Der Preis des schönen Lebens
Ein Blick in die Tabellen des Statistischen Bundesamts zeigt: An Konsumgütern herrscht in Deutschland kein Mangel. In den meisten Haushalten gibt es mindestens ein Auto, einen Flachbildschirm-Fernseher und so gut wie jeder Erwachsene hat ein eigenes Smartphone.
Allerdings zahlen wir für unseren Konsum auch einen hohen Preis. Je mehr wir verbrauchen, umso stärker schädigen wir unsere Lebensgrundlagen.
Wichtige Rohstoffe wie Erdöl und Phosphor werden knapp, die Böden laugen aus, der Grundwasserspiegel sinkt, Giftstoffe aus dem Müll belasten die Umwelt, Wälder werden abgeholzt. Manche Wissenschaftler warnen bereits vor Verteilungskriegen um die knapper werdenden Ressourcen, ganz besonders von Ackerflächen und Süßwasser.
"Fast Fashion": Kleidung wird schnell produziert und ist dann oft auch schneller kaputt
Diese Sorge ist berechtigt. Ändern wir unser Konsumverhalten nicht, werden die natürlichen Ressourcen der Erde nicht mehr lange für alle Menschen reichen. Die Bürger der westlichen Industriestaaten leben seit Jahrzehnten weit über ihre Verhältnisse. Stehen rein rechnerisch jedem Menschen auf der Erde 1,7 Hektar zu, um den Verbrauch zu decken, benötigen sie meist mehr als das Doppelte.
Negative Spitzenreiter sind die Menschen in den USA, die acht Hektar zur Deckung ihres Lebensstils brauchen. Aber auch in Deutschland liegen die Menschen mit 5,1 Hektar weit über dem Anteil, der ihnen zusteht. Allein unser täglicher Rohstoffverbrauch liegt pro Kopf bei 200 Kilogramm. Ende der 1970er-Jahre war es noch die Hälfte.
Verheerende Ökobilanz
Dabei wirken sich manche Lebens- und Konsumgewohnheiten negativer aus, als es auf den ersten Blick scheint. Ein Beispiel ist der Verzehr von Fleisch, insbesondere von Rind aus Massentierhaltungen.
Der World Wide Fund for Nature (WWF) hat errechnet, dass für die Produktion von einem Kilogramm Rindfleisch 6,5 Kilogramm Getreide, 36 Kilogramm Raufutter und 15.500 Liter Wasser eingesetzt werden müssen. Gleichzeitig werden jedes Jahr rund 310.000 Hektar Regenwald gerodet, unter anderem um Viehfutter anzubauen. Das entspricht der Fläche von ganz England.
In Smartphones wiederum sind bis zu 30 Metalle verbaut, die mit hochgiftigen Chemikalien aus dem Gestein gewaschen werden. Um ein einziges Gramm Gold zu gewinnen, mit dem man etwa 50 Smartphones bestücken kann, muss eine ganze Tonne Erz abgesprengt und zermahlen werden.
Auch die Ökobilanz von Mineralwasser ist verheerend. Im Vergleich zu Leitungswasser benötigt seine Herstellung eine tausend mal höhere Energiemenge, weil die Flaschen produziert, etikettiert und mit dem Mineralwasser befüllt werden müssen, das oft aus anderen Regionen in Lastwagen herbei gefahren wird.
Wer für seine Familie ein Haus baut, vergrößert seinen ökologischen Fußabdruck ebenfalls gewaltig: Ein Neubau verschlingt zwei Mal mehr Rohstoffe als die Sanierung eines bereits bestehenden Gebäudes. Und bevor die Steine, die Erde und das Holz verbaut werden können, müssen sie gefördert, bearbeitet, gelagert und transportiert werden.
Eine Jeans hat sogar 12.000 Liter Wasser verbraucht und rund 50.000 Kilometer zurückgelegt, bevor sie das Geschäft erreicht.
Ganz oben auf dem Speiseplan – Rindfleisch
Die Ex-und-hopp-Mentalität
Zudem macht die immer kürzere Gebrauchsdauer von Produkten den Rohstoffreserven zu schaffen. Während die Menschen früher viele Geräte so lange wie möglich benutzten, sortieren sie heute viele Geräte deutlich früher aus und mindern so die Rohstoff-Effizienz.
So werden die Metalle im Handy oder Laptop zuerst mühsam aus dem Gestein geholt – und dann gerade mal zwei Jahre genutzt, bevor die Geräte in einer Schublade landen und durch neue ersetzt werden. Viele Elektroherde und Töpfe sind noch intakt, wenn sie durch einen Induktionsherd und das dazugehörige Kochgeschirr ausgetauscht werden.
Oft sorgen die Hersteller absichtlich dafür, dass ihre Produkte eine kürzere Nutzungsdauer haben als es möglich wäre. Ob sie dazu Schwachstellen in die Geräte einbauen, ist umstritten; jedenfalls gibt es für viele Geräte schon nach relativ kurzer Zeit keine Ersatzteile mehr.
Auch das Einführen neuer Software oder neuer Apps, die nur auf der neuesten Geräte-Generation laufen, ist ein weit verbreitetes Mittel, um Verbraucher zum Kauf eines neuen Laptops, Smartphones oder Tablets zu bringen.
Oft kostet ein neues Gerät außerdem weniger als die Reparatur des alten. Dadurch werden Rohstoffe unnötig verbraucht und Umweltschäden nehmen rapide zu.
Goldsuche für Handys, mühevolle Handarbeit
Die Verantwortung der Verbraucher
Manchmal werden Unternehmen aber auch zur Überproduktion und zum Wegwerfen gezwungen. So erwarten viele Verbraucher, dass sie bis zum Abend sämtliche Brotsorten bekommen können und das Brot täglich frisch ist. Viele Tonnen Brot landen deshalb jedes Jahr in Deutschland auf den Müll.
Auch krumm gewachsenes Gemüse, Obst mit kleinen Druckstellen und Waren mit verdrückten oder eingerissenen Packungen wird von den Kunden ungern gekauft. So wird ein großer Teil aller Lebensmittel von Verbrauchern, Märkten oder Produzenten weggeworfen.
Auf diese Weise entsteht ein bedenklicher Kreislauf: Auf der einen Seite werden kostbare Ressourcen wie fruchtbare Böden und Wasser beansprucht, um Getreide, Obst und Gemüse anzubauen, das niemand isst. Gleichzeitig wird eine Menge Energie aufgewendet, um die Überproduktion wieder zu vernichten.
Mülltaucher – Essen aus der Tonne
Planet Wissen. 02.02.2022. 04:27 Min.. UT. Verfügbar bis 20.12.2024. WDR.
(Erstveröffentlichung 2014. Letzte Aktualisierung 28.10.2019)
Quelle: SWR