Totenvogel und "Wilde Jagd"
Bereits im antiken Rom glaubten viele, dass der Eulenruf den nahen Tod eines Menschen voraussagt. Diesen Ruf haben die Eulen lange nicht verloren.
Auch im Mittelalter galten sie als "Totenvögel". Dabei wurde ihnen zum Verhängnis, dass Waldkäuze des öfteren nachts um die Häuser flogen, in denen eine Totenwache stattfand. Dass die Käuze nur die Insekten jagten, die vom Kerzenlicht der Bewohner angelockt wurden, war den Menschen damals nicht klar. Statt dessen wurden die "Kuwitt, kuwitt"-Rufe der Käuze als "Komm mit" (ins Jenseits) gedeutet.
Das Image der Eulen war entsprechend schlecht: Man hielt sie für Überbringer von Seuchen und Unglück, als Gehilfen von Hexen und des Teufels. Noch im 20. Jahrhundert wurden lebende Eulen mit ausgebreiteten Flügeln an Scheunentore genagelt. Viele Landbewohner glaubten, ihren Hof so vor Blitzschlag, Feuer, Hagel und Seuchen schützen zu können.

Als Kreaturen der Nacht waren Eulen vielen Menschen unheimlich
Gleichzeitig gilt die Eule aber seit Jahrtausenden als besonders klug: Ihr Aussehen erinnert an einen Menschen mit Brille, bei dem man sich vorstellt, dass er viel liest und ebenso viel weiß. Deshalb findet man Eulen häufig dort als Wappentier oder Logo, wo es um Wissen geht: beispielsweise in Schulen, Universitäten oder Verlagen.
Auch im antiken Athen war die Eule das Symbol für Weisheit. Aus dieser Zeit stammt die Redewendung "Das wäre wie Eulen nach Athen tragen", was etwas Unsinniges, Überflüssiges zu tun bedeutet. Die Griechen sind ihrer Eule bis heute treu geblieben und haben sie auf die Rückseite der griechischen Ein-Euro-Münze geprägt.

Die Griechen haben ein langes positives Verhältnis zu Eulen
Nicht verwandt mit den Greifvögeln
Für den Naturfreund sind Eulen wegen ihrer Lebensweise besonders interessante Tiere. Zum Beispiel sind sie nachtaktiv, wodurch sie eine Sonderstellung haben. Im Grunde besetzen Eulen die gleiche ökologische Nische wie Greifvögel – nur dass sie im Gegensatz zu diesen in der Nacht jagen.
Auch Eulen haben scharfe Krallen und Hakenschnabel. Trotzdem sind sie nicht unmittelbar mit Greifvögeln wie Adler, Falke oder Habicht verwandt. Es ist wohl die ähnliche Jagdweise, die während der Evolution zu dieser äußeren Übereinstimmung geführt hat.

Scharfer Hakenschnabel, aber kein Greifvogel: der Uhu
Nächtliche Jäger mit scharfen Sinnen
Eulen haben sehr viele Sehzellen und nehmen auch bei schwachem Licht noch Beutetiere wahr. Ihre Augen sind sehr viel lichtempfindlicher als die des Menschen. Anders als bei anderen Vögeln sitzen die Augen bei Eulen nicht seitlich, sondern schauen nach vorne.
Sie sind zudem unbeweglich, da der Augapfel fest mit dem Schädelknochen verwachsen ist. Dies führt zum typischen starren Eulenblick. Diesen Nachteil gleicht die Eule aber durch eine enorme Beweglichkeit des Kopfes aus. Ohne den Körper zu bewegen, kann eine Eule über die gegenüberliegende Schulter blicken. Sie schafft dabei eine Drehung von 270 Grad.
Die Sehfelder beider Augen überlappen, was zu einem sehr guten Abschätzen von Entfernungen und zu dreidimensionalem Sehen führt.

Durchdringender Blick, auch bei Dunkelheit
Eulen sehen räumlich sehr gut. Deshalb können sie die Geschwindigkeit der Beute und die Entfernung zu ihr richtig einschätzen, was für eine erfolgreiche Jagd unabdingbar ist. Die Ohren sind bei Eulen schlitzartig und seitlich am Kopf angeordnet. Bei vielen Arten liegt die rechte Ohröffnung etwas höher als die linke.
Der Gesichtsschleier lenkt den Schall zusätzlich in Richtung Ohröffnungen und verstärkt ihn. So können Eulen ihre Beute sehr gut akustisch orten und verfügen über eine ausgezeichnete Raumorientierung.
Weil die Empfindlichkeit ihres Gehörs in höheren Frequenzbereichen besonders stark ausgeprägt ist, kann eine Eule Mäuse auch noch unter einem halben Meter Schnee rascheln hören.
Geräuschlose Flieger mit Wendezehe
An den Füßen haben Eulen eine Wendezehe, die sowohl nach vorne als auch nach hinten gedreht werden kann. Die Zeheninnenseiten haben kleine Knötchen (Papillen), mit denen die Tiere sicher tasten und greifen.
Eulen können nahezu geräuschlos fliegen. Ihre Federn haben keine festen Kanten wie die Federn anderer Vögel, sondern sind am Rand gezahnt. Die weichen, leicht ausgefransten Kanten und eine samtige Oberfläche des Gefieders dämpfen das Geräusch der sich aneinanderreibenden Federn und der Luft, die durch die Federn rauscht.
Hinzu kommt eine relativ große Spannweite der Flügel, die den Nachttieren einen sanften Flug auf leisen Schwingen ermöglicht.

Eulen haben eine große Flügelspannweite
Verräterische Gewölle
Hauptbeutetiere der Eulen sind verschiedene Arten von Mäusen. Besonders häufig jagen sie die relativ träge Wühlmaus. Daneben erbeuten sie auch andere Vögel, größere Eulen fressen sogar auch kleinere Eulenarten.
Der mächtige Uhu erlegt sogar Tiere bis zur Größe eines Hasen oder eines Rehkitzes. Besonders gerne mag er Igel, die er geschickt aushöhlt, sodass nur die Haut mit den Stacheln übrig bleibt. Kleinere Eulenarten wie Zwergohreule oder Steinkauz ernähren sich auch von Würmern und Insekten.
Was Eulen fressen, lässt sich vor allem anhand der Knochen in ihren Gewöllen erkennen, also den unverdaut wieder hervorgewürgten Fraßresten. Im Gegensatz zu Greifvögel-Gewöllen findet man in Eulengewöllen viele Knochen, da ihre Magensäure weniger konzentriert ist und die Reste der Beute nicht so stark zersetzt werden.

Steinkäuze nehmen auch mit Regenwürmern vorlieb
Ansitz- oder Pirschjäger
Eulen kennen zwei verschiedene Jagdmethoden: Ansitzjagd und Pirschjagd. Arten, die im Wald leben, jagen von einem Ansitz aus. Sie warten meist auf einem Ast oder einem Felsen, bis sie ein Beutetier erspähen.
Auf die Pirsch fliegen Eulen, die in offenen Landschaften jagen. Die Beute wird dabei aus dem Flug heraus geortet. Bei beiden Jagdmethoden muss die Eule fliegen, um die Beute zu ergreifen. Dabei wird der Flug kurz vor dem Zupacken abgebremst, die Beine werden nach vorne gestreckt, die Zehen gespreizt. Die Eule tötet ihre Beute anschließend mit einem schnellen Biss.

Schleiereulen gehen auf die Pirsch
(Erstveröffentlichung 2008. Letzte Aktualisierung 24.03.2020)
Quelle: SWR