Seekuh, neben der drei Fische schwimmen

Meer

Rotes Meer

Für die einen ist es ein Tauchparadies, für die anderen Hort wichtiger Ölquellen oder ein unverzichtbarer Transportweg: das Rote Meer. An seinen Ufern erheben sich Wüstengebirge, in seinen Tiefen verbirgt es eine schillernde Vielfalt an Fischen und Korallen.

Von Christina Lüdeke

Geologisch unruhige Region

Touristisch am besten erschlossen ist die Küste in Ägypten. Dort locken zahlreiche Hotelanlagen mit All-Inclusive-Angeboten die sonnenhungrigen Urlauber. Doch noch sieben weitere Länder umschließen das Rote Meer – mit bisweilen von Reisenden beinahe unberührten Küstenstreifen.

Aus erdgeschichtlicher Perspektive ist das "Bahr el Ahmar", wie das Rote Meer im Arabischen heißt, noch ziemlich jung. Es entstand vor etwa 25 Millionen Jahren durch die Trennung der afrikanischen von der asiatischen Kontinentalplatte. Der entstandene Riss wurde von Meerwasser gefüllt.

Bis heute ist die Region geologisch gesehen recht unruhig: Jahr für Jahr rücken die Kontinentalplatten etwas weiter auseinander – zwischen fünf Millimetern im Süden und 15 Millimetern im Norden. Denkbar ist, dass in vielen Jahrmillionen hier ein neuer Ozean zwischen Afrika und Asien entsteht.

Obgleich das Meer eher schmal ist – im Norden ist es etwa 180 Kilometer breit, im Süden rund 360 Kilometer –, ist es in seiner Senke im Durchschnitt rund 2000 Meter tief. So gibt es unter Wasser teilweise steil abfallende Hänge und Schluchten.

Aber nicht überall: An der Meerenge Bab el-Mandab etwa, die das Rote Meer mit dem Indischen Ozean verbindet, ist es nur 134 Meter tief. Die Oberfläche des Roten Meeres umfasst insgesamt rund 438.000 Quadratkilometer und ist damit in etwa so groß wie Schweden.

Aufnahme des Roten Meeres von der Raumstation ISS aus.

Das Rote Meer aus dem All betrachtet

Zum Teil unberührte Küsten

Bei Weitem das längste Küstenstück des Roten Meeres gehört zu Saudi-Arabien. Dort sind westliche Touristen noch selten. Zwar bieten einige deutsche Reiseveranstalter inzwischen auch Tauchsafaris in Saudi-Arabien an, diese Reisen sind aber noch relativ selten. Unter Tauchern gilt die Küste Saudi-Arabiens daher weiterhin als Geheimtipp.

Weitere Anrainerstaaten am Roten Meer sind der Sudan, Eritrea, Jemen und Dschibuti. Im Norden hat das Rote Meer zwei schmale Ausläufer. Im Nordwesten, auf ägyptischer Seite, ist dies der Golf von Suez, der mit dem Suez-Kanal ins Mittelmeer mündet. Im Nordosten gelegen ist der Golf von Akaba. An diesem Meeresarm haben außer Ägypten und Saudi-Arabien auch Israel und Jordanien einen Zugang zum Roten Meer.

Hoher Salzgehalt und warmes Wasser

In das Rote Meer münden keine Flüsse. Ein Wasseraustausch findet im Wesentlichen mit dem Indischen Ozean über die Meerenge Bab el-Mandab statt. Zusammen mit der klimatisch bedingten hohen Wasserverdunstung erklärt dies den vergleichsweise hohen Salzgehalt des Meeres von bis zu vier Prozent.

Außerdem ist das Wasser sehr warm – selbst im Winter sinkt seine Temperatur nur selten unter 22 Grad Celsius. Ungewöhnlich ist dabei, dass auch die tiefen Stellen nur wenig kühler sind.

Diesen Wassertemperaturen verdankt das Rote Meer seinen Artenreichtum, denn sie begünstigen die Entstehung von Korallen. Allerdings mögen auch die Korallen Wärme nur begrenzt: Bleibt das Wasser zu lange zu warm, ist das nicht für alle Korallenarten positiv. Deshalb ist die Vielfalt der Unterwasserparadiese im Roten Meer auch von der Klimaerwärmung bedroht.

Ein mit einer Weichkoralle bewachsener Gorgonienfächer im Roten Meer

Der Klimawandel bedroht die Korallen

Warum rot? Algen, Felsen, Himmelsrichtung

Gleich mehrere Erklärungen gibt es dafür, woher das Rote Meer seinen Namen hat. Zum einen ist hier die Blaualge heimisch, die sich in ihrer Blüte rostrot färbt. Die Algen schwimmen direkt unterhalb der Wasseroberfläche und lassen so das Wasser rötlich schimmern. Doch diese Algenblüte kommt eher selten und unregelmäßig vor.

Denkbar ist auch, dass phönizische Seefahrer dem Roten Meer wegen der roten Felsen an der Küste diesen Namen gaben: Das Gestein enthält hier Eisenoxid, das für eine rötliche Färbung verantwortlich ist.

Iranische Seefahrer wiederum benannten üblicherweise die Himmelsrichtungen nach Farben. Rot stand für Süden – und das Rote Meer lag aus iranischer Sicht im Süden. Ein weiterer Erklärungsansatz sieht die Himjaren als Namensgeber. Das Königreich Himjar lag vor rund 2000 Jahren im Gebiet des heutigen Jemen am Roten Meer. Sein arabischer Name soll die gleichen sprachlichen Wurzeln haben wie die arabische Bezeichnung für die Farbe Rot.

Wichtiger Transportweg

Schon im alten Ägypten hatte das Rote Meer eine große Bedeutung als Handelsstraße. Im 1. Jahrhundert nach Christus stachen dann die Römer von hier aus in See, um Produkte aus Indien zu erwerben. Und auch heute noch ist das Rote Meer als Transportweg von großer Bedeutung: Riesige Öltanker durchqueren es auf dem Weg von der arabischen Halbinsel in Richtung Mittelmeer.

Engpass auf dieser Strecke ist der Suezkanal, der das Rote Meer und das Mittelmeer miteinander verbindet. Er wurde zwischen 1859 und 1869 auf Betreiben der Franzosen ausgehoben und ist heute für den ägyptischen Staat eine wichtige Einnahmequelle.

Die Idee, eine Verbindung zum Mittelmeer zu schaffen, war übrigens uralt: Schon im 14. Jahrhundert vor Christus begannen ägyptische Herrscher mit Bauarbeiten an einem Kanal zum Nildelta. Dieser Kanal versandete jedoch immer wieder und wurde schließlich im 8. Jahrhundert nach Christus unbrauchbar.

Nicht nur als Transportweg ist das Rote Meer dem Öl verbunden – dort wird auch gefördert. Damit ist das Naturparadies gleich in doppelter Hinsicht der Gefahr einer Ölpest ausgesetzt. Zum einen gibt es immer wieder Pannen bei der Förderung, durch die Öl an den Bohrinseln austritt. Zum anderen bedrohen Schiffsunfälle das Ökosystem, wie etwa im August 2009, als ein Öltanker in der Nähe von Suez auseinanderbrach und sank.

(Erstveröffentlichung 2010. Letzte Aktualisierung 25.03.2020)

Quelle: WDR

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