Die hohe Kunst des Kochens ist nicht nur ein Symbol für Luxus und Dekadenz. Sie ist eine wirkliche Kunst, ein Prozess der Veredelung von Nahrung, die den Geschmackssinn des Menschen verwöhnt.
Die Gourmetküche – wenn also Feinschmecker für Feinschmecker kochen – beruht auf sehr viel Kreativität und Erfahrung. Neugierde, ästhetisches Bewusstsein, sinnliches Vergnügen und die Freude am Genuss sind die Basis für jede Gourmetküche.
Kochen ist ein Vorgang, der den Menschen von anderen Lebewesen unterscheidet. Er nutzt die Natur und macht aus ihr mit Fantasie und handwerklichem Können ein Stück Kultur. Kochen ist also eine kulturelle Leistung.
Nichts anderes steckt in dem Wort "kochen", das einerseits die Zubereitung von Speisen und andererseits den Prozess des Siedens beschreibt: Die Früchte der Natur werden nicht roh im Naturzustand verzehrt, sondern vorher bearbeitet und gegart – eben gekocht.
Kochen ist Kultur
Der Mensch versuchte schon früh, die Abläufe der Nahrungsgewinnung zu optimieren. Die Land- und Viehwirtschaft wurde im Laufe der Zeit immer raffinierter. Heute landet in manchen Teilen der Welt gentechnisch verändertes Saatgut auf den Feldern, um die Eigenschaften der Pflanzen zu verändern und sie widerstandsfähiger zu machen. Massentierhaltung und Monokulturen sind Folgen dieser Entwicklung.
Auch was wir essen, hat sich geändert. Wir müssen uns nicht länger auf die regionalen Produkte beschränken. Wir importieren Nahrungsmittel und Gewürze aus aller Welt und können so das ganze Jahr über Äpfel, Bananen und Orangen einkaufen. Was die Natur nicht ausreichend zur Verfügung stellt, züchtet der Mensch auf Plantagen.
Aroma- und Konservierungsstoffe tun ihr Übriges und sorgen dafür, dass viele Menschen die ursprünglichen Eigenschaften und den Geschmack von Lebensmitteln nicht mehr kennen.
o kommt der Edelgastronomie und den Gourmetköchen neben dem künstlerischen Aspekt noch eine weitere Aufgabe zu: Sie berufen sich auf die althergebrachten Zutaten und die naturnahen Zubereitungen der Speisen. Während die Nahrungsmittelindustrie ihre Produkte immer mehr verändert, will die Gourmetküche den Geschmack möglichst unverfälscht erhalten.
Die großen Impulse für die heutige Stargastronomie kommen aus Frankreich, dem Land der "Haute Cuisine" (hohen Küche), das wie kein anderes die Köche und Küchen der westlichen Welt beeinflusst hat.
In den 1970ern entwickelte sich die "Nouvelle Cuisine" (neue Küche), die sich über ganz Europa und darüber hinaus ausbreitete. Mit ihren zehn Geboten formulierte sie die Regeln, nach der die neuen Köche die Speisen zubereiten sollten.
"Nouvelle Cuisine": Fisch mit Gemüse kunstvoll arrangiert
Doch die Erneuerungsbewegung stieß auch bald an ihre Grenzen. Die neue Kreativität begann sich zu verselbstständigen, der Werbefeldzug der Food-Fotografie tat ein Übriges: Menüs verkamen mancherorts zur dekorativen Effekthascherei. Sie wurden miniaturisiert und glichen eher Farbtupfern als einem Gericht, das Essen wurde zum "Teller-Gemälde".
Kunstvoll arrangierte Häppchen
Mittlerweile hat sich diese überkandidelte Form des Kochens normalisiert. "Back to the basics", zurück zu den bodenständigen Elementen und regionalen Eigenheiten der Gourmetküche, heißt einer der neuen Trends.
(Erstveröffentlichung 2003. Letzte Aktualisierung 10.12.2020)
Quelle: SWR