die Begebenheit zeigt, was Hitler an Rommel hauptsächlich gefällt: seine direkte, zupackende, risikobereite Art, die Überraschungscoups möglich macht. Dafür war Rommel schon im Ersten Weltkrieg mit dem Tapferkeitsorden Pour le Mérite ausgezeichnet worden.
Hitler gefällt an Rommel aber auch, dass er nicht zur Gruppe der mit Argwohn betrachteten aristokratisch-preußisch geprägten Generalstabsoffiziere gehört, sondern aus der bürgerlichen Mittelschicht stammt und sich seinen Aufstieg selbst erarbeitet hat. Rommels Herkunft, seine militärischen Fähigkeiten und Erfolge sowie die Verehrung, die er Hitler entgegenbringt, sind die Grundvoraussetzungen dafür, dass Hitler Rommel fördert und sich ihm – wie Goebbels schreibt – "auch menschlich" verbunden fühlt.
Hitler auf der Prager Burg, März 1939
Rommel verdankt Hitler seine Karriere
Rommels kometenhafter Aufstieg in der Wehrmacht wäre ohne Hitlers persönliche Förderung so nicht möglich gewesen: Der Major der Reichswehr und Lehrer an der Dresdner Kriegsschule (1933) wird in nur wenigen Jahren Oberstleutnant (1935), Generalmajor (1939) und Generalleutnant (1941). Rommel steht dabei im persönlichen Kontakt zu Hitler.
1939 ernennt Hitler ihn anlässlich eines Frontbesuches im überfallenen Polen zum Kommandanten des Führerhauptquartiers und zieht ihn in seinen engeren Kreis. Die Nähe zum Diktator ermöglicht es Rommel, Hitler nach dem Sieg über Polen persönlich darum zu bitten, eine Panzerdivision führen zu dürfen. Hitler erfüllt ihm den Wunsch, und als Rommel nicht nur im Frankreichfeldzug, sondern auch im anschließenden Afrika-Krieg militärisch erfolgreich ist, beschleunigt er durch schnelle Beförderungen Rommels Aufstieg.
Nach der Eroberung von Tobruk im Juni 1942 wird Rommel als einer der jüngsten Offiziere von Hitler zum Generalfeldmarschall ernannt und hat damit den Zenit seiner Karriere erreicht. Hitler fördert aber nicht nur Rommels beruflichen Aufstieg, sondern auch dessen Medienkarriere. Er sieht in ihm den Idealtyp des modernen, beweglichen Frontoffiziers. Er begrüßt deshalb Rommels starke Präsenz in der Kinowochenschau und trägt persönlich dazu bei, dass er zum legendären und wohl populärsten deutschen Feldmarschall des Zweiten Weltkrieges wird.
Rommel bei einer Truppeninspektion in Nordafrika
Das große Einvernehmen bekommt Risse
Bei den Treffen zwischen Hitler und Rommel herrscht lange Zeit herzliches Einvernehmen. Aber im November 1942 sieht sich Rommel gezwungen, gegen den Befehl des Diktators zu handeln.
Als Rommels deutsch-italienische Verbände bei El Alamein im November 1942 in eine aussichtslose Lage geraten, gibt Rommel dem Oberkommando der Wehrmacht einen entsprechenden Lagebericht und schreibt am Schluss: "Die Armee bereitet sich darauf vor, ab 3. November vor überlegenem Feinddruck schrittweise kämpfend zurückzugehen."
Hitler, der am nächsten Tag davon erfährt, ist empört. Er befiehlt Rommel, "keinen Schritt zu weichen". Rommel gehorcht zunächst und stoppt. Aber er hat Zweifel. Soll er seine Soldaten opfern oder Hitlers Befehl umgehen? 24 Stunden treibt ihn die Frage um. Dann befiehlt er, ohne eine weitere Weisung abzuwarten, den Rückzug. Hitler, der inzwischen von Rommels Ordonnanzoffizier Alfred-Ingemar Berndt über die Lage in Afrika persönlich informiert wurde, billigt Stunden später Rommels Entschluss.
Rommels Rückzug ist nicht nur eine militärisch vernünftige, sondern auch eine mutige Entscheidung, weil sie Hitlers Befehl am Ende umgeht. Aber Rommels Verhalten ist weder ein Akt des Widerstands, noch führt es zum Bruch mit Hitler. Hitler lenkt ein, was die hohe Wertschätzung Rommels bei ihm erkennen lässt.
Allerdings zeigen sich auch generelle Unterschiede zwischen Hitler und Rommel. Rückzug ist in Hitlers Kriegsführung grundsätzlich nicht vorgesehen, seine Weltanschauung lässt nur Angriff und Expansion zu. Besonders im Osten fordert er hemmungslosen Fanatismus und gibt verbrecherische Befehle zur Vernichtung des Gegners.
Rommel dagegen ist kein"Weltanschauungskrieger", und er führt in Afrika auch keinen Vernichtungskrieg. Er ist ein pragmatischer "Kriegshandwerker", der die internationalen Regeln des Kriegsrechts einhält. Seine Pläne und Entscheidungen leitet er allein aus den wechselnden militärischen Lagen ab.
Der Bruch zwischen Hitler und Rommel
Nach anfänglichen Erfolgen im Afrikafeldzug, folgen Niederlagen. Aus dem gefeierten "Wüstenfuchs" droht ein depressiver Verlierer zu werden. März 1943: Hitler hat Rommel aus Afrika abberufen, aber er hält an ihm fest und schickt ihn nach Österreich zur Kur.
Im Mai 1943 kommt er wieder in Hitlers Nähe und bekommt neue Order. An der französischen Atlantikküste rechnet Hitler mit einer Invasion der Alliierten. Rommel, der Angreifer, soll die Gegner ins Meer treiben. Rommel setzt sich noch einmal mit aller Kraft ein. Doch die Invasion der Briten und Amerikaner am 6. Juni 1944 gelingt.
Die Frontlage verschlechtert sich für die deutschen Truppen stündlich. Es droht der Zusammenbruch der Westfront. Feldmarschall Rommel fährt mit dem Oberbefehlshaber West zu Hitler, um ihm die desolate Lage ungeschminkt vorzutragen. Rommel dringt bei Hitler nicht durch.
Nach der geglückten alliierten Invasion sieht Hitler in Rommel mehr und mehr einen Pessimisten, einen Feldmarschall, der Nerven zeigt. Dennoch wendet er sich zunächst nicht von ihm ab. Nach dem Hitler-Attentat am 20. Juli 1944 ändert sich das.
Der Bruch kommt aufgrund von Informationen zustande, die Hitler nach Verhören der Verschwörer des Attentats von Gestapochef Kaltenbrunner und anderen erhalten hat. Dabei lassen sich zwei Stufen der Abwendung Hitlers von Rommel erkennen: Schon bald nach dem Attentat wird Hitler zugetragen, dass Rommel von Attentatsplänen gewusst habe.
Hitler fühlt sich dadurch persönlich zwar tief verletzt, ist aber offenbar der Überzeugung, dass Rommel sich an den Plänen nicht beteiligt habe. Hitler will den bei einem Luftangriff schwer verletzten Feldmarschall nach seiner Genesung dazu befragen und ihn dann ohne weiteres Aufsehen entlassen. So jedenfalls notieren es der Chef des Wehrmachtsführungsstabes Jodl, beziehungsweise Propagandaminister Goebbels in ihre Tagebücher.
Im Oktober 1944 dann gibt es neue Verdächtigungen. Rommel, so heißt es unter anderem in Unterlagen von Partei-Kanzleichef Bormann und SS-Reichsführer Himmler, habe sich nach dem Attentat einer neuen Regierung "zur Verfügung" stellen wollen. Hitler schenkt diesen Berichten Glauben und sieht nun in Rommel einen Feind und Verräter, an dem Rache genommen werden müsse.
UNSERE QUELLEN
- Rommel – Die Dokumentation, Thomas Fischer, SWR, 2012
- Ralf Georg Reuth: "Rommel – Das Ende einer Legende". Piper, 2004
- David Irving: "Rommel – Eine Biographie". Hoffmann und Campe, 1978
- Maurice Philip Remy: "Mythos Erwin Rommel". 2004
- Friedrich Ruge: "Rommel und die Invasion". Koehler Verlag 1959
Quelle: SWR | Stand: 30.09.2020, 17:00 Uhr