- Sigmund Freud: Schon immer außergewöhnlich
- Albert Einstein: Ein genial schlechter Schüler
- Berthold Brecht: Jugendlicher Mut und Widerstand mit Worten
- Vicco von Bülow: Humanistische Bildung trotz Nationalsozialismus
- Gabriele Wohmann: Frühe Wortgewandheit
- Norbert Blüm: Gebildet auch jenseits der Schulmauern
Sigmund Freud: Schon immer außergewöhnlich
Er entdeckte das Unterbewusste und formulierte den "Ödipus-Komplex". Sigmund Freud gilt als Begründer der Psychoanalyse und Spezialist für Hypnose und Traumdeutung. Seine Theorien sind umstritten, aber seine Leistung für die Hilfe psychisch kranker Menschen ist unbestreitbar.
Sigmund Freud wird am 6. Mai 1856 in Freiberg (Mähren) als Sohn jüdischer Eltern geboren. Sigmund ist stolz auf sein Judentum und ein selbstsicherer Schüler. Die Aufnahmeprüfung zum Gymnasium besteht er schon mit neun Jahren. Er ist ungeheuer wissbegierig, beherrscht Latein und Griechisch, sogar recht gut Hebräisch.
Meist ist er Klassenbester und glaubt schon damals, irgendwie außergewöhnlich zu sein. 1873 besteht Freud mit 17 sein Abitur "summa cum laude", als Bester seines Jahrgangs. In der Prüfung übersetzt er spielend leicht 33 Verse aus der Tragödie "König Ödipus" von Sophokles.
Nach dem Abitur studiert er Medizin und wird Doktor. 1889 lässt sich Freud als Arzt nieder und beginnt sich vermehrt mit psychischen Krankheiten zu befassen.
Albert Einstein: Ein genial schlechter Schüler
Er erfand die Relativitätstheorie und erhielt 1921 für die Entdeckung der Lichtquanten den Nobelpreis für Physik. Albert Einstein gilt bis heute als Inbegriff eines Forschers und Genies. Er wurde aber auch für seinen entschlossenen Einsatz für Frieden und Verständigung berühmt.
Nur Quanten im Kopf
Am 14. März 1879 kommt Albert Einstein in Ulm zur Welt. Die Familie besitzt ein Elektrogeschäft. Nach dem Umzug nach München geht Albert auf die Grundschule. Er ist der einzige Jude in seiner Klasse.
Schule langweilt ihn, er will nicht lernen, was ihn nicht interessiert. Er leidet unter dem Zwang und den autoritären Lehrern. In Arithmetik und Mathematik glänzt er.
Ein Jahr vor dem Abitur lässt er sich ein ärztliches Attest ausstellen, verlässt die verhasste Schule und folgt seiner Familie, die nach Italien übergesiedelt ist. Er will in Zürich am berühmten Polytechnikum studieren, aber er fällt durch die Aufnahmeprüfung. 1895 holt er sein Abitur an einer Schule in der Schweiz nach.
Nach der Schule studiert er Mathematik und Physik und macht in Physik seinen Doktor mit einer Arbeit über Moleküle. 1909 wird er Professor für theoretische Physik in Zürich.
Bertolt Brecht: Jugendlicher Mut und Widerstand mit Worten
Mackie Messer aus der Dreigroschenoper ist eine seiner berühmtesten Figuren. Bertolt Brecht gilt als einflussreichster deutscher Dramatiker und Lyriker des 20. Jahrhunderts. Mit seiner Kunst wollte er die Gesellschaft verändern.
Die Nationalsozialisten verbrannten seine Bücher, im Exil in den USA verdächtigte man ihn als Kommunisten, in Ost-Berlin nach dem Krieg wurden verschiedene seiner Stücke von der SED-Führung abgelehnt.
Ein Mann der bissigen Worte
Geboren wird Bertolt Brecht am 10. Februar 1898 in Augsburg. Dort besucht er nach der Volksschule ab 1908 das Realgymnasium. Brecht verachtet den Schulbetrieb, in der Volksschule ist er gelangweilt.
Am Gymnasium ist er kritisch, eigenständig im Denken – und mutig. "Dulce et decorum est pro patria mori" – darüber soll Brecht in der Unterprima einen Aufsatz schreiben.
Und er schreibt: "Der Ausspruch, dass es süß und ehrenvoll sei, fürs Vaterland zu sterben, kann nur als Zweckpropaganda gewertet werden. Der Abschied vom Leben fällt immer schwer, im Bette wie im Schlachtfeld, am meisten gewiss jungen Menschen in der Blüte ihrer Jahre."
Er soll von der Schule geworfen werden, denn 1917 wird von den jungen Männern verlangt, sich ergeben und freudvoll für den Kaiser erschießen zu lassen. Ein verwirrtes Schülerhirn habe diese Worte geschrieben, beschließt man und lässt Bertolt Brecht Ende März Abitur machen – ein Kriegsnotabitur, nur eine mündliche Prüfung. Alle fünf Kandidaten bestehen, die restlichen sechzehn Schüler seiner Klasse sind schon beim Militär.
Mit dem bestandenen Abitur studiert er für ein Jahr Naturwissenschaften, Medizin und Literatur. Nach seinem Einsatz als Sanitätssoldat beginnt er seine künstlerische Arbeit unter anderem zusammen mit Karl Valentin.
Vicco von Bülow: Humanistische Bildung trotz Nationalsozialismus
Vicco von Bülows "Kosakenzipfel" und das "Jodeldiplom" reizen noch heute die Lachmuskeln. Er wählte sich die französische Bezeichnung des Wappentiers seiner Familie, des Pirols, als Künstlernamen und wurde als "Loriot" zu einem der berühmtesten Humoristen Deutschlands. Über seine Sketche mit Evelyn Hamann und über seine würdevollen Knollennasenmännchen lacht man seit Jahrzehnten.
Schlauer deutscher Humor war sein Markenzeichen: Loriot
Bernhard Victor Christoph Carl von Bülow, kurz Vicco von Bülow, wird am 12. November 1923 in Brandenburg an der Havel geboren. Sein Vater ist preußischer Offizier, die Mutter stirbt früh.
1938 zieht die Familie nach Stuttgart, dort besucht Vicco ein humanistisches Gymnasium. Er hat Glück, seine Lehrer sind keine überzeugten Nationalsozialisten. Sie wagen Kritik am Regime und unterrichten privat in ihren Wohnungen Philosophie.
Vicco lernt gern und mag die Schule. 1941 bereitet er sich aufs Abitur vor, im März 1942 erhält er mit 17 Jahren das Notabitur. Mit einem Reifevermerk, ohne schriftliche Prüfung, ohne Feier werden die jungen Männer in den Krieg geschickt. Hitlers Russland-Front braucht Soldaten.
1946 muss Vicco von Bülow im Nachkriegsdeutschland das schriftliche Abitur nachmachen. Sein Aufsatz über Goethe und Schiller gelingt nicht gerade gut. Aber die Kriegsheimkehrer haben zu viel durchgemacht, als dass sie eine Abiturprüfung groß schrecken kann.
Nach der Prüfung kehrt der junge Vicco unbeeindruckt zu seiner damaligen Arbeit als Holzfäller zurück.
Später studiert er Malerei und Graphik, arbeitet als Werbegraphiker, für die Zeitschrift Stern und als Fernsehmoderator. 1976 entsteht die sechsteilige Serie "Loriot", die heute noch regelmäßig wiederholt wird und Kult-Status genießt. Loriot stirbt am 22. August 2011.
Gabriele Wohmann: Frühe Wortgewandtheit
Sie und ihre Werke sind heute selbst Thema im Abitur. Gabriele Wohmann gehörte zu den bedeutendsten Schriftstellerinnen der Nachkriegszeit und veröffentlichte mehr als 80 Werke. Für ihre Romane, Erzählungen, Gedichte und Essays, meist über die "Komik des Scheiterns" – wie sie selbst es nennt –, erhielt sie viele Preise.
Abi-Aufsatz über Kunst
Am 21. Mai 1932 wird Gabriele Guyot als Tochter eines protestantischen Pfarrers in Darmstadt geboren. Sie erlebt die Zeit des Nationalsozialismus noch als Schülerin, nach dem Krieg hat sie keine Lust mehr, in die Schule zu gehen. Den alten Lehrerinnen aus der NS-Zeit kann sie nicht mehr glauben.
Für die letzten Schuljahre geht sie auf eine Privatschule in Langeoog. Als Teenager will sie Schauspielerin werden und liebt das Kino. Sie schreibt die Schulaufsätze für ihre Freundinnen, denn Erfinden, Interpretieren und Nacherzählen sind ihre Leidenschaft.
Ihren eigenen Abituraufsatz schreibt sie am 3. März 1951 über Kunst. Die Arbeit lege "Zeugnis ab von einer ungewöhnlichen Aufgeschlossenheit für die Welt des Ästhetischen", schreibt der Lehrer in seiner Beurteilung. Der Aufsatz beweise eine "ungewöhnliche Beherrschung des Wortes" und erhält ohne Einschränkung die Note "sehr gut".
Gabriele Wohmann studiert nach der Schule Germanistik, Philosophie und Musikwissenschaften, arbeitet als Internatslehrerin und wird Poetik-Dozentin an der Universität Augsburg. 1957 erscheint ihre erste Erzählung "Ein unwiderstehlicher Mann".
Norbert Blüm: Gebildet auch jenseits der Schulmauern
Er war bekannt für seinen Humor und seine Menschlichkeit – beides in der Politik eher seltene Erscheinungen. Norbert Blüm war Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung von 1982 bis 1998 und setzte sich in dieser Zeit für den Ausbau des Sozialstaates ein.
Auch nach seiner Zeit als Minister engagierte er sich weiter für Menschenrechte, besonders für Not leidende Kinder.
Abitur auf zweitem Wege
Geboren wird Norbert Blüm am 21. Juli 1935 in Rüsselsheim. Dort macht er ab 1949 eine Ausbildung als Werkzeugmacher und arbeitet bei Opel. Auch als Bauarbeiter, Lkw-Fahrer und Kellner hat Norbert Blüm schon gearbeitet, als er 1961 auf dem zweiten Bildungsweg an einem Abendgymnasium in Mainz sein Abitur nachholt.
In seinem Aufsatz soll er über die Bedeutung der Klassiker für das Leben jenseits der Schulmauern schreiben. Das ist ein Thema für den Handwerker Blüm: Er kennt das Arbeitsleben, die Menschen, die nach acht Stunden Fließband aus der Fabrik kommen.
Der Arbeiterjunge prüft die Literatur auf ihren Nutzen: Goethes Faust "vermag uns ernstlich zu treffen", schreibt Blüm. Er beschreibt die Tiefe der Werke, die "die schreiende, tanzende und taumelnde Oberfläche" verlassen und Heilung und Menschlichkeit bringen können. Für seinen Aufsatz erhält er ein "Sehr gut".
Anschließend studiert er Philosophie, Germanistik, Geschichte und Theologie. 1967 erfolgt seine Promotion zum Doktor der Philosophie. 1950 wird er Mitglied in der CDU.
(Erstveröffentlichung 2004. Letzte Aktualisierung 02.11.2020)
Quelle: WDR