Zwei Gabeln

Tischetikette

Die Geschichte der Gabel

Zum Besteck gehören heute Messer, Gabel und Löffel. Doch während Messer und Löffel fast so alt sind wie die Menschheit selbst, wurde die Gabel deutlich später erfunden.

Von Marika Liebsch

Am Anfang waren Messer, Löffel und Finger

Bereits in der Steinzeit zerlegten die Menschen ihre Jagdbeute mit Faustkeilen. Im Laufe der Jahrtausende wurde dieses Instrument immer mehr verfeinert und entwickelte sich zum Messer. Der Löffel als Schöpfgefäß hatte Vorbilder in der Natur, zum Beispiel Muscheln, Blätter oder Steine.

Aber eine Gabel kannten die Menschen lange nicht. Schließlich hatten sie doch die Finger.

Die ersten Gabeln waren vermutlich Astgabeln oder zweizinkige Bratspieße, mit denen die Jagdbeute über dem Feuer gebraten wurde. Doch als Essbesteck wurden Gabeln erst viel später verwendet.

Vereinzelt sind erste kleine zwei- oder dreizinkige Essgäbelchen aus der ägyptischen, griechischen und römischen Antike bekannt, also etwa zwischen 1200 vor Christus bis etwa 500 nach Christus. Doch der Gebrauch der Gabel war nach heutigem Wissen nicht weit verbreitet. Das arme Volk aß ohnehin meist Brei oder Brot.

Wandbild: Essen in der Antike.

In der Antike wurde überwiegend mit Fingern gegessen

Die Eliten der Antike, besonders die der römischen Kaiserzeit, lagen zu Tische, bequem auf einen Arm gestützt. Somit war nur eine Hand zum Essen frei, und die Leckerbissen wurden kurzerhand mit den Fingern in den Mund befördert. Dafür wurde das Essen von den Sklaven für ihre Dienstherren in mundgerechte Stücke geschnitten.

Ein Werkzeug des Teufels

Im Mittelalter ging es für die meisten Menschen ums reine Überleben. Gegessen wurde mit den Händen.

Selbst im wohlhabenden Hoch- und Spätmittelalter, als zunehmend Essgelage kultiviert wurden, gab es keine Kultur der Esswerkzeuge. Und ganz besonders die Gabel galt als Teufels- und Hexenwerkzeug.

Wer die Gabel statt der Finger benutze, verhöhne Gott – das soll bereits im frühen Mittelalter die bekannte Nonne und Naturheilkundlerin Hildegard von Bingen gesagt haben.

Hildegard von Bingen (1098-1179) in einer Bildpostkarte

Hildegard von Bingen war kein Fan der Gabel

Es dauerte bis zum 16. Jahrhundert, bis kleine Gäbelchen in Mode kamen, zunächst als Konfekt- und Obstgäbelchen. Benutzt wurden sie hauptsächlich von französischen und italienischen Damen. Als Standessymbol waren die Gäbelchen kleine Kunstwerke aus Elfenbein, Gold und Silber, oft mit Edelsteinen und Perlmutt verziert.

Doch viele Menschen wie Martin Luther und Erasmus von Rotterdam verhöhnten die Gabeln als weibisches Geziere und sinnloses Getue. Erst Anfang des 18. Jahrhunderts setzte sich die Gabel zunächst in Adelskreisen zunehmend durch und wurde ein Symbol des Vornehmen und des Luxus.

Vom Massenprodukt zur Spezialgabel

Danach musste die Masse des Volkes noch etwa drei Jahrhunderte auf die Gabel warten. Erst im 19. Jahrhundert, mit dem Beginn der industriellen Revolution, gab es günstigere Materialien als Silber, Gold und Elfenbein. Durch die Anfänge der Massenproduktion wurde die Gabel dann für jeden erschwinglich.

Heute gibt es ungezählte verschiedene Gabeln für jeden Anlass: Kuchengabeln, Plastikgabeln für Pommes Frites, Schneckengabeln, Spaghettigabeln, Pellkartoffelgabeln und Gabeln für Linkshänder sind da nur einige Beispiele.

(Erstveröffentlichung 2004. Letzte Aktualisierung 22.07.2019)

Quelle: WDR

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