Erwin Rommel
Rommels Tod
Im Oktober 1944 gab das NS-Regime bekannt, Generalfeldmarschall Erwin Rommel sei an einem Herzschlag verstorben. In Wahrheit hatte Hitler Rommel zum Selbstmord gezwungen. Das aber musste geheim bleiben, denn das Regime wollte auf den Mythos Rommel nicht verzichten.
Von Thomas Fischer
Eine Zyankali-Kapsel für Hitlers Lieblingsgeneral
Schon in den Wochen vor seinem Tod habe der Vater gegenüber der Familie von Todesängsten gesprochen, berichtet Manfred Rommel, der Sohn des Feldmarschalls, in Interviews nach dem Krieg.
Nachdem Erwin Rommel wiederholt Mitglieder der Gestapo auf dem Grundstück gesichtet hätte, habe er das Haus der Familie in Herrlingen, wo sich Rommel von seiner schweren Verletzung, die er an der Westfront erlitten hat, erholte, sogar bewachen lassen.
14. Oktober 1944: Zwei Generale aus dem Führerhauptquartier – Hitlers Chefadjutant Wilhelm Burgdorf und der Chef für Ehrenangelegenheiten im Heerespersonalamt Ernst Maisel – sind bei Rommel in Herrlingen angemeldet.
Viele Menschen in Ulm geben Rommel das letzte Geleit – der "Führer" fehlt
Nach späteren Verhörprotokollen soll Burgdorf das Protokoll eines Verhörs mit von Hofacker, einem der am Attentat Beteiligten, dabeigehabt haben. Von Hofacker belastet Rommel darin schwer. Auch Maisel gibt später zu Protokoll, dass Rommel, konfrontiert mit der Aussage von Hofackers, geantwortet habe: "Ich habe mich vergessen und ich werde die Konsequenzen ziehen."
Nach anderen Quellen streitet Rommel die Vorwürfe, an der Verschwörung gegen Hitler beteiligt gewesen zu sein, ab und sieht sich als Opfer einer Intrige. Die Abgesandten Hitlers bleiben unbeeindruckt. Die Generale stellen ihn vor die Wahl: Entweder er wird dem Volksgerichtshof überstellt und seine Familie wird in Sippenhaft genommen oder er begeht Selbstmord und erhält ein Staatsbegräbnis. Rommel entscheidet sich für den Selbstmord. Den Generalen soll Rommel noch gesagt haben: "Ich habe den Führer geliebt und liebe ihn noch…".
Manfred Rommel beim Staatsbegräbnis seines Vaters
Erst 15 Jahre alt ist Manfred Rommel, als Hitlers Männer den Vater mitnehmen und er sich für immer von ihm verabschieden muss. Eine Situation, an die er sich sein Leben lang bis ins kleinste Detail erinnert: "Ich bin mit ihm rausgegangen und habe mich auch von ihm verabschiedet. Dann hat er mich und den (Hermann) Aldiger (Rommels Adjudant) wortlos betrachtet und dann ist er eingestiegen. G‘sagt hat er nichts mehr…"
Kurz hinter dem Ortsausgang von Herrlingen nimmt sich der Generalfeldmarschall mit der von den Generalen mitgebrachten Zyankali-Kapsel das Leben. Offiziell heißt es zu Rommels Tod: "Generalfeldmarschall Rommel ist an den Folgen einer schweren Kopfverletzung, die er als Oberbefehlshaber einer Heeresgruppe im Westen durch einen Kraftfahrzeugunfall erlitten hatte, verstorben."
Staatsbegräbnis für den Propagandahelden
Auch wenn Rommels Sieger-Nimbus spätestens mit der geglückten Invasion der Westalliierten zerbricht, so bleibt er doch einer der populärsten Kriegshelden. Die NS-Propaganda kann deshalb nach Rommels erzwungenem Selbstmord den Slogan "Unser Rommel" nicht ohne Prestigeverlust Hitlers und seines Regimes ins Gegenteil verkehren. Sie muss den Schein wahren, ja ihn durch ein Staatsbegräbnis sogar noch stärken, um den Mythos Rommel für das verbrecherische Regime weiter nutzen zu können.
Generalfeldmarschall von Rundstedt hält auf Rommels Staatsbegräbnis die Trauerrede
Das Ulmer Tagblatt berichtet vom feierlichen Staatsakt für General Feldmarschall Rommel im Ulmer Rathaus: In Anwesenheit der Angehörigen und vielen hohen Trauergäste ist Erwin Rommel im Sitzungssaal in einem Meer von Fahnen und Lorbeer aufgebahrt. Vier Generale halten die Ehrenwache.
Als Vertreter Hitlers spricht der Oberbefehlshaber West, Generalfeldmarschall von Rundstedt: Rommel sei ein Offizier "aus dem Geiste des Nationalsozialismus" gewesen. Sein Herz gehörte dem Führer. "Der Führer übersendet Ihnen durch mich seinen Dank und Gruß."
Staatsakt zu Rommels Tod
Planet Wissen. 15.05.2023. 01:29 Min.. Verfügbar bis 14.10.2026. SWR.
Nach dem Willen der Propaganda soll der Generalfeldmarschall als nationalsozialistischer Held in die NS-Geschichte eingehen. Rommel muss gewusst haben, dass er durch das Staatsbegräbnis die Deutung seiner Person und seiner Taten an das Regime abtreten würde.
Um seine Familie vor Verfolgung zu schützen, schweigt er und fügt sich in das Unabwendbare. Der Preis dafür ist, dass das Rommel-Bild bis heute unscharf ist und sich noch immer eine Vielzahl von Spekulationen und Kontroversen um seine Person ranken.
UNSERE QUELLEN
- Neue Warte am Inn. Nr. 42, 18. Oktober 1944, S. 1
- Rommel – Die Dokumentation, Thomas Fischer, SWR 2012
- Manfred Rommel: 1944 – das Jahr der Entscheidung, Hohenheim Verlag 2010, S. 203-204
- Ulmer Tagblatt, 1944, Nr. 246, S. 1, Nr. 246, S. 2
- Südkurier, 16. Oktober 1945
- Maurice Philip Remy: Mythos Rommel, List Verlag, 2004, S. 104
- Johannes Häußler, Cornelia Hecht, Paula Lutum-Lenger, Thomas Schnabel: „Mythos Rommel“, Katalog zur Sonderausstellung, 18. Dezember 2008 bis 30. August 2009; Haus der Geschichte Baden-Württemberg
Quelle: SWR | Stand: 30.09.2020, 18:00 Uhr