Verkümmerte Flügel ohne Funktion
Er ist von unförmiger Gestalt, sein Gefieder ist zottelig und erinnert eher an Fell als an Federn. Der Ruf des Vogels? Klingt wie das Grunzen eines Schweins. Und dann scheint er auch noch manchmal die Balance zu verlieren, wenn er sich hoppelnd am Boden vorwärts bewegt.
Doch die Neuseeländer sind stolz auf ihren flugunfähigen Sonderling – so stolz, dass sie sich selbst sogar nach ihm nennen.
Wie der Kiwi nach Neuseeland kam, ist bis heute nicht klar – so wie wissenschaftlich nicht endgültig geklärt ist, ob bereits die Vorfahren des 35 Zentimeter großen Vogels flugunfähig waren oder der Kiwi erst während seiner Entwicklung zu einem Laufvogel wurde.
Fest steht jedoch, dass der Schnepfenstrauß – so sein anderer Name – der kleinste Laufvogel der Welt ist. Er trägt ein braunes, eher fellartiges Gefieder.
Mit den darunterliegenden verkümmerten Flügeln (vier bis fünf Zentimeter lang) ist es ihm unmöglich, sich in die Lüfte zu schwingen. Außerdem fehlt dem Kiwi ein Schwanz, wodurch seine Körperform eigentümlich oval anmutet.
Keine wirkliche Schönheit, aber sehr beliebt
Er läuft und läuft und läuft
Fliegen kann er also nicht. Dafür kann der Kiwi jedoch gut, ausdauernd und – wenn nötig – auch schnell laufen. Seine Beine sind kräftig und muskulös, mit großen Füßen, die scharfe Krallen haben.
Diese sind brauchbare Grabwerkzeuge bei der Nahrungssuche – und gleichzeitig ein wirksames Mittel, wenn sich der Schnepfenstrauß verteidigen muss. Lange Zeit hatte er in Neuseeland auf dem Boden keine natürlichen Feinde. Denn ursprünglich gab es in Neuseeland außer Fledermäusen keine Landsäugetiere, die Vögeln zusetzen konnten – bis der Mensch kam.
Sowohl die europäischen Siedler als auch die von ihnen eingeschleppten Säugetiere, wie Hunde oder Katzen, jagten die Kiwis. Erst 1896 wurde die Jagd auf das neuseeländische Nationaltier verboten; seit 1921 steht es unter Naturschutz.
Von den Menschen droht dem Kiwi heute keine direkte Gefahr mehr, wohl aber durch die Zerstörung der Landschaft und besonders durch nicht heimische Raubtiere.
Auch für den Kiwi gefährlich
Des Kiwis Leibgericht: Würmer
Die Nahrung des Kiwis ist vielfältig, er ist ein Allesfresser. Am liebsten mag er allerdings Würmer. Nach ihnen geht der Vogel nachts auf die Jagd – der Kiwi ist ausschließlich nachtaktiv. Dann gräbt, schnüffelt und tastet er sich durch den Boden: An seinem stricknadeldünnen, biegsamen Schnabel befinden sich am Ende zwei Nasenlöcher, mit denen er unter der Erde ausgezeichnet riechen kann.
Außerdem befinden sich an der Unterseite seines Schnabels Borsten, ähnlich den Schnurrhaaren einer Katze, mit denen er seine Beute zusätzlich ertasten kann. Der einzige Nachteil an dieser Jagdtechnik: Manchmal gelangt beim Wühlen im Boden Dreck in seine Nasenlöcher, den der Kiwi dann mit einem lauten Niesen herausprustet – und dadurch seine Beute warnt.
Viele Eigenschaften wie ein Säugetier
Mit seinen Eigenschaften könnte Neuseelands Nationaltier eigentlich auch ein Säugetier sein: Der Kiwi fliegt nicht, sein Gefieder wirkt fellartig, er hat als einziger Vogel seine Nasenlöcher an der Spitze des Schnabels und sieht im Gegensatz zu den meisten anderen Vögeln auch noch schlecht.
Seine Fortpflanzung allerdings ist vogeltypisch: Das Weibchen legt jedes Jahr ein bis zwei Eier. Diese sind riesig: Ein Kiwi-Ei kann bis zu 450 Gramm und damit bis zu 20 Prozent des Körpergewichts des Weibchens wiegen. Im Vergleich zu anderen Vogeleiern ist der Anteil des für den Embryo nahrhaften Dotters viel höher.
Nach 60- bis 90-tägiger Brutzeit schlüpft ein wohlgenährtes Küken, das wie eine kleine Ausgabe seiner Eltern aussieht. Bereits nach einigen Tagen kann es sich komplett selbst versorgen. Ausgewachsen ist ein Kiwi mit 18 Monaten. Er kann mehr als 20 Jahre und damit für einen Vogel sehr alt werden.
Das Kiwi-Junge ist enorm schnell von seinen Eltern unabhängig
(Erstveröffentlichung 2009. Letzte Aktualisierung 13.03.2020)
Quelle: WDR