Kunst kopieren ist legal
Das Nachmachen oder Nachahmen von Kunstwerken ist erst einmal legal. Wenn ein Gemälde älter ist als 70 Jahre, darf es jeder zu eigenen Zwecken kopieren oder auch die Kopien an andere verkaufen. Zur Straftat wird das Abmalen erst, wenn die Kopien als Originale ausgegeben werden – wenn also eine betrügerische Absicht dazukommt.
Und das geschieht oft: Jedes zweite bis dritte Kunstwerk auf dem Markt soll gefälscht sein, schätzen Polizeiermittler. Ob Alte Meister oder Pop-Art, antike griechische Bronzestatuen oder Porzellanvasen: Gefälscht wird alles, was am Markt hohe Preise erzielt. Wenn die Kopien selbst schon einige Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte auf dem Buckel haben, sind sie für Laien umso schwerer zu erkennen.
Und selbst Fälschungen werden inzwischen ihrerseits nachgemacht. Der begabte Maler Konrad Kujau etwa, der dem Magazin "Stern" 1983 angebliche Hitler-Tagebücher unterjubelte, verdiente in späteren Jahren sein Geld mit dem Verkauf von "original Kujau-Fälschungen". Doch schon kurze Zeit später tauchten auf dem Markt minderwertige Versionen auf, die nicht von ihm selbst stammten und als gefälschte Fälschungen entlarvt wurden.
Gefälschter Fälscher: Konrad Kujau
Etwa die Hälfte der Kunstwerke ist gefälscht
Schätzungen gehen davon aus, dass etwa die Hälfte aller Radierungen, Drucke und Lithografien auf dem Kunstmarkt gefälscht ist. Bei Ölgemälden sind es rund zehn Prozent weniger.
Mit Vorliebe nachgemacht werden die Künstler der klassischen Moderne: Die Hitliste der Fälschungen führen Werke von Pablo Picasso, Joan Miró und Marc Chagall an. In Deutschland sind es vor allem Werke der expressionistischen Maler Erich Heckel, Otto Müller oder Ernst Ludwig Kirchner.
Beliebt sind auch Werke von Pop-Art-Künstlern wie Roy Lichtenstein und Andy Warhol. Die Fälschungen müssen nicht einmal perfekt sein. Wenn das Bild keinen Verdacht erregt, gibt es normalerweise auch keine Überprüfung, und die Fälschung hängt unbemerkt im Museum oder wird auf dem Kunstmarkt gehandelt.
Andy Warhols Werke sind beliebt beim Publikum – und bei Fälschern
Fälschung ist nicht gleich Fälschung
Die Ermittler unterscheiden bei Fälschungen verschiedene Kategorien. Am einfachsten und schnellsten ist es, unter ein schon vorhandenes Bild von einem anderen Künstler eine weltbekannte Signatur zu setzen und so den vermeintlichen Wert um ein Vielfaches zu steigern. Dazu gehört oft nur ein gutes Auge und eine Portion Glück, aber kaum künstlerisches Geschick.
Solche Fälschungen können auch jahrhundertealt sein: Dann stammt das Bild zum Beispiel tatsächlich aus dem 17. Jahrhundert, ist aber eigentlich kein echter Rubens oder Rembrandt, sondern etwa die Arbeit eines Schülers.
Aufwendiger ist das möglichst genaue Abmalen von Originalen. Und davor schreckten auch die berühmten Maler selbst nicht zurück: Von Michelangelo etwa ist die Geschichte überliefert, wie er als 15-Jähriger als kleine Fingerübung ein Porträt nachzeichnen sollte und das so formvollendet erledigte, dass er seinem Lehrer später die Kopie zurückgeben konnte und das Original kurzerhand für sich behielt.
Für Aufsehen sorgte 2012 auch der Fall der angeblichen "Sammlung Werner Jägers", die in Wirklichkeit aus Fälschungen bestand. Sie erzielten bei Kunstauktionen insgesamt geschätzte 50 Millionen Euro, bevor die Fälscherbande rund um das Ehepaar Beltracchi aufflog.
Die angebliche "Sammlung Werner Jägers" bestand aus Fälschungen
Die höchste Stufe der Kunstfälschungen sind Neukreationen, die den Stil eines bestimmten Künstlers täuschend echt nachahmen. Dafür brauchen die Fälscher selbst viel Talent, Kunstverstand und Wissen: über die gewünschte Epoche, über Techniken, Materialien und vieles mehr.
Die perfekte Stilfälschung eines Meisterwerks kann sich dann über Jahre hinziehen und auch viel Geld in Anspruch nehmen – und wird deshalb seltener. Aber auch das Risiko, entdeckt zu werden, ist gering: Wenn die Fälschung gut gemacht ist und alte Materialien verwendet wurden, können oft selbst die Experten nicht mit Sicherheit sagen, ob es sich um ein bislang verschollenes und unbekanntes Werk eines berühmten Künstlers handelt oder um eine kriminelle Meisterleistung.
Viele Fälscher bleiben ihr Leben lang unbehelligt: Seit Jahrzehnten schon soll der unbekannte "Spanische Meister" seine Imitate unerkannt an Museen und Sammler verkaufen, ohne aufzufliegen.
Berühmter Kunstfälscher: Wolfgang Beltracchi
Diebstahl auf Bestellung
In Deutschland werden von alten Meistern bis Pop-Art täglich sieben Kunstobjekte gestohlen. Geraubt wird quasi nach Katalog. Die meisten Kunstdiebe arbeiten auf Bestellung für einen Auftraggeber, der für die Diebesbeute gut bezahlt.
Die heiße Ware lässt sich meist nur auf dem Schwarzmarkt verkaufen, auf dem legalen Kunstmarkt gibt es kaum Absatzmöglichkeiten. Bekannt wurde der Fall eines griechischen Industriellen, der 1984 Raffaels "Madonna Esterhazy" aus dem Jahre 1508 aus einem Budapester Museum stehlen ließ und das Bild in seiner Villa aufhängte.
Die Schadenssummen sind enorm und übertreffen jeden gewöhnlichen Bankraub. Laut Interpol rangiert der Kunstraub nach Drogen- und Waffenhandel ganz oben auf der Liste der lukrativen Verbrechen.
Ähnlich wie in Kriminalfilmen dringen die Räuber in ein Museum ein, holen in Sekundenschnelle die Bilder von der Wand und fahren mit ihrem Fluchtauto davon. Als 2003 die kostbare Goldschmiedearbeit "Saliera" aus dem Kunsthistorischen Museum in Wien gestohlen wurde, hatte der Täter nicht mehr als 46 Sekunden zur Verfügung – und entkam dennoch unerkannt.
Manchmal kommt es auch zum "Artnapping", also sozusagen zum Kunst-Kidnapping. Die Kunsträuber vereinbaren mit den Museen oder den Versicherungen eine Lösegeldsumme, für die diese das entwendete Bild zurückkaufen können. Schließlich sind Gemälde besonders pflegeleichte und transportable Geiseln.
Meist beträgt die Lösegeldforderung rund zehn Prozent des Marktwertes. Und die Versicherungen zahlen gerne, schließlich wären die Schadensersatzforderungen der Eigentümer noch weitaus höher.
Spektakulärer Kunstraub: Vier Jahre lang war Munchs "Schrei" verschollen
Beutekunst
Weltweit verschwinden Kunstschätze aus Museen, Kirchen und Klöstern. Meist begünstigen politisch instabile Verhältnisse oder Kriegswirren die Kunstdiebstähle.
Ein trauriger Höhepunkt in Sachen Beutekunst der vergangenen Jahrzehnte war 2003 die Plünderung des irakischen Nationalmuseums in Bagdad. Professionelle Banden raubten Zehntausende Kunstwerke mit einem Gesamtwert in Milliardenhöhe und schafften viele Kunstschätze aus dem Land. Noch immer sind Tausende Objekte verschwunden.
Verwüstete Kunstwerke im zerstörten Irakischen Nationalmuseum (2003)
Viele Kunstschätze schlummern unter der Erde
Besonders schwer zu beschützen sind antike Gräberfelder. Aufgrund ihrer eindrucksvollen Geschichte und kulturellen Vergangenheit verfügen vor allem Ägypten und Italien über viele Boden-Schätze dieser Art. Entsprechend groß ist dort auch das Problem mit Grabräubern.
Während der Diebstahl eines Bildes oder einer Skulptur meist schnell bemerkt wird, ist nur schwer zu erahnen, was sich einst unter der Erde befand. Experten schätzen, dass die meisten antiken Kunstschätze in chinesischer Erde schlummern.
Die Provinz Shaanxi, in der die legendären Tonsoldaten gefunden wurden, ist reich an unterirdischen Kulturgütern. Meist sind es Bauern, die beim Pflügen ihrer Felder auf die Kulturschätze stoßen.
Oft befürchten die Bauern, dass der Staat ihren Fund enteignet und dafür keinen Finderlohn auszahlt. So gelangen die Kunstgegenstände über Zwischenhändler auf den illegalen Kunstmarkt. Die Nachfrage nach chinesischen Kulturgütern ist nach wie vor ungebrochen.
Die berühmte "Terrakotta-Armee"
(Erstveröffentlichung: 2014. Letzte Aktualisierung: 18.05.2021)
Quelle: WDR