Wunderpillen aus dem Supermarkt
In den USA werden in Supermärkten sogenannte Nahrungsmittel-Ergänzungsstoffe angeboten: "Wunderpillen", die gegen das Altern helfen sollen, deren Wirksamkeit aber nie überprüft wurde.
Auch die Reinheit der Inhaltsstoffe ist nicht garantiert, so dass die Einnahme der Präparate riskant sein kann. Vor allem dann, wenn jeder selbst bestimmen kann, wie viel er wovon täglich nimmt. Von möglichen Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten gar nicht zu sprechen. In Deutschland sind viele der in den USA oder im Internet angebotenen Präparate nicht zugelassen.
Mit Vitaminen gegen die Freien Radikale?
Sogenannte Antioxidantien zählen zu den beliebtesten Anti-Aging-Mitteln. Zu ihnen gehören frei erhältliche Vitaminpräparate. Provitamin A, Vitamin C und E sollen die im Stoffwechsel entstehenden, aggressiven Sauerstoffradikale unschädlich machen und die Körperzellen vor Verschleiß schützen.
Der Chemie-Nobelpreisträger Linus Pauling war einer der ersten, der hohe Dosen Vitamin C am Tag schluckte, um dem Altern vorzubeugen. Linus Pauling wurde 91 Jahre alt. Ob Vitamin C dafür eine der Ursachen war, kann nicht bewiesen werden.
Der menschliche Körper verfügt über ausreichend funktionierende Radikalfänger-Systeme. Vitamine in stark erhöhten Konzentrationen werden vom Körper wieder ausgeschieden und haben keinen Nutzen.
Manche Vitamine können in zu hohen Dosen sogar schädlich sein. Zudem gibt es Hinweise, dass freie Radikale wertvoll für die Zellkommunikation und ein gut funktionierendes Immunsystem sind.
Melatonin
Nicht zu empfehlen ist die Einnahme des Schlafhormons Melatonin. Es wird in der Zirbeldrüse im Gehirn gebildet und steuert vor allem unsere innere Uhr, gilt aber auch als Radikalfänger.
Das Hormon wird im Alter seltener gebildet. Daher spekulieren viele auf positive Effekte, wenn Melatonin in späteren Jahren zusätzlich eingenommen wird. Was aber passiert, wenn Melatonin über längere Zeit in hohen Dosen eingenommen wird, ist fraglich.
Melatonin beeinflusst etliche Organe und Hormonsysteme. Es ist in seiner Allround-Wirkung kaum einzuschätzen. Ärzte raten daher davon ab, sich bei verschreibungspflichtige Medikamente mit dem Wirkstoff Melatonin illegal aus dem Internet zu besorgen. Auch bei Melatonin gibt es bisher keinen Nachweis für eine altersverzögernde Wirkung.
Zweifelhaftes Hormon Melatonin
Kalorien-Reduktion
Einige Wissenschaftler vertreten die Ansicht, dass durch weniger Kalorienzufuhr pro Tag die Stoffwechselrate sinkt. Somit könnten auch weniger zellschädigende Freie Radikale gebildet werden.
Möglicherweise ist die kalorienarme Ernährung wirklich der beste Ansatz, um das Auftreten von typischen Alterskrankheiten hinauszögern. Zumindest bei Mäusen, Ratten und auch Affen haben erste Versuche mit Kalorienreduktion eine längere Lebenszeit gebracht.
Ähnliche Beobachtungen wurden auch schon bei Menschen gemacht. Im von der Außenwelt abgeschotteten Ökosystem "Biosphere II" funktionierte die Nahrungsmittelproduktion nicht mehr richtig. Um das Experiment weiterführen zu können, mussten die "Bionauten" Diät halten.
Nach zwei Jahren, bei zum Schluss etwa 1800 Kalorien pro Tag, waren Cholesterin-Werte, Blutdruck und Blutzuckerspiegel auf niedrigem Niveau angelangt. Andererseits hatte aber auch die Zahl von Immunzellen im Blut abgenommen. Möglicherweise war das Ausmaß der Diät zu radikal.
Zu wenig ist auch nicht gut
Anti-Aging-Therapien und Hormonkuren
Die Hormonspiegel im Körper sinken im Alter – bei Frauen wie auch Männern. Das ist ein normaler Prozess, der nach dem Ende der Fortpflanzungsperiode einsetzt. Wachstums (GH)- und Geschlechtshormone (Östrogen, Testosteron) sollen die körperliche Fitness verbessern. Was in der Jugend gut ist, sollte auch dem alternden Körper helfen.
Bei Frauen werden die Wechseljahre-Beschwerden schon länger mit Östrogen gelindert. Das Prinzip erscheint plausibel und kommt nun auch bei Männern in Mode.
Geschlechtshormone sorgen auf kurze Sicht für neuen Muskelzuwachs und größere Hautelastizität. Aber vorgesehen hat die Natur höhere Hormonspiegel im Alter nicht und ob sie lebensverlängernd wirken, muss auch bezweifelt werden.
Im Gegenteil: Die nicht enden wollende Diskussion um Hormongaben bei Frauen sollte zur Vorsicht mahnen. Ein erhöhtes Brustkrebs- und Thrombose-Risiko wird damit in Verbindung gebracht. Fehlende Langzeitstudien über Hormonersatz-Therapien geben den Diskussionen immer wieder neue Nahrung.
Und das gilt auch im Prinzip für Wachstumshormone wie das HGH. Wenn man davon ausgeht, dass im Alter die Zahl von Gen-Defekten und damit auch die Zahl genetisch instabiler Zellen ansteigt, würden diese Zellen durch Wachstumshormone möglicherweise schneller zu Krebszellen mutieren.
Eingriffe in das Hormonsystem sind wegen der vielfachen Wechselwirkungen zwischen Organen und Geweben mit großen Risiken verbunden.
Auch die Einnahme von Östrogen birgt Risiken
Das Jungbrunnen-Hormon DHEA
Aus DHEA (Dehydroepiandrosteron) werden männliche und weibliche Geschlechtshormone gebildet. Die Konzentration von DHEA nimmt im Alter bis zu 80 Prozent ab.
Anti-Aging Ärzte vermuten, dass durch zusätzliche Gaben von DHEA verschiedene Wachstumsprozesse im Körper gefördert werden. Die Muskelmasse soll ansteigen, die Haut soll sich besser regenerieren. Erwähnt werden auch positive Effekte bei allgemeinen Befindlichkeitsstörungen, Stress, Immunschwäche, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Osteoporose.
Nachgewiesen sind solche positiven DHEA-Effekte aber bisher nicht. Demgegenüber stehen Studien, die zusätzliche DHEA-Einnahme mit unkalkulierbaren Krebsrisiken in Verbindung bringen.
Die Allround-Waffe Wachstumshormon
Wachstumshormone wie das HGH gelten unter Anti-Aging-Medizinern als Allround-Waffe gegen das Altern. Die Beschreibung der Wirkungen von Wachstums-Hormonen reichen von Fettabbau, Hautregeneration, besserer Zuckerverwertung (Diabetes), Aufbau von Muskelmasse, Verbesserung des Knochenstoff-Wechsels bis hin zu anti-depressiven Eigenschaften.
Die möglichen Vorteile liegen auf der Hand. Aber: Auch für Wachstumshormone könnte im Alter das Gleiche wie für DHEA gelten. Niemand weiß, wie hohe Dosierungen im Alter über einen längeren Zeitraum wirken.
Fit und gesund altern
Wenn es ein Rezept für Langlebigkeit geben sollte, dann kommen Altersforscher der Johns Hopkins University in Baltimore zu folgenden Punkten:
Unter 100-Jährigen findet man kaum Menschen, die ein extremes Leben geführt haben. Wenig Kettenraucher und kaum Übergewichtige, dafür aber viele körperlich und geistig aktive Menschen.
(Erstveröffentlichung 2011. Letzte Aktualisierung 14.11.2019)
Quelle: SWR