Vor dem Arc de Triomphe in Paris marschieren Legionäre der Fremdenlegion auf die Kamera zu. Die breite Straße ist gesäumt von grünen Bäumen und französischen Flaggen.

Deutsche Geschichte

Deutsche in der französischen Fremdenlegion

Ausgerechnet die deutschen "Erbfeinde" waren knapp 100 Jahre lang das Rückgrat der französischen Fremdenlegion. Denn in der Geschichte der Legion kamen mehr Soldaten aus Deutschland als aus jeder anderen Nation.

Von Birgit Amrehn

Gründung der Fremdenlegion (am 10.03.1831)

WDR Zeitzeichen 10.03.2016 14:17 Min. Verfügbar bis 08.03.2026 WDR 5


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Zum einen wurde er in dieser Armee, die nur Ausländern vorbehalten war, die unliebsamen politischen Asylsuchenden in Frankreich los, denn Frankreich gewährte seit der Revolution von 1830 allen politischen Flüchtlingen aus Europa Zuflucht.

Zum anderen schuf er ein Kampfinstrument für Frankreichs koloniale Interessen, ohne dass eine französische Mutter über den Tod ihres Sohnes weinen musste.

Porträt des stehenden und Uniform tragenden König Louis Philippe (1773-1850).

König Louis Philippe gründete die Legion


Die Deutschen in der Legion

Zu Beginn der französischen Fremdenlegion spielten die Deutschen kaum eine Rolle. Erst nach dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 sollte sich das grundlegend ändern.

Der Historiker Eckard Michels schätzt, dass von 1870 bis 1962 ungefähr 100.000 Deutsche in die Fremdenlegion eintraten. Rechnet man die Elsass-Lothringer hinzu, die zwischen 1870 und 1918 deutsche Staatsangehörige waren, erhöht sich die Zahl auf etwa 125.000.

Damit stellten die Deutschen in diesen knapp 100 Jahren ungefähr ein Drittel aller Legionäre, in manchen Jahren sogar über die Hälfte.

Wieso schlug die Legion gerade die Deutschen so in ihren Bann? Zum einen liegt es an der geographischen Nähe zu Frankreich: Bis zur französischen Grenze ist es nicht weit und in jeder größeren französischen Stadt befindet sich ein Rekrutierungsbüro der Legion.

Zum anderen konnten die Franzosen als Besatzungsmacht zweimal in der Geschichte direkt auf deutschem Boden rekrutieren. Nach dem Ersten Weltkrieg errichteten die französischen Besatzungsbehörden Sammellager für die Rekrutierung.

Ein Trupp uniformierter Fremdenlegionäre marschiert musizierend durch karges Gelände.

Marschiert wurde oft zu deutschen Klängen

Zudem konnten sich die Deutschen bei jeder französischen Behördenstelle zur Fremdenlegion melden. Nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgte die Rekrutierung nicht nur in den französisch besetzten Zonen.

Auch in den französischen Kriegsgefangenenlagern wurde intensiv unter den ehemaligen Wehrmachtsangehörigen für die Legion geworben. Viele deutsche Kriegsgefangene zogen das Leben als Legionär dem Hungern im Lager vor.

Darunter waren auch Angehörige der Waffen-SS. Durch die Möglichkeit, in der Fremdenlegion eine neue Identität zu bekommen – dem sogenannten Anonymat –, entzogen sie sich der Strafe für ihre Verbrechen im Dritten Reich.

Sich der Gerichtsbarkeit zu entziehen, war bei den Deutschen jedoch zu keiner Zeit das Hauptmotiv für den Eintritt in die Legion. Oftmals waren es Soldaten, die in Zeiten der Demobilisierung ihr Kriegshandwerk unter fremder Fahne weiterführen wollten. Schlechte Ausbildung, Arbeitslosigkeit und Armut waren weitere Beweggründe.

Die Deutschen hatten in der französischen Fremdenlegion immer einen guten Ruf. 1919 schrieb der Befehlshaber der Legion, General Lyautey, an das französische Kriegsministerium: "Da das beste ausländische Element in der Legion der deutsche Soldat ist, besteht kein Zweifel daran, vorrangig Deutsche zu rekrutieren."

Deutsche Prominente als Legionäre

Vom Hochadel zum einfachen Legionär: 1897 meldete sich Prinz Albert Friedrich von Hohenzollern, der Cousin von Kaiser Wilhelm II., freiwillig zur Legion. Da er mit seiner Vergangenheit brechen wollte, nahm er als Albrecht Nordemann eine neue Identität an. Erst als er im darauffolgenden Jahr in Algerien an Typhus starb, wurde seine wahre Identität aufgedeckt.

Ein anderer Prominenter machte am 16. November 1913 im Rehburger Lokalblatt folgende Schlagzeile: "Der Unterprimaner Jünger, ein Sohn des Bergwerkbesitzers Dr. phil. Jünger hierselbst, hat sich für die französische Fremdenlegion anwerben lassen und befindet sich bereits auf dem Weg über Marseille nach Afrika. Der Vater des Bedauernswerten hat sich an das Auswärtige Amt in Berlin um Hilfe gewandt."

Der "Bedauernswerte" war der spätere Schriftsteller Ernst Jünger. Seine Zeit in der Fremdenlegion war jedoch nur ein kurzes Intermezzo. Bereits nach sechs Wochen hatten ihn sein Vater und das Auswärtige Amt wieder herausgeboxt.

Porträt des Schriftstellers Ernst Jünger aus dem Jahr 1997. Der Mann mit weißen Haaren blickt freundlich in die Kamera.

Schriftsteller Ernst Jünger im Jahr 1997

Reaktionen der deutschen Öffentlichkeit

Dass deutsches Blut für Frankreich floss, wurde in der deutschen Öffentlichkeit heftig diskutiert und kritisiert. Die Fremdenlegion wurde als Hölle beschrieben: Die Legionäre bekämen nichts zu essen, sie würden menschenunwürdig behandelt, als Kanonenfutter in den Tod geschickt.

Immer wieder wurde in der Öffentlichkeit von barbarischen Strafen in der Legion berichtet. Hunderte von Büchern untermauerten dieses Bild, es gab Theaterstücke gegen die Legion.

Anti-Legionsvereine wurden gegründet, um junge deutsche Männer vor dem Eintritt in die Legion zu warnen. In vielen Schulen wurde das Thema "Fremdenlegion" Pflicht.

Dass das Leben als Legionär hart war, besonders in der Vergangenheit, ist unbestritten. Eine Studie des nordrhein-westfälischen Landeskriminalamtes von 1955, in der Heimkehrer aus der Legion befragt wurden, kommt zu dem Ergebnis:

"Die Behandlung der Legionäre richtete sich nach dem eigenen Verhalten dieser. Auf alle Fälle sei der Dienst hart und straff diszipliniert. Hohe und harte Strafen wurden schon für die kleinsten Vergehen verhängt, wie zum Beispiel schlechtes Kartoffelschälen.

Besonders schlimm sei das Tombeau (Anmerkung: der Legionär musste sich ein Grab schaufeln und dort tagelang, den Witterungen ausgesetzt, verharren) gewesen."

Jedoch machten die Heimkehrer der Legion nur selten zum Vorwurf, zu besonders gefährlichen Einsätzen herangezogen worden zu sein. Auch geringer Sold, Verpflegung und Unterkunft waren so gut wie nie Anlass zur Beschwerde.

Somit stimmte das Bild des Legionärslebens in der deutschen Öffentlichkeit in einigen Punkten nicht mit den Schilderungen der Heimkehrer überein. Der Historiker Eckard Michels erklärt diese Tatsache damit, dass die Hetzkampagnen in Deutschland auch immer ein Abbild der Spannungen in den deutsch-französischen Beziehungen waren.

Filmplakat für den Film "Dick und Doof in der Fremdenlegion": Zeichnung zweier Männer, die die Fremdenlegion karikatieren

Filmplakat von 1939: In der (deutschen) Öffentlichkeit hatten die Legionäre keinen guten Ruf

Das verzerrte Bild der Fremdenlegion bekamen die Heimkehrer oft hautnah zu spüren. Ein 1959 aus der Legion entlassener Heimkehrer schreibt: "Das erste Drittel meiner 15-jährigen Rückkehr aus der Legion war eine einzige Demütigung und Beleidigung. Selbst ein Führerscheinprüfer des Straßenverkehrsamtes konnte sich damals nicht ironischer Bemerkungen enthalten, und das vor einer Menge von Prüfungskandidaten. Wie arg das schmerzt, wenn man nie ein Krimineller gewesen ist, vermag kaum ein Mensch zu fassen."

Einige Ex-Legionäre konnten deshalb in Deutschland nicht mehr Fuß fassen und kehrten in die Fremdenlegion zurück.

Reaktionen der deutschen Politik

Die deutsche Regierung war mit Kritik an der Fremdenlegion immer sehr vorsichtig. Man wollte das ohnehin gespannte Verhältnis zu Frankreich nicht weiter gefährden. Ein stetes Bemühen der deutschen Politik war es, Frankreich zu bewegen, keine minderjährigen Deutschen zu rekrutieren.

Zudem wehrte man sich in den beiden französischen Besatzungszeiten gegen die Rekrutierungsbüros der Legion auf deutschem Boden. Inoffiziell versuchten deutsche Behörden immer wieder, Deserteure aus der Fremdenlegion in die Heimat zurückzuschleusen.

Eine Sonderstellung nehmen die Maßnahmen der NS-Regierung ab 1933 ein: Aus der Erfahrung, dass die Anti-Legionsbewegung nur zu vermehrten Eintritten in die Fremdenlegion führt, hüllten die Nationalsozialisten die Fremdenlegion in einen Mantel des Schweigens.

Über sie durfte weder in Zeitungen, Büchern, Filmen, Theaterstücken noch Liedern berichtet werden. Alle Anti-Legionsverbände und Veteranenverbände wurden aufgelöst. Ab 1934 wurden alle heimkehrenden Fremdenlegionäre zur Umerziehung in Arbeitshäuser interniert.

Sie durften nicht einmal ihrer Familie von ihrer Legionärszeit berichten, noch durften sie Briefkontakt mit aktiven Legionären unterhalten. Bei Verstoß gegen diese Auflagen wurden sie in Konzentrationslagern interniert.

Außerdem verloren alle ab 1933 eingetretenen Legionäre die deutsche Staatsbürgerschaft. Die Maßnahmen zeigten Erfolg: 1927 waren noch etwa 50 Prozent der Legionäre deutschstämmig. 1939 waren es, trotz der politischen Flüchtlinge aus Deutschland, nur noch 20 Prozent.

Seit Ende der 1960er-Jahre spielt das Thema Fremdenlegion in der politischen Diskussion keine Rolle mehr. Durch den wirtschaftlichen Aufschwung in Deutschland meldeten sich immer weniger Deutsche zur Legion.

Zudem ist es laut Strafgesetzbuch verboten, in Deutschland Soldaten für die Fremdenlegion anzuwerben. Heute liegt der Anteil der Deutschen in der Legion zwischen zwei und drei Prozent. Die meisten Rekruten kommen inzwischen aus osteuropäischen Ländern.

Seit den terroristischen Anschlägen in Frankreich im Jahr 2015 wurde die Mannschaftsstärke nach jahrelangem Abbau wieder erweitert. 8800 Mann umfasste sie im Jahr 2018. Etwa 10.000 Bewerber melden sich pro Jahr, nur jeder Zwölfte wird genommen.

(Erstveröffentlichung 2004. Letzte Aktualisierung 20.03.2020)

Quelle: WDR

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