Der Papst in festlicher Kluft grüßt mit erhobenem rechten Arm

Päpste

Benedikts Enzyklika "Deus Caritas est"

"Gott ist die Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott, und Gott bleibt in ihm." Mit diesen Worten aus dem Ersten Johannesbrief begannt Papst Benedikt XVI. seine erste Enzyklika.

Von Gregor Delvaux de Fenffe

Botschaft von hoher Aktualität

Eine Enzyklika ist ein offizielles päpstliches Rundschreiben, meist in Latein gehalten. Zu Beginn eines neuen Pontifikats wird die erste Enzyklika mit Spannung erwartet, da sie oft das "Regierungsprogramm" des Papstes enthält. Nicht so bei Papst Benedikt XVI.: Er wandte sich 2005 mit seinem nicht umfangreichen, aber konkret gefassten Schreiben in zwei Teilen dem Thema Liebe zu.

Viele Kirchenvertreter zeigten sich angesichts des wenig dogmatischen, konkreten und bedeutungsvollen Themas der ersten Enzyklika des deutschen Papstes überrascht. Hier ein paar Auszüge:

"In einer Welt, in der mit dem Namen Gottes bisweilen die Rache oder gar die Pflicht zu Hass und Gewalt verbunden wird, ist dies eine Botschaft von hoher Aktualität und von ganz praktischer Bedeutung. Deswegen möchte ich in meiner ersten Enzyklika von der Liebe sprechen, mit der Gott uns beschenkt und die von uns weitergegeben werden soll. […] Mein Wunsch ist es, auf einige grundlegende Elemente nachdrücklich einzugehen, um so in der Welt eine neue Lebendigkeit wachzurufen in der praktischen Antwort der Menschen auf die göttliche Liebe."

Benedikt über die Einheit von Leib und Seele

"Sie [die Liebe] verheißt Unendlichkeit, Ewigkeit — das Größere und ganz andere gegenüber dem Alltag unseres Daseins. Zugleich aber hat sich gezeigt, dass der Weg dahin nicht einfach in der Übermächtigung durch den Trieb gefunden werden kann. Reinigungen und Reifungen sind nötig, die auch über die Straße des Verzichts führen. Das ist nicht Absage an den Eros, nicht seine "Vergiftung", sondern seine Heilung zu seiner wirklichen Größe hin.

Dies liegt zunächst an der Verfaßtheit des Wesens Mensch, das aus Leib und Seele gefügt ist. Der Mensch wird dann ganz er selbst, wenn Leib und Seele zu innerer Einheit finden; die Herausforderung durch den Eros ist dann bestanden, wenn diese Einigung gelungen ist. Wenn der Mensch nur Geist sein will und den Leib sozusagen als bloß animalisches Erbe abtun möchte, verlieren Geist und Leib ihre Würde. Und wenn er den Geist leugnet und so die Materie, den Körper, als alleinige Wirklichkeit ansieht, verliert er wiederum seine Größe.[…]

Nur in der wirklichen Einswerdung von beidem wird der Mensch ganz er selbst. Nur so kann Liebe — Eros — zu ihrer wahren Größe reifen."

Benedikt über die "Verherrlichung des Leibes"

"Heute wird dem Christentum der Vergangenheit vielfach Leibfeindlichkeit vorgeworfen, und Tendenzen in dieser Richtung hat es auch immer gegeben. Aber die Art von Verherrlichung des Leibes, die wir heute erleben, ist trügerisch. Der zum "Sex" degradierte Eros wird zur Ware, zur bloßen "Sache"; man kann ihn kaufen und verkaufen, ja, der Mensch selbst wird dabei zur Ware. In Wirklichkeit ist dies gerade nicht das große Ja des Menschen zu seinem Leib.

Im Gegenteil: Er betrachtet nun den Leib und die Geschlechtlichkeit als das bloß Materielle an sich, das er kalkulierend einsetzt und ausnützt. Es erscheint nicht als Bereich seiner Freiheit, sondern als ein Etwas, das er auf seine Weise zugleich genussvoll und unschädlich zu machen versucht.

In Wirklichkeit stehen wir dabei vor einer Entwürdigung des menschlichen Leibes, der nicht mehr ins Ganze der Freiheit unserer Existenz integriert, nicht mehr lebendiger Ausdruck der Ganzheit unseres Seins ist, sondern gleichsam ins bloß Biologische zurückgestoßen wird. Die scheinbare Verherrlichung des Leibes kann ganz schnell in Haß auf die Leiblichkeit umschlagen.

Demgegenüber hat der christliche Glaube immer den Menschen als das zweieinige Wesen angesehen, in dem Geist und Materie ineinandergreifen und beide gerade so einen neuen Adel erfahren. Ja, Eros will uns zum Göttlichen hinreißen, uns über uns selbst hinausführen, aber gerade darum verlangt er einen Weg des Aufstiegs, der Verzichte, der Reinigungen und Heilungen."

Quelle: SWR | Stand: 30.03.2020, 10:33 Uhr

Darstellung: