Was passiert bei Stress im Körper?

Planet Wissen 17.05.2024 02:36 Min. UT Verfügbar bis 09.11.2028 WDR Von Daniel Münter

Krankheiten

Stress

Unsere Welt scheint sich schneller zu drehen als früher. Das Leben wird hektischer, oft läuft uns die Zeit davon – im Beruf wie im Privaten. Klare Diagnose: Wir stehen unter Stress. Aber es gibt auch positiven Stress, der uns beflügelt.

Von Kerstin Eva Zeter

Was ist Stress eigentlich?

Der Begriff "Stress" kommt ursprünglich aus der Physik, genauer aus der Werkstoffkunde. Dort bezeichnet er den Zug oder Druck auf ein Material. Mittlerweile hat sich die Bezeichnung aber vor allem für ein psychologisches Phänomen eingebürgert.

Wir bewerten über unsere Sinnesorgane unsere Umwelt. Wird sie als bedrohlich wahrgenommen, führt diese Wahrnehmung zu einer physiologischen Reaktion des Körpers. Er wird in Alarmbereitschaft versetzt, um einer möglichen Bedrohung angemessen begegnen zu können.

Stress ist deswegen wichtig für unser Überleben. Er versetzt unseren Körper in einen Zustand erhöhter Leistungsfähigkeit und ermöglicht ihm Flucht- oder auch Angriffsreaktionen. Damit kann er auf besondere Situationen schnell und angemessen reagieren.

Stress mobilisiert Energiereserven und kurbelt den Stoffwechsel an. Kurzfristig kann Stress also durchaus zu positiven Effekte führen, zum Beispiel beim Sport oder in Prüfungssituationen.

Zwei junge Frauen sitzen an einem Tisch und schreiben eine Prüfung.

In einer Prüfung kann Stress uns zu Höchstleistungen bringen

Nimmt der Stress aber überhand und bleibt langfristig bestehen, kann er auch schädlich wirken. Stress kann Psyche und Körper überfordern, sogar krank machen.

Die Faktoren, die zu Stress führen, werden Stressoren genannt. Alles, was das Gleichgewicht des Organismus massiv umzustoßen droht, ist ein Stressor. Sie können physiologischer oder psychologischer Natur sein. Kälte, Hitze, Lärm, Schlaflosigkeit oder Hunger sind physiologische Stressoren für den Körper.

Psychologische Stressoren sind vor allem Phänomene der Überforderung – wenn man glaubt, den Dingen des Alltags nicht mehr gewachsen zu sein, seine Aufgaben nicht schaffen zu können.

Eine Frau mit einem Kleinkind auf dem Arm hetzt mit Aktentasche und Einkaufstüte durch die Straße.

Stress kann Psyche und Körper überfordern

Wie entsteht Stress im Körper?

Stress ist ein Wahrnehmungsphänomen. Über die Sinnesorgane werden unser Umfeld und unsere Umwelt ständig bewertet – von unserem Gehirn, dem Stress wahrnehmenden und regulierenden Organ. Über das Gehirn beeinflusst die Stresswahrnehmung eine ganze Reihe von Hormondrüsen wie zum Beispiel die Nebennieren.

Dort werden typische Stresshormone wie Adrenalin freigesetzt. In Stresssituationen wird es vermehrt ausgeschüttet, es steigert die Atmung und Herzschlagfrequenz und lässt den Blutdruck steigen.

Stressoren haben so auch Einfluss auf das vegetative Nervensystem, sie steuern also unwillkürliche Körperreaktionen. Davon sind zum Beispiel die Arbeit des Magen-Darm-Trakts oder auch des Immunsystems betroffen.

Ein Mann telefoniert und hält sich dabei die Hand an den Kopf.

Ständig unter Strom

Positiver und negativer Stress

Für positiven und negativen Stress gibt es zwei Fachtermini aus dem Griechischen: "Eustress" und "Distress". Ob ein Mensch etwas als Eustress oder Distress empfindet, ist sehr individuell und hängt von der Psyche des einzelnen ab.

Ein Beispiel: Für viele Menschen ist die Situation, im Fernsehstudio zu stehen und eine Kamera auf sich gerichtet zu wissen, purer Stress. Jeder kennt die Angst, sich zu blamieren. Die meisten Moderatoren aber gehen mit dieser Form von Stress ganz locker um. Sie bewerten die Situation nicht als bedrohlich, sondern eher als anregend.

Unser Umgang mit Distress ist das eigentliche Problem. Dauert er zu lange an, schadet er dem Körper. Dann kann Distress ihn auch schädigen, weil er alle Energiereserven ausschöpft. Oft verschärfen wir die Situation noch, indem wir den Körper zusätzlich durch Gifte wie Alkohol, Drogen oder Nikotin schwächen. Sie sind als Entspannungsfaktoren völlig ungeeignet.

Verleugnung oder Verdrängung lösen Probleme nicht. Gefahr für Leib und Seele entsteht, wenn zwischen Stressphasen nicht mehr genügend Entspannungs- und Erholungsphasen für den Körper vorhanden sind.

Mehrere Paparazzi mit Kameras.

Eine Kamera – positiver oder negativer Stress?

Distress und die Folgen

Dauerstress hat Folgen für die Gesundheit, denn für unseren Körper heißt das Daueralarm. Die ersten Anzeichen sind unspezifische Befindlichkeitsstörungen wie zum Beispiel Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Magenschmerzen, bis hin zu Schwindel, Angst, Depressionen oder Rückenschmerzen. Das Immunsystem leidet und der Betroffene wird anfälliger für Infektionen.

All das führt zu weiterer Überforderung und Erschöpfung. Durch erhöhten Bluthochdruck steigt das Risiko für einen Schlaganfall oder Herzinfarkt und man verliert seine Konzentrationsfähigkeit.

Eine junge Frau legt die Finger an die Schläfen.

Kopfschmerzen können ein Zeichen für Stress sein

Traumata lösen Flashbacks aus

Die härteste Form von Stress, die im Körper ausgelöst werden kann, ist das sogenannte Trauma. Zu einem Trauma kann es kommen, wenn erlebter Extremstress psychisch nicht verarbeitet werden kann. Solche psychisch stark überfordernde Erlebnisse können sofort dauerhafte Spuren im Körper hinterlassen. Die Fachleute sprechen dann von posttraumatischen Belastungsstörungen.

Schlüsselreize aus extrem belastenden Situationen führen dann sofort zu erneuten schweren Stresserlebnissen und entsprechenden Symptomen. Bei Kriegsveteranen können zum Beispiel bereits Geräusche oder Gerüche ehemals Erlebtes wieder als "Flashbacks" ins Bewusstsein zurückrufen und zu schweren körperlichen Stressreaktionen bis hin zur Handlungsunfähigkeit führen.

Auch nach schweren Unfallerlebnissen oder Gewalterfahrungen werden bei Traumata-Patienten immer wieder solche Flashbacks beobachtet.

Tipps gegen zu viel Stress

Stressprophylaxe hat sehr viel mit Selbstdisziplin zu tun. Besonders wichtig ist es, dem wechselnden Rhythmus zwischen Anspannung und Entspannung Beachtung zu schenken und immer wieder in seinen Körper hineinzuhorchen. Menschliche Grundbedürfnisse – wie zum Beispiel ausreichender Schlaf, gesunde Ernährung und ausreichende Bewegung – sollten stets im Auge behalten werden.

Innehalten, entspannen, in sich hineinhören – das kann der eine beim Sport, ein anderer am besten bei der Meditation. Wichtig ist eine gewisse Ausgewogenheit in der Lebensführung und Achtsamkeit. Das heißt darauf zu hören, was der eigene Organismus verlangt, sonst droht die Gefahr, früher oder später krank zu werden.

Quelle: SWR | Stand: 07.01.2021, 11:45 Uhr

Darstellung: